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ADTECH - Trends 2023

Cookielose Erfolgsmessung von Digitalkampagnen 2023

Anton Priebe, 19. Dezember 2022
Bild: Jennifer Burk – Unsplash

Wer das in der Werbeindustrie mittlerweile verpönte Wort “Cookiecalypse” hört, verknüpft dies gedanklich in erster Linie mit Problemen bei der Zielgruppenansprache. Doch nicht nur das Targeting, auch die Erfolgsmessung von Digitalkampagnen leidet unter dem Schwund der Drittanbieter-Cookies. Wenn Daten ohne Kontext generiert oder nicht weiter verwendet werden dürfen, lässt sich der Erfolg von Kampagnen schwer nachvollziehen. Welche Antworten wird die Adtech-Industrie den Werbetreibenden im kommenden Jahr für Cookieless Measurement an die Hand geben können? ADZINE hat sich in der Branche umgehört.

Die Daten sind da – es hapert an der Aufbereitung

Bild: Mapp Franco Paolucci, Mapp

Zumindest im E-Commerce herrscht laut Franco Paolucci kein Mangel an erhobenen Daten. “Vielmehr mangelt es an Erkenntnissen, die für jeden verständlich aufbereitet sind, sodass Entscheider sie in eine Strategie übertragen können”, so der Senior Sales Director DACH des Martech-Unternehmens Mapp. Dafür sei eine Technologie notwendig, die Daten “in Echtzeit sammelt und vereinheitlicht, um sie als Grundlage für eine präzise Marketingaktivierung zu nutzen”. Insbesondere ein Zero- & First-Party-Only-Ansatz ist laut Paolucci entscheidend.

Die technische Kundenidentifizierung ist natürlich eine Baustelle – die Generierung von Insights eine andere. “Die Unternehmensleitung erwartet von den E-Commerce- und CRM-Fachleuten, dass sie auf der Grundlage umfangreicher Datensätze, die sie im Laufe der Jahre angesammelt haben, detaillierte Erkenntnisse über das Kundenverhalten liefern.” Dabei soll 2023 vor allem Künstliche Intelligenz helfen. Sie könne das optimieren, was Marketer nicht selbst optimieren können, und spare Zeit ein.

Fokus auf First-Party-Daten für die Analyse

Bild: Jentis Klaus Müller, Jentis

In Sachen Kundenidentifizierung sieht Klaus Müller die von Paolucci angesprochene Bedeutung von First-Party-Daten als “essenziell für das digitale Ökosystem” an – sowohl für die Publisher- als auch die Advertiserseite. Der Co-CEO des österreichischen Tracking-Spezialisten ist überzeugt, dass dies eine neue Dimension von Transparenz und Validität mit sich bringt. “Die längere ‘Haltbarkeit’ der First-Party-Daten erlaubt deutlich umfangreichere und tiefere Data Analytics und Nutzer-Insights. Damit lassen sich Customer Journeys, die zuvor vielfach bis zu 50 Prozent fehlerhaft- und/oder lückenhaft waren, endlich korrekt und vollständig beziehungsweise ganzheitlich abbilden”, meint Müller.

Auf dieser Basis ließen sich demzufolge hochwertige “Multi-Channel-Conversion-Attributionsanalysen” durchführen, “die ein neues Maß an Granularität und Genauigkeit im Hinblick auf den ROI einzelner Kanäle und Touchpoints bieten”. Der Kampagnenerfolg könne dadurch noch besser für künftige Budgetplanungen operationalisierbar gemacht werden. “Wichtig dabei ist, Umfang, Qualität und Datenschutzkonformität der zum Einsatz kommenden First-Party-Daten bereits bei ihrer Erfassung mit Technologien wie Server-Side-Tracking optimal abzusichern. Nur dann kann die Intelligenz von First-Party-Daten voll ausgenutzt werden”, gibt Müller zu bedenken.

Serverseitige Erfolgsmessung als Trend

Bild: Fusedeck Markus Forster, Fusedeck

Server-Side-Tracking ist ebenfalls das Spezialgebiet von Mitstreiter Fusedeck. Der Schweizer Tracking-Anbieter ist sich sicher, dass im kommenden Jahr eine deutlich komplexere Datenerfassung notwendig sein wird. “Die größte Herausforderung wird sein, den Spagat zwischen den datenschutzrechtlichen Vorgaben und einer möglichst akkuraten Datenbasis zu schaffen”, sagt Markus Forster, Managing Director von Fusedeck.

“Die Browserhersteller werden weiter daran arbeiten, auch die Erkennung von Sessions zu erschweren”, so Forster. Er bestätigt die Prognose seines Kollegen: “Um Mediabudgets wieder holistisch optimieren zu können und die Kampagneneffizienz zu steigern, wird sich aus meiner Sicht vor allem die serverseitige Erfolgsmessung im kommenden Jahr weiter durchsetzen.” Somit können Daten in einem First-Party-Kontext erfasst werden und Traffic-Quellen, Werbemittel sowie Webseiteninhalte auf Basis eines vollständigen Datensets optimiert werden. “Zusätzlich lassen sich auch Ad-Fraud, Trackingfehler und Trackingdiskrepanzen wieder deutlich besser identifizieren”, meint Forster. “On top werden Drittanbieter-Scripte reduziert, was sich wiederum positiv auf die Performance der Website auswirkt.“

Rückbesinnung auf die Marktforschung?

Bild: Audience Project Sedat Polat, Audience Project

Einen ganz anderen Weg schlägt Sedat Polat ein. Der DACH-Chef des technologiebasierten Marktforschungsunternehmens sieht die Lösung zur Messung in aggregierten Daten und Statistik. “Werbetreibende fragen sich, wie Kampagnen ohne Third-Party-Cookies gemessen werden können”, so Polat. “Doch auch wenn diese seit langem als scheinbar allmächtiges Werkzeug zur Messung von digitalen Kampagnen eingesetzt werden, ist mit der zunehmenden Fragmentierung der Medien- und Gerätelandschaft und damit einhergehend des Mediennutzungsverhaltens ein ganzer Werkzeugkasten von Lösungen und Methoden nötig, um Kampagnen, die bereits jetzt zu einem signifikanten Anteil in cookiefreien Umgebungen laufen, adäquat zu messen.”

Nachhaltige und datenschutzfreundliche Lösungen seien gefragt. Polat verweist auf innovative Ansätze wie “Virtual-People-Modellierung, Graph-Technologien und Clean-Room-Partnerschaften”. Aber er geht davon aus, dass sich die Branche auf klassische Methoden der Marktforschung rückbesinnen wird. “Denn in der Zielgruppenmessung ist weiterhin nicht die exakte Darstellung des Individuums wichtig, sondern die aggregierte, statistisch valide Aussage über die Masse”, ist Polat überzeugt.

Ganzheitliche Messansätze statt klassischer Attributionsmodelle

Bild: Analytics Partner Maren Seitz, Analytics Partner

Mit dem breiteren Ansatz spielt Polat Maren Seitz vom Martech-Unternehmen Analytic Partners in die Hände. Auch sie ist der Meinung, dass Unternehmen bei der Erfolgsmessung einen Schritt zurücktreten sollten, “um das große Ganze zu sehen”. Klassische Attributionsmodelle würden zwar schnelle und fundierte Ergebnisse liefern, konnten “aber in Wirklichkeit nie halten, was versprochen wurde”. Seitz sieht für 2023 ganzheitliche Ansätze im Kommen, die Marketingaktivitäten im Zusammenspiel messen und optimieren. “Daher in aller Munde und auf jeder Konferenz ein großes Thema: Marketing Mix Modelle (MMM)”, sagt Maren Seitz.

MMM seien heutzutage viel schneller und granularer als noch in den Neunzigern. “Digitale Kampagnen können in das gesamte, kommerzielle Bild des Unternehmens integriert und so ihr wahrer Erfolg gemessen werden – und das ganz ohne Cookies und User-Level Daten”. Livemodelle und Test & Learn-Ansätze würden den vielen und ständigen Veränderungen im digitalen Marketing Stand halten. Simulationstools helfen ihrer Meinung nach dabei, mögliche Nachfragerückgänge oder Kostenanstiege einzuplanen – “vor allem in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit ist das ein riesiger Vorteil”, meint Seitz.

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