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MEDIA - Trends 2022

Trends im digitalen Media-Einkauf 2022

Karsten Zunke, 6. Januar 2022
Bild: Fortytwo - Unsplash

In einem Punkt sind sich alle einig: Der Wegfall der Third-Party-Cookies wird für Mediaeinkäufer eines der bestimmenden Themen im Jahr 2022 sein. Aber daneben dürften viele weitere spannende Entwicklungen Fahrt aufnehmen. Welche Herausforderungen kommen 2022 auf digitale Mediaeinkäufer zu? Und welche technischen Möglichkeiten rücken in der aufziehenden Post Cookie Ära in den Blickpunkt? ADZINE hat auf der Buy-Side nachgefragt.

Media-Einkauf wird effizienter, IO verliert

Bild: Flap.One Robert Herrmann, Flap.One

Robert Herrmann, Commercial Director FLAP.ONE geht davon aus, dass die Entwicklung zu mehr Automatisierung und damit Programmatic Advertising 2022 weiter Fahrt aufnehmen wird. Außerdem erwartet er, dass zunehmend Sonderwerbeformen wie Sitebar, Fireplace, Wallpaper und Understitials über den programmatischen Weg gebucht werden können. „Das macht den Media-Einkauf im gesamten Supply Path wesentlich effizienter. Der Verlierer ist dann IO.“ Die naheliegendste Alternative für Third-Party-Cookies sieht er im kontextuellen Targeting. „Hier wird es 2022 sicher viel Bewegung geben. Denn wenn Werbetreibende wissen, welche Inhalte ihre Kund:innen konsumieren, können die Effekte der verstärkten Werbewirkung auch programmatisch erzielt werden.“ Zudem erwartet der Experte einen enormen Push beim Thema Standardisierung. „Dieser ist zumindest im Bereich der großformatigen Werbeformen dringend notwendig, um hier einen funktionierenden programmatischen Einkauf zu gewährleisten.“ Das hat aus Sicht von Herrmann Konsequenzen für die Werbetreibenden. „Advertiser müssen ihre Dienstleister dahingehend überprüfen, ob sie bei ihnen Service-Leistungen einkaufen, die bereits durch ein programmatisches Sales House angeboten werden, was somit diese Dienstleister überflüssig macht.“ Dies gelte insbesondere für die großformatigen Werbeformen wie Fireplace oder Wallpaper.

Mehr Mediengattungen programmatisch und mehr Direktgeschäft

Bild: Criteo Julia Wittich-Sauer, Criteo

Konsumenten legen immer mehr Wert auf Transparenz und Kontrolle, wenn es um ihre Daten geht. „Das prägt auch den Mediaeinkauf“, sagt Julia Wittich-Sauer, Director Business Development CEE, Criteo. 2022 werde man daher sehen, wie Kunden und ihre Bedürfnisse immer mehr in den Fokus rücken. „In diesem Zusammenhang wird beispielsweise die Consent-Abfrage auch innerhalb von Shops und Apps zum De-facto-Standard werden. Die fortschreitende Kundenzentrierung wird zudem ein Feintuning von First-Party- und Zero-Party-Data-Ansätzen mit sich bringen.“ Darüber hinaus geht Wittich-Sauer davon aus, dass mehr Mediengattungen auf einfacheren Wegen programmatisch verfügbar sein werden. „Gleichzeitig erwarten wir eine weitere Konsolidierung im programmatischen Geschäft, die zu mehr 1-zu-1-Beziehungen, potenziell weniger Anbietern und damit insgesamt zu mehr Direktgeschäft führen wird.“

Die Entwicklungen in den Bereichen First-Party-Daten, Identity-Management und Measurement bedeuten für den digitalen Mediaeinkauf 2022 großen Aufwand, werden aus Sicht der Expertin aber auch immense Chancen bereithalten. „Advertiser werden durch First-Party-Daten mehr Wissen über ihre Kunden generieren und dieses gewinnbringend beim Mediaeinkauf nutzen können. Dadurch werden sie unabhängiger von großen Marktteilnehmern. Zusätzliche smarte Contextual-Angebote werden die neuen adressierbaren Lösungen ergänzen, in Teilen stützen und in Summe die Reichweite des digitalen Marketings erhöhen.“

Im Hinblick auf das Thema Identity-Management erwartet die Expertin, dass nun auch andere Akteure des Ökosystems nachziehen werden – im eigenen Interesse. „Hier wird auch die Brücke zu verbesserten Measurement-Methoden geschlagen, denn die Umstellung auf zukunftssichere Mess- und Attributionssysteme wird eng an First-Party-Daten-Strategien gekoppelt sein. Dies gilt es entsprechend vorzubereiten und umzusetzen.“

Die größten Disruptionen im Bereich Privacy

Bild: Remerge Pan Katsukis, Remerge

Nach Einschätzung von Pan Katsukis, CEO von Remerge, wird im Jahr 2022 das App Marketing weiter an Fahrt aufnehmen, „da nicht nur die Nutzung weiter wächst, sondern mehr und mehr Nutzer Einkäufe und Bestellungen über Apps durchführen.“ Hier erwartet Katsukis auch mehr Ansätze und Lösungen für ein kontextuelles Targeting. „Die größten Entwicklungen wird es im Bereich Privacy geben, da es hier weiterhin die größten Disruptionen gibt: Wie wird gemessen – SKAdNetwork, Incrementality und Media Mix Modelling – und wie wird getargetet – ohne ID, Contextual? Werbetreibende müssen sich Katsukis zufolge mit der Privacy Entwicklung auseinandersetzen und experimentieren. „Zum Beispiel wird aktuell ein großer Teil des iOS Inventars nicht angefasst, da es technisch nicht so einfach kompatibel ist mit dem Targeting und der Messbarkeit. Dabei sind es wertvolle Nutzer, die aktuell 50 Prozent günstiger zu erreichen sind, die Nachfrage zurzeit ist nur nicht da. Das ist ein großes Potential für Werbetreibende in 2022.“

Fragmentierter Identity-Markt wird für Mediaeinkäufer zugänglicher

Bild: Adform Alexander Weißenfels, Adform

Das Ende der Third Party Cookies ist auch aus Sicht von Alexander Weißenfels, Managing Director Deutschland bei Adform weiterhin das bestimmende Thema. „Gerade beim Thema Identity steht uns ein spannendes Jahr ins Haus. Ein Jahr, in dem bestehende ID-Lösungen sich professionalisieren müssen“, so der Experte. „Neue Lösungen werden dafür sorgen, dass der fragmentierte Identity-Markt für Mediaeinkäufer zugänglicher wird und alle gängigen First- und Third-Party-IDs über Geräte- und Browsergrenzen hinweg aus einer Konsole heraus aktiviert werden können. Auch das Datenangebot selbst wird 2022 in Ergänzung zum Thema Identity weiterwachsen.“

Weißenfels erwartet, dass weitere neue Player in den Datenmarkt eintreten, vor allem aus dem Bereich der Publisher-First-Party-Data. Für Werbetreibende haben diese Entwicklungen Konsequenzen. Schon heute machen cookiefreie Browser und Geräte in vielen Märkten fast 50 Prozent des Traffics aus. Ein Leben ohne Third-Party-Cookies ist nach Einschätzung von Weißenfels problemlos möglich. Und das Werben auch! „Die Mehrheit der Publisher – 83 % in Deutschland – gibt First-Party-IDs bereits im Bidstream weiter. Nun ist es an den Werbetreibenden zu handeln und nicht mehr auf Google zu warten, dass endlich eine Lösung präsentiert wird. Spoiler Alert: Diese wird vermutlich ohnehin nur in Chrome funktionieren. Werbetreibende müssen für das Thema jetzt die Agenda setzen, um die zukünftige Profitabilität ihrer Kampagnen zu sichern. Denn schon heute leiden Reichweiten und Genauigkeit der Adressierbarkeit enorm.“

IDs im Aufwind – erst im Web, dann im CTV

Bild: ID5 Joanna Burton, ID5

Bei ID5 erwartet man, dass in Anbetracht des nahenden Cookie-Endes viele Unternehmen 2022 ihren Kurs fortsetzen und geeignete Maßnahmen ergreifen. „Vorausdenkende Publisher, Marken bis hin zu Ad-Tech-Plattformen werden das kommende Jahr als willkommene Gelegenheit betrachten, weitere Tests durchzuführen, Technologien einzuführen und sicherzustellen, dass sie auf die großen Infrastrukturänderungen am Horizont vorbereitet sind“, sagt Joanna Burton, Chief Strategy Officer, ID5. Im Web rechnet die Expertin damit, dass bis Ende 2022 mehr als 50 % der Anzeigenanfragen in den USA und in Europa durch alternative IDs ergänzt werden. „Wir glauben, dass 2023 das Jahr des Identitätswechsels im Connected TV sein wird, da die Sender versuchen, ihre Daten zu schützen, und der Bedarf der Branche an gemeinsamen Identifikatoren steigt. Für Mobilgeräte erwartet Burton, dass die Probleme im Zusammenhang mit Apples App Tracking Transparency dazu führen werden, dass sie bröckelt, „was die Verwendung alternativer IDs in mobilen Anwendungen und mehr Autonomie für App-Entwickler ermöglicht.“

CTV und Audio werden größere Rolle im Programmatic spielen

Bild: MiQ Nils Kopnarski, MiQ

„Die Komplexität nimmt zu. Die Entwicklungen im Bereich Identity werden auch Auswirkungen auf das Kaufverhalten, beziehungsweise die Requirements im Mediaeinkauf haben“, ist Nils Kopnarski, Head of Trading & Operations DACH bei MiQ überzeugt. Die Notwendigkeit zu testen, bezieht sich dem Experten zufolge nicht nur auf die Nutzbarmachung von 1st Party Daten, sondern auch deren Aktivierung, sprich die Übersetzung der Insights in eine Mediastrategie.

Das Thema Identity wird auch nach seiner Einschätzung die Branche im Jahr 2022 weiterhin begleiten und kontextbasiertes Targeting wieder mehr an Wichtigkeit gewinnen. „Darüber hinaus gibt es Kanäle im Programmtic Advertising, die man in Zukunft mit in sein Portfolio mit aufnehmen sollte. Besonders CTV und Audio werden nächstes Jahr eine deutlich größere Rolle einnehmen“, sagt Kopnarski. So ist die Zahl der Podcast Zuhörer in den letzten Jahren enorm angestiegen, „diese sollte man nicht ignorieren.“ Insgesamt stehen nach Einschätzung von Kopnarski Werbetreibende im Jahr 2022 vor der Herausforderung viel zu testen und auszuprobieren. „Vor allem die Einbindung neuer Kanäle in die eigene Mediastrategie kann ganz neue Möglichkeiten mit sich bringen.“

CTV wird 2022 zum Mainstream

Bild: Beeswax Cadi Jones, Beeswax

Cadi Jones, Commercial Director EMEA Beeswax erwartet ein weiteres Wachstum des Connected-TV-Einkaufs in Europa, speziell im Bereich von Retail Media. Auch die Identität werde 2022 im Fokus stehen. „Das Verbraucherverhalten hat sich geändert. Die Pandemie hat uns dazu veranlasst, immer mehr Videoinhalte zu konsumieren, und die Akzeptanz des Konsums digital bereitgestellter Inhalte auf einem Fernseher beschleunigt – was Marken eine aufregende Gelegenheit gibt, von der Ausrichtung in einem traditionell ausgestrahlten Medium zu profitieren. Im Jahr 2021 sahen wir, wie Europa dies annahm, und wir sagen voraus, dass CTV im Jahr 2022 in Europa vollständig zum Mainstream werden wird.“

Nach Einschätzung der Expertin ist Connected TV für alle, die an programmatischer Werbung beteiligt sind, am wichtigsten. Während digitales Video zu hohen CPMs für Publisher und zu effektiven Ergebnissen für Marken geführt hat, biete CTV etwas ganz Besonderes: die Möglichkeit auf einem Gerät gezielt zu werben, das vorher nur für das klassische Fernsehen verfügbar war. „In den USA ist das vernetzte Fernsehen sehr beliebt, doch in vielen europäischen Ländern steht es vor großen Herausforderungen und muss erst noch Lösungen in großem Maßstab anbieten“, sagt Jones. Dies ändere sich jedoch rasch, wobei laut Jones sowohl Netzwerk-Agenturgruppen als auch unabhängige Technologiepartner zeigen, was möglich ist. „Wir haben einen steilen Anstieg des digitalen Fernsehkonsums erlebt, weil die Menschen während der Pandemie zu Hause geblieben sind, und dieses Thema wird weiter wachsen.“

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