Nachdem Google die Privacy Sandbox 2020 vorgestellt hatte, wurde das Ende der Third-Party-Cookies in Chrome immer weiter nach hinten verschoben. Zuletzt sollten Drittanbieter-Cookies ab 2025 aus dem Chrome-Browser verbannt werden. Ein Grund für die ständigen Verschiebungen sei laut Google die stetige Herausforderung, die sich aus der Abstimmung des divergenten Feedbacks ergibt. So würde ständig Feedback aus der Branche eingehen, von den Regulierungsbehörden oder vonseiten der Entwickler. Die ersten Tests der Privacy Sandbox in der Praxis führten im Markt ebenfalls zur Ernüchterung. Nun zieht Google die Reißleine und hat das Cookie-Aus abgesagt.
In einem Blogpost verkündete Google die Kehrtwende. Der zuständige Manager Anthony Chavez erklärte dort, dass die komplette Umstellung bei allen Beteiligten noch viel Arbeit erfordern würde. Deshalb würde man jetzt auf einen aktualisierten Ansatz setzen und Drittanbieter-Cookies in Chrome weiter am Leben lassen. Konkret wolle man Nutzer:innen bessere Wahlmöglichkeiten geben, eine informierte Entscheidung. Aktuell wird dieses Vorgehen mit den Regulierungsbehörden besprochen. Es bleibt also abzuwarten, wie sich der neue Ansatz konkret gestalten wird. Die Privacy Sandbox APIs indessen sollen auch künftig zur Verfügung stehen und Google will weiterhin in sie investieren.
Aufatmen bei den Marktteilnehmern?
Im Markt selbst herrschte in den vergangenen Jahren eine große Unsicherheit bezüglich der Cookie-Deadline bei Google. Die Kritik am Vorgehen des Internet-Giganten wurde immer lauter.
“Ich halte es für einen strategischen Fehler, dass Google Cookies von Drittanbietern abschaltet. Das sage ich unserer Branche, Google und sogar der Wall Street seit Jahren. Jetzt hat offenbar auch Google endlich erkannt: Die Privacy Sandbox ist kein gutes Produkt und schützt weder die Privatsphäre der Verbraucher noch die Möglichkeiten der Werbetreibenden ausreichend. Und wahrscheinlich schadet sie am meisten der Monetarisierung der Publisher”, kommentiert Jeff Green, CEO und Gründer des Adtech-Unternehmens The Trade Desk, die Kehrtwende. “Google scheint endlich einzusehen, dass die beste Option für das Unternehmen darin besteht, den Verbrauchern die Wahl zu lassen. Die entscheidende Frage aber bleibt: Wird Google den Verbrauchern wirklich die Wahl lassen? Oder wird das Unternehmen die Entscheidung für die Verbraucher treffen und dann den Zugang zu einer Änderung vergraben?”
Gleichzeitig ist klar, dass es künftig in der Branche nicht zum Stillstand kommen darf, so Ben Cicchetti, SVP, Marketing & Communications beim britischen Datenspezialisten Infosum: "Die Ankündigung von Google sollte nicht als Signal missverstanden werden, den Status Quo beizubehalten. Wir arbeiten bereits in einem weitgehend Cookie-freien Ökosystem und jede Medienstrategie muss die unterschiedlichen Cookieless-Umgebungen berücksichtigen. Die Erwartungen der Verbraucher:innen und die rechtlichen Rahmenbedingungen werden sich schnell weiterentwickeln. Vorausschauende Unternehmen müssen datenschutzsichere Wege der Zusammenarbeit finden, um die Lücke zwischen den Erwartungen der Verbraucher:innen an Datenschutz sowie effektiver und relevanter Werbung zu überbrücken."
Ähnlich sieht es auch Swen Büttner, Managing Director Germany, MGID: "Ganz unabhängig davon sind die Handlungsempfehlungen für Publisher aber sehr eindeutig. Sie müssen den Fokus weiterhin darauf legen, bei der Identifizierung von Nutzern zunehmend auf First-Party-Daten zu setzen, statt sich ausschließlich auf Third-Party-Daten und DSPs zu verlassen. Das größte Risiko besteht nach wie vor darin, sich nach dieser vielfach erwarteten Entscheidung einfach zurückzulehnen."
Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) indes sieht mehr Unsicherheit auf den Markt zukommen und erklärt : "Googles Entscheidung, auch wenn diese sehr spät erfolgte, gibt Klarheit zum Verbleib der Cookies und sorgt gleichzeitig für mehr Unsicherheit in der Digitalen Wirtschaft. Diese Entscheidung beruht am Ende aber auf einem intensiven Dialog mit dem Ökosystem, den wir als Verband immer gefordert und gefördert haben. Inwieweit der neu eingeschlagene Weg zu mehr Akzeptanz und Klarheit führt, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Verloren gegangenes Vertrauen ist deshalb durch ein transparenteres Miteinander zurückzugewinnen."
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