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ADTECH - Adtech-Trends 2022

Adtech-Ausblick für Publisher

Karsten Zunke, 20. Dezember 2021
Bild: Tomasz Frankowski – Unsplash

Die digitale Vermarktung von Inhalten ist im Wandel. Das Thema Kontext wird im Display-Bereich nicht nur aufgrund des Wegfalls des Third-Party-Cookies immer wichtiger: Mehr denn je sind kreative Inhalte und Formate gefragt, um sich aus der Masse abzuheben. Der Einsatz neuer Technologien und Lösungen eröffnet Publishern dafür neue Möglichkeiten – und zwar in allen Bereichen von Display über Video bis Mobile. ADZINE hat sich in der Adtech-Szene umgehört, welche Entwicklungen im digitalen Mediaverkauf für 2022 zu erwarten sind.

Data Insights werden auch für den Tech-Stack relevanter

Bild: Yieldlab Dirk von Borstel, Yieldlab

„Die Vermarktung wird auch in 2022 anteilsmäßig noch einmal deutlich programmatischer werden“, ist Dirk von Borstel, CEO von Yieldlab, überzeugt. „Technologisch gesehen werden vor allem Plattformen zur Analyse und Operationalisierung eigener Data Insights – First-Party-Daten – zum Beispiel DMPs und CDPs, eine noch relevantere Rolle im Tech-Stack spielen. Server-to-Server Tech-Konzepte und -Systematiken werden darüber hinaus das programmatische Geschäft zunehmend aus dem Würgegriff der Browseranbieter befreien und zudem für mehr Geschwindigkeit in der komplexen programmatischen Strecke sorgen.”

Parallel erwartet von Borstel, dass über das gesamte programmatische Ökosystem hinweg das Deal-Management weiter optimiert und dafür Silos weiter abgebaut werden – Stichwort: Supply-Path-Optimization. „Dieses Aufbrechen klassischer Programmatic-Silos und das engere Zusammenführen von Angebots- und Nachfrageseite innerhalb einer Sell-Side-Plattform werden den Shift zu Programmatic weiter verstärken.“

Aufseiten der Werbetreibenden und Agenturen prognostiziert von Borstel einen anhaltenden Nachfragetrend zu Omnichannel-Marktplätzen mit einem Single-Point-of-Access. „Publisher und Vermarkter werden diese Entwicklung auf der Sell-Side nachvollziehen und ihre Inventare vor allem dort platzieren, wo ihre gegebenenfalls gattungsspezifische Media yieldoptimiert in medienübergreifende Kampagnenkonzepten eingebunden werden kann.“

Quantensprung für Content und Formate erwartet

Bild: Yahoo Maximilian Weigel, Yahoo

Maximilian Weigel, Managing Director Germany bei Yahoo, erwartet für 2022 einen Quantensprung bei der Entwicklung kreativer Inhalte und Formate. „Angetrieben durch die weitere Verbreitung von 5G werden die Kreation, die Umsetzung sowie das Targeting von Werbemaßnahmen eine rasante Beschleunigung erleben. Immersive Erlebnisse wie AR- und VR-Formate werden bereits zunehmend von den Nutzern erwartet und entwickeln sich damit unweigerlich zum neuen Mainstream.“

Außerdem geht er davon aus, dass mit dem endgültigen Wegfall des Third-Party-Cookies ein Hauptaugenmerk ohne Zweifel auf der Generierung von First-Party-Daten liegen. „Hierbei entsteht sowohl die Chance als auch die Herausforderung, einen erfolgreichen Werteaustausch zwischen Nutzern, Publishern und Marken zu schaffen. Dieser wird im nächsten Jahr die Grundlage bilden, um eine vertrauenswürdige Bindung zur Marke aufzubauen und Konsumenten dazu zu animieren, der Nutzung ihrer Daten zuzustimmen.“ Sinnvolle und zielgruppengerechte Mehrwerte, wie eine individualisierte Ansprache sowie kreativer und hochwertiger Content, werden demnach zum entscheidenden Faktor. „Daneben braucht die Branche aber ebenso Lösungen, die ein Targeting abseits von adressierbarem Inventar ermöglichen: Dabei wird ein klarer Fokus auf kontextbasierten Methoden liegen“, sagt Weigel.

Mehr Transparenz und SPO

Bild: Pubstack Loïc Pagny, Pubstack

Gleich drei verschiedene Entwicklungen prognostiziert Loïc Pagny, Senior Technical Account Manager bei Pubstack, für das Jahr 2022: Erstens eine nutzerbasierte Fokusanalyse, zweitens einen kontextueller Fokus und drittens einen Fokus auf den Tech-Stack. Publisher müssen Pagny zufolge Hybridlösungen implementieren, um dem Verlust von Cookies von Drittanbietern zu begegnen, die die größte Herausforderung des Jahres 2022 darstellen werden, wie First-Party-Data + Industry ID Solution + Contextual Targeting.

Um eine klarere Sicht zwischen Verkäufer und Käufer zu ermöglichen und alle Partner in der Kette sichtbar zu machen, werde auch die Transparenz zunehmen. „Dies erfordert einige Entwicklungsarbeit auf dem Stack des Publishers. Es könnte ein guter Moment sein, den Stack zu überprüfen und sicherzustellen, dass der Wettbewerb zwischen den einzelnen SSPs fair ist, um den Prebid-Umsatz zu maximieren. Technische und kaufmännische Teams müssen eng zusammenarbeiten, um zu entscheiden, welche Lösung verwendet werden soll, um sie dann zu implementieren und zu verkaufen“, so Pagny. Die Verwendung von Erstanbieterdaten biete Publishern eine gute Gelegenheit, enger mit Werbetreibenden zusammenzuarbeiten. Das Entfernen von Akteuren entlang der Lieferkette oder das Finden der besten Verbindung zwischen Verkäufer und Käufer – also die Supply-Path-Optimization, SPO – werde den Käufern bessere Investitionen und den Publishern bessere Einnahmen bieten. „Es ist eine Win-win-Situation. Dies wird nur passieren, wenn die Transparenz erhöht wird.“

Ganzheitliche Lösungen im Trend

Bild: Pubmatic Ekkehardt Schlottbohm, Pubmatic

„Da sich die digitale Wirtschaft weiterentwickelt, werden Werbetreibende ihre Kommunikationskampagnen und Publisher ihre Content-Strategien anpassen, um relevant zu bleiben“, sagt Ekkehardt Schlottbohm, Regional Vice President Central & Northern Europe von Pubmatic, der davon ausgeht, dass Mediaeinkäufer ihr Budget vertrauensvoll bei vertrauenswürdigen Publishern ausgeben werden. „Während die Technologie bei der Lösung der Probleme der digitalen Marketingbranche unterstützen kann, ist es für beide Parteien von entscheidender Bedeutung, zusammenzuarbeiten und eine ganzheitliche Lösung zu implementieren, die sicherere Ausschreibungsumgebungen schafft“, so Schlottbohm. Zu den ganzheitlichen Lösungen zähle auch die Frage nach der Lieferkette, also wieder die Supply-Path-Optimization.

„Publisher müssen sich bewusst machen, was in der gesamten digitalen Ökosphäre vor sich geht. Sie müssen Prioritäten setzen und darüber nachdenken, welche Bereiche wachsen“, betont Schlottbohm. Das Gute daran sei, dass die SPO und Demand-Path-Optimization (DPO) kein stumpfes Gespräch über Kosteneinsparungen mehr ist. „Im Gegenteil, SPO und DPO steigern die Effizienz und die Innovation im gesamten digitalen Ökosystem. Mit dieser Effizienz werden Partner und Publisher herausgefordert, ihren einzigartigen Wert für Werbetreibende, ihre Fähigkeit zur Partnerschaft und ihre Wachstums- und Innovationsstrategie unter Beweis zu stellen.“ SPO sieht Schlottbohm als eine langfristige Investition, die im Laufe der Zeit in Bezug auf Leistung, Effizienz und Gesamtverwaltung in einem Markt mit vielen großen Veränderungen am Horizont verfeinert werden sollte.

Kreativität und In-App Header Bidding

Bild: YOC Evgenij Tovba, YOC

Evgenij Tovba, CTO von YOC, sieht das Werbeökosystem aktuell in einem tiefgreifenden und grundlegenden Wandel. Während im Desktop-Bereich das aufgeschobene Ende des Third-Party-Cookies für ein mittelschweres Erdbeben gesorgt hat, sind es im Mobile-Bereich Apples App Tracking Transparency (ATT) und in etwas geringerem Ausmaß Googles Limited Ad Tracking, für welche im kommenden Jahr eine weitere Verschärfung erwartet wird. „Damit gerät 2022 die gesamte Mobile-Branche immer weiter unter Druck, kreative Methoden zu etablieren, welche die Opt-in-Raten verbessern oder aber alternative Ansätze zu finden. Dies wird definitiv eine der größten Herausforderungen der Mobile-Branche“, sagt Tovba. Technologisch wird aus seiner Sicht das In-App Header Bidding im beginnenden Jahr eine große Herausforderung werden. „Mit zunehmender Verbreitung wird dies für deutliche Veränderungen im Markt sorgen und vor allem Ad Networks und SDK-Anbieter betreffen, die über Display Standards und Scale keine eigene Value Proposition etabliert haben. Darüber hinaus wird Mediation zunehmend aus dem Blickfeld verschwinden“, so Tovba. Das sei nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass Publisher Mediation zunehmend als Kostentreiber sehen und einen schlanken Tech-Stack in der App favorisieren.

Die Chancen für Advertiser sieht der Experte vor allem in der fortschreitenden Personalisierung von Digitalwerbung. Im Unterschied zu den vorherigen Jahren werden nach seiner Einschätzung hierfür allerdings vermehrt kontextbasierte Ansätze in den Vordergrund rücken. „Dabei bleibt die Kreativität aber weiterhin der wohl wichtigste Differentiator bei den Werbemitteln. Gleichzeitig erwarten wir dabei auch eine immer stärkere Verzahnung mit KI und neuen Technologien wie beispielsweise Voice.“

Kontextbezogenes Targeting und Open-Source-ID

Bild: Traffective Heiko Staab, Traffective

Heiko Staab, Co-Founder und Director Business Development bei Traffective, erwartet, dass mit dem Wegfall der Third-Party-Cookies kontextbezogenes Targeting sowohl bei Text-, Video- und Audio-Inhalten ein elementarer Baustein im digitalen Marketing werden wird. Er rechnet außerdem mit einem Anstieg von Unique User IDs, um den Wegfall der Third-Party-Cookies zu kompensieren. „Hier braucht es aber noch einen Standard, der im besten Fall auf Open Source aufbaut, beispielsweise auf UID 2.0.“ Dass man sich auf eine Open-Source-ID-Lösung einigen muss, sieht Staab als Herausforderung. „Es reicht nicht aus, wenn nur ein Publisher Alternativen zu Cookies testet – das ist eine Aufgabe für alle Publisher und Advertiser gleichermaßen.“

Auch bei der Optimierung des kontextuellen Targetings seien alle Publisher und Advertiser gefordert, sich mit neuen Strategien auseinanderzusetzen: technologisch und inhaltlich.
Neben den Herausforderungen sieht er aber auch Chancen, gerade für Publisher. „Die genannten Entwicklungen werden zu einer spürbaren Supply-Path-Optimierung führen. Diverse Vendoren werden aus der Lieferkette verschwinden und die First-Party-Daten der Publisher damit immer wertvoller. Mittelfristig werden Publisher ihre Erlöse dadurch spürbar ausbauen können“, so Staab.

Mehr Macht für Publisher

Bild: Relevant Digital Petri Kokkonen, Relevant Digital

„Wir glauben, dass ein wichtiger Trend auf der Verkäuferseite darin bestehen wird, dass Publisher mehr Macht über ihr Inventar gewinnen, agiler agieren und ganzheitliche Methoden erlernen, um ihre Verkäufe zu optimieren“, sagt Petri Kokkonen, CEO von Relevant Digital. Dass sie also nicht nur allgemein Preise- und Formate anpassen, sondern beispielsweise eine bessere Optimierung zwischen SSPs und anderen Umsatzpartnern – einschließlich Amazon – vornehmen, Preise basierend auf Zielgruppen aus verschiedenen geografischen Gebieten optimieren, gemeinsame IDs und kontextbezogene Strategien testen.

Ein Technologietrend wird Kokkonen zufolge die immer breitere Akzeptanz von serverseitigem Prebid sein. „Es besteht ein starkes Interesse an der Verkäuferseite, technische Setups zu beschleunigen und neue Umsatzpartner zu übernehmen und zu testen, ohne Dinge auf die Clientseite zu laden. Die serverseitige Einrichtung, insbesondere Prebid, hilft, diese Ziele zu erreichen.“ Aber der Experte geht davon aus, dass es im Jahr 2022 nicht zu 100 Prozent serverseitig sein wird, da man nicht alle Datenprobleme in größerem Umfang gelöst haben wird. Nichtsdestotrotz erwartet er in diesem Zusammenhang eine bedeutende Entwicklung: „Eine große Anzahl von Publishern wird Prebid in Apps und in Videos einsetzen“, ist Kokkonen überzeugt.

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