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Affiliate-Marketing: mit oder ohne Agentur?

Jens von Rauchhaupt, 12. Mai 2011

Inhouse oder Agentur? Für Affiliate-Marketing-Maßnahmen ist diese Fragestellung der Advertiser neben der Wahl des Affiliate-Netzwerkes besonders schwer zu beantworten. Die große Auswahl an Performance-Agenturen, die ihre Dienstleistungsportfolios speziell auf das Affiliate-Marketing ausgerichtet haben, macht die Entscheidung da nicht gerade leichter.

Gegen den Wildwuchs

Nirgends gibt es eine so hohe Dichte an Affiliate Marketing Agenturen wie in Deutschland. Der BVDW bietet daher ein neues Zertifizierungsverfahren für die Agenturen an und hat die ersten acht Agenturen auf diesem Weg zu „Trusted Agencys“ gemacht. Weitere Agenturen befinden sich bereits im Zertifizierungsprozess. Dieses Trusted-Agency-Zertifikat löst eine ältere BVDW-Zertifizierung ab, die offenbar eine ausreichende Objektivität vermissen ließ.

Michael Kruse

Denn anders als beim neuen Zertifikat beruhte das alte nur auf der Selbstauskunft der Agenturen. „Mit der neuen BVDW-Zertifizierung für Affiliate-Agenturen wollten wir den Marktteilnehmern ein objektives Vergleichskriterium ermöglichen“, sagt Michael Kruse, Geschäftsführer von ADC Media und Unitleiter Affiliate-Marketing im BVDW. „Neben formelle Anhaltspunkte wie etwa Erfahrung, Größe der Agentur, Anzahl ihrer Kunden und weiteren Zertifikaten von Affiliate-Netzwerken ging es bei unserer Zertifizierung vor allem auch um qualitative Kriterien und dabei insbesondere um das Kundenfeedback.“ Dass dieses Kundenfeedback zur Arbeit einiger Agenturen nicht immer positiv war, beweist die Tatsache, dass längst nicht alle Agenturen das gewünschte Zertifikat erhalten haben.

Viel hilft viel

Während im Ausland das Angebot an Affiliate Netzwerke eher übersichtlich ist, stehen hierzulande den Advertisern eine Vielzahl von entsprechenden Anbietern zur Verfügung.  Hier können gerade die Agenturen für den richtigen Durchblick sorgen. Kruse zur Besonderheit des hiesigen Marktes: „Das ist wahrscheinlich wirklich eine Mentalitätsfrage. Hierzulande gibt es überproportional viele Affiliate-Netzwerke, die historisch gewachsen sind. Die würden ja nicht existieren, wenn es auf Advertiserseite nicht die Nachfrage dafür gäbe. In den USA oder Großbritannien ist es eher Usus, dass der Advertiser nur ein Affiliate-Netzwerk in Anspruch nimmt – nicht so in Deutschland.“

Viel hilft also viel. Dass die daraus entstehende Komplexität des Marktes in die Hände der Agenturen spielt, versteht sich fast von selbst. Denn je mehr Netzwerke sich anbieten, umso eher haben auch die Agenturen eine Daseinsberechtigung. „Die Agenturen kommen vor allem dann ins Spiel, wenn es um die Frage der Synchronisation geht. Außerdem ist Affiliate-Marketing ja eine sehr dynamische Disziplin. Da entsteht auf Kundenseite schnell eine Verunsicherung. Damit steigt der Wunsch nach Transparenz“, sagt Kruse.

Birgit Scheffler

Für weitere Transparenz sollen die eigenen Zertifikate der Affiliate Netzwerke sorgen. Auch diese überprüfen das technische Wissen und die Erfahrung der Agenturen. Und große Netzwerke wie zanox nehmen ihre eigenen Zertifizierungen sehr ernst, wie Birgit Scheffler, Head of Agency Sales beim Affiliate Netzwerk zanox erklärt: „Es gibt bei zanox strenge Kriterien für die Zertifizierung von Agenturen. Dazu gehört unter anderem, dass diese einen Strategic Partner-Vertrag mit zanox schließen und die Accountmanager der Agentur erfolgreich am zanox Affiliate-Manager-Seminar teilnehmen. Zudem müssen die Agenturen bereits länger als sechs Monate ein zanox Partnerprogramm betreut haben.“

Agenturen als Sündenbock

Natürlich bräuchten Advertiser keine Agentur für ihre Partnerprogramme, genauso gut könnten sie auf Inhouse-Lösungen setzen, soweit dort ausreichend Know-how aufgebaut wurde. Doch daran fehlt es meistens. Oftmals wollen Advertiser dieses Know-how auch gar nicht haben, denn als Marketing-Entscheider eines Unternehmens fährt man mit einer eingeschalteten Agentur eher besser, wie Kruse meint: „Dann haben sie als Marketing-Manager die Möglichkeit, auf externen Sachverstand zurückzugreifen, der sich dezidiert um diese Aufgaben kümmert, und gleichzeitig müssen sie bei mäßigem Erfolg keine personellen Konsequenzen im eigenen Unternehmen ziehen, sondern wechseln einfach die Agentur.“ Den Verlust von sensiblen Unternehmensdaten bräuchten die Advertiser jedenfalls nicht zu befürchten, denn diese Problematik kann jeder Advertiser durch Wettbewerbsklauseln ausreichend verhindern.

Taskin Erdem

Dass ein Advertiser keine Affiliate-Agentur braucht, könnte sich jedenfalls dann als fataler Trugschluss erweisen, wenn das Unternehmen bisher kaum Erfahrung auf diesem Gebiet gesammelt hat. Davon ist Taskin Erdem, Leiter Search und Affiliate bei der Performance-Agentur mediascale, überzeugt. „Solange der Advertiser kein Spezialist im Affiliate-Marketing ist, wird er nicht in der Lage sein, das beste Ergebnis mit seinem Programm zu erzielen. Das gilt für alle Werbekanäle. Es reicht nicht, ‚nur ein Affiliate-Programm‘ auf einem der öffentlichen Netzwerke zu starten, und der Erfolg kommt dann von allein. Ein Programm muss ständig betreut werden bezüglich Konkurrenzfähigkeit, Attraktivität und Aufmerksamkeit“, meint Erdem. Kruse sieht das ähnlich, präferiert aber die Perspektive des Advertisers: „Ein Unternehmen, das Affiliate-Marketing als seine 100-prozentige Kernkompetenz betrachtet, sollte unbedingt eine Inhouse-Lösung bevorzugen. Wenn Affiliate-Marketing allerdings nicht im absoluten Fokus des Unternehmens liegt, sollte eine Agentur hinzugezogen werden.“

80 Prozent der Advertiser setzen auf Fullservice

Gleichwohl fast alle Agenturen auch eine rein operative Unterstützung, also nur für das Programmmanagement, ihren Kunden anbieten, wählen die Advertiser im deutschsprachigen Raum eher den Weg über eine Fullservice-Leistung. Das gilt für etwa 80 Prozent der Advertiser. Die Aufgaben von Fullservice-Agenturen beinhalten die gesamte strategische Planung, also auch die Publisher- (Affiliates-) Akquise, das Aufsetzen der Partnerprogramme, die technische Betreuung samt Tracking, das mit dem Post View Tracking auch schon mal ziemlich kniffelig werden kann.

Michael Pietzka

Für Michael Pietzka, Senior Account Manager der BVDW-zertifizierten Affiliate-Marketing-Agentur metaapes, ist die Agentur eben ein weiterer Sicherheitspuffer für den Advertiser, die als „zentrale Koordinierungsstelle und mithilfe geeigneter technischer Maßnahmen mögliche Betrugsfälle erkennen und weitestgehend ausschließen kann.“ Pietzka beschreibt beispielhaft, wie man bei metaapes generell beim Kunden an die Aufgabenstellung herangeht: „Vor dem Start des Affiliate-Programmes wird eine genaue und umfangreiche Analyse der Ist-Situation und der Ziele des Advertisers vorgenommen und darauf basierend eine passgenaue Empfehlung abgegeben, wie genau das Affiliate-Programm ausgestaltet werden soll. So empfehlen wir beispielsweise, bei welchem Netzwerk ein Start sinnvoll ist, wie die Werbemittel aussehen sollen, wie die Provisionsstruktur aussehen soll und welche Aktionen man durchführen sollte.“

Oliver Hess

Guter Rat ist eben nicht immer teuer

Eine Set-up Fee, also die anfängliche Beratung des Advertisers wird von den wenigsten Agenturen in Rechnung gestellt. Aufgrund der Wettbewerbssituation können sie sich das auch gar nicht erlauben. In der Regel erfolgt die Vergütung für die Agenturen performance-orientiert, d. h., die Agentur profitiert – ähnlich wie bei der Vergütung für das Affiliate-Netzwerk. „Idealerweise sind in der Vergütungsstruktur auch qualitative Aspekte verankert, sodass nicht nur der reine Abverkauf zählt, sondern auch On-top-Dienstleistungen, die dem Kunden weitere Sicherheit und Qualität im Online-Marketing bieten“, sagt Oliver Hess von der Trusted Agency Traffective, der wie andere Gesprächspartner darauf aufmerksam macht, dass große Advertiser weit niedrigere Provisionen zahlen. Auch laut Michael Pietzka von metaapes sei es am Markt üblich, dem Kunden einen fixen und einen variablen Vergütungsanteil pro Monat in Rechnung zu stellen. „Dabei liegt der Schwerpunkt sicherlich im Bereich der erfolgsabhängigen Vergütung“, sagt Pietzka.

Affiliate Marketing als ein Teil des Ganzen

Erdem von mediascale hebt nochmal die Bedeutung von Affiliate-Marketing für den Online-Marketing-Mix hervor: „Wenn ein Advertiser bereits andere Kanäle des Online-Marketings einsetzt, ist es natürlich umso wichtiger, den Kanal Affiliate-Marketing in die Gesamtstrategie zu integrieren und gesamtheitlich zu betreuen. Nur wenn alle Kanäle richtig gemessen, richtig budgetiert, gesteuert und gebündelt werden, ist der größtmögliche Erfolg erreichbar.“ Affiliate-Marketing sollte vielmehr als Teil einer Gesamtstrategie betrachtet werden. „Mit Affiliate Marketing allein erzielt man in den meisten Fällen nur ganz geringe Erfolge. Advertiser, die es nur mit Affiliate Marketing versuchen,  scheitern oft schnell“, berichtet Erdem.  Umso wichtiger sei daher eine zentrale Abstimmung mit allen anderen Werbekanälen.  „Am besten von einer einzigen Agentur“, meint Erdem, der darin einen Kostenvorteil für den Advertiser sieht: „Der Werbetreibende holt für sich in jedem Fall mehr raus, wenn er die Gesamtstrategie von einer Agentur entwickeln und steuern lässt. Selbst wenn der erzielte Abverkauf der gleiche wäre, wäre der Betrag, den er an die einzige Agentur zahlen muss kleiner, als alle Honorare für die einzelnen Agenturen zusammen.

Bild Jens v. Rauchhaupt Über den Autor/die Autorin:

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