Publisher müssen ihr Setup zur Vermarktung und ihre strategische Herangehensweise unentwegt überdenken, um ihre Erlöse zu maximieren. In der aktuellen Gemengelage ergibt sich gleich eine ganze Reihe an Herausforderungen, die es zu meistern gilt. ADZINE hat bei Monetarisierungs-Spezialisten nachgefragt, welche technologischen Entwicklungen derzeit auf der Sell-Side zu beobachten sind und welche neuen Strategien dabei erkennbar werden.
Maßnahmen der Datenschutzbehörden, Datentransparenz und das Vertrauen der Verbraucher sind die Meta-Trends, die die Beziehungen zwischen Publishern, Marken und Adtech verändern, erklärt Loren Moschkowitsch, Senior Customer Success Manager bei der Audience-Plattform Permutive. “Wir sehen, dass die Publisher ihren rechtmäßigen Platz im Zentrum der Werbung zurückerobern und dass Adtech zu einem Enabler der Zusammenarbeit wird, statt zu einem Vermittler.” Das “Enabling” kann auf unterschiedliche Weise erreicht werden, wenn man die Tech-Welt fragt.
First-Party-Daten, IDs und Contextual
“Ein klarer Trend ist, dass sich die Publisher auf eine Zukunft ohne Third-Party-Cookies vorbereiten”, stellt Petri Kokkonen, CEO des finnischen Programmatic-Spezialisten Relevant Digital, fest. Ihm zufolge werden viele Tests mit semantischem Targeting und Shared IDs durchgeführt. First-Party-Daten und Clean Rooms lägen ebenfalls im Trend, aber es würde eine Menge Herausforderungen mit der Skalierung geben.
Torben Heimann, strategischer Berater der französischen Adtech-Monitoring-Lösung Pubstack, untermauert diese Beobachtungen. “In letzter Zeit sprechen Publisher häufig darüber, wie sie ihre eigenen Daten über ID-Lösungen und Contextual Targeting einsetzen können – via Seller-Defined Audiences – oder sogar darüber, wie sich Third-Party-Daten mittels Branchen-ID-Lösungen oder Contextual nutzen lassen. Auch wenn dieser Ansatz interessant ist, befindet er sich noch in einem sehr frühen Stadium und lässt Raum für viele Optimierungen des aktuellen Ad-Stacks”, so Heimann.
Kohorten aus First-Party-Daten
Moschkowitsch sieht die Publisher klar im Vorteil. Sie hätten die Audience, nach der die Werbetreibenden suchen. “Wenn die Ära der Third-Party-Cookies zu Ende geht, wird das offene Web für Werbetreibende, die ihre Zielgruppe erreichen wollen, dunkel.” In Safari und Chrome sei dies bereits der Fall. “Die Publisher haben eine Beziehung zu den Nutzern und können Audiences in Form von datenschutzfreundlichen Kohorten zur Verfügung stellen, die aus den First-Party-Daten der Publisher samt Consent gebildet werden”, so Moschkowitsch. Der Werteaustausch für die Verbraucher – Daten gegen Inhalte – ist damit seiner Meinung nach gegeben.
“Die Daten der Publisher und die Einblicke in die Zielgruppe sind einzigartig, und es sind Daten, die Werbetreibende nirgendwo anders bekommen können”, ist Moschkowitsch überzeugt. Die Publisher sind also in der Lage, “Marken und Agenturen über die Zukunft des Targetings und der datenschutzgerechten Ansprache von Verbrauchern aufzuklären.”
Sichtbarkeit als X-Faktor
Torben Heimann denkt hingegen, dass es einfachere Wege als First-Party-Daten gibt, um seine Einnahmen zu maximieren. “Um die Einnahmen schneller zu steigern, könnte sich ein Publisher zum Beispiel darauf konzentrieren, seine Viewability-Rate mithilfe von Ad-Refresh-Lösungen zu optimieren. Parallel dazu kann die Implementierung von Prebid Bid Caching ebenfalls hilfreich sein”, so der Vermarktungs-Experte. “Man darf nicht vergessen, dass die Viewability-Metriken nicht durch das Verschwinden von Drittanbieter-Cookies aus einigen Browsern beeinträchtigt sind und dass sie keinen Consent der Nutzer erfordern. Daher wird die Verbesserung und Monetarisierung der Sichtbarkeit in naher Zukunft zu einem entscheidenden Faktor für Publisher-Strategien werden”, ist Heimann überzeugt.
Generell sieht auch Relevant Digital Bemühungen der Publisher, ihr hochwertiges Inventar zu maximieren. Kokkonen rät ebenfalls zu Ad Refresh. “Einfache Maßnahmen, wie zum Beispiel ein gut durchdachtes Nachladen von Anzeigenplatzierungen, können das Inventar erhöhen und die Sichtbarkeit steigern und so Quick Wins ermöglichen. Darüber hinaus zahlen sich in der Regel auch alle anderen Bemühungen um eine kontinuierliche Steigerung der Sichtbarkeit aus”, verrät der Finne. “Wir sehen, dass die höhere Sichtbarkeit eCPMs erhöht und neue Werbetreibende erschließt, die bisher nicht gekauft haben. In größerem Maßstab sollte dies natürlich für niemanden neu sein, aber es ist inspirierend zu sehen, wie viel verstecktes Umsatzpotenzial vorhanden ist, wenn man beispielsweise ein durchschnittliches Viewability-Niveau von 70, 75 oder 80 Prozent erreicht.” Die meisten DSPs orientieren sich ihm zufolge an diesem Durchschnitt.
User Engagement statt Sichtbarkeit
Michael Zeisler, Regional Director von der Monetarisierungs-Plattform Sovrn, bricht zwar abermals eine Lanze für Sichtbarkeit, weist jedoch auf ein Problem dabei hin. “Nach wie vor ist die reine Sichtbarkeit von Werbemitteln eine der wichtigsten Kennzahlen zur Erfolgsmessung und damit auch zur Monetarisierung von Publisher-Inventar.” Ob eine nach diesen Kriterien erfolgreich ausgespielte Werbeanzeige tatsächlich gesehen wurde, sei aber keinesfalls sicher. “Theoretisch müssen die Besucher der jeweiligen Website noch nicht mal vor ihrem Endgerät sitzen, sondern könnten sich gerade einen Kaffee holen oder telefonieren”, so Zeisler. Außerdem gehe es nicht nur ums Ansehen, sondern ums Wahrnehmen der Werbeanzeige.
Zeisler rät Publishern zu einer “Transparenz-Offensive” gegenüber ihren Werbepartnern. So könnten sie über qualitative Messgrößen aufzeigen, welchen Wert eine Bannerschaltung hat. Zusätzlich zur Viewability rücke dabei das User Engagement als wichtigste Messgröße in den Vordergrund. Dies kann anhand von Aktivitäten wie die Bewegung des Cursors, das Scrollen auf der Seite oder die Benutzung der Tastatur erfasst werden. “Auch die Inaktivität kann gemessen werden. Wer ein paar Sekunden lang nichts tut, gilt als inaktiv. Gleiches gilt für den Wechsel in einen anderen Browsertab”, so Sovrns Deutschlandchef. “Mit mehr Transparenz durch qualitative Messgrößen können Advertiser ihre Budgets optimieren und Publisher gleichzeitig ihr Inventar besser beziehungsweise überhaupt noch monetarisieren”, ist sich Zeisler sicher.
Serverseitige Integrationen nehmen zu
Ein weiterer Trend, der auf Nachfrage erkennbar wird, ist der Wechsel von client- zu serverseitigen Integrationen. “Serverseitiges Prebid nimmt Fahrt auf”, so Petri Kokkonen. “Ein Grund dafür ist die Notwendigkeit, die Monetarisierung von Apps zu verbessern und gut funktionierende Verfahren von Browsern auf native Anwendungsumgebungen zu übertragen.” Der zweite Treiber sei In-Stream-Video. Einige SSPs würden sich auch bei den serverseitigen Implementierungen in Browsern stark verbessern.
“Im Allgemeinen investieren mehrere Player der Sell-Side, Publisher und Sales Houses auf strategischer Ebene in Agilität”, erklärt Kokkonen. Um diese Agilität zu erreichen, müssten allerdings alle Beteiligten, von Adops und Yield-Optimierern bis hin zu C-Level und Vertriebsteam, über die richtigen Daten verfügen, um sich auf die richtigen Dinge konzentrieren zu können. “Daher müssen ganzheitliche Tools für das technische Management auf der Verkaufsseite zur Verfügung stehen, damit sie auf die Daten reagieren und agile Tests mit Anbietern, Setup-Variationen, Preisregeln oder anderen Variablen durchführen können”, ist Kokkonen überzeugt.
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