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Vergütung im Performance-Marketing: Wenn nicht der letzte Cookie, was dann?

Jens von Rauchhaupt, 12. April 2012

Bis es Online zum Kaufabschluss durch den Nutzer kommt, hat dieser typischerweise mehrere Kontaktpunkte mit dem Advertiser per Views und Klicks gehabt. Würde man im Performance-Marketing auf das Last-Cookie-wins-Modell nun konsequent verzichten, wie sähe dann zum Beispiel die Provisionierung eines Affiliates aus. Oder heißt es am Ende immer: Last Cookie wins? Diese Frage stellten wir Fachleuten aus dem Performance-Marketing.

Murat Cavus

Murat Cavus, Senior Manager Marketing Intelligence, QUISMA

Nur mit einer detaillierten Investigation der Customer Journey können auch Affiliates entsprechend vergütet werden. An dieser Stelle muss man auf alternative Attributionsmodelle zurückgreifen und jeden Berührungspunkt entlang der Customer Journey mit den Werbemitteln des Advertisers bewerten. Hierfür ist es notwendig, alle Aktivitäten über eine Plattform zu erfassen, um dem Zusammenspiel der verschiedenen Kanäle im Hinblick auf Klicks und Views auf den Grund zu gehen. Damit lässt sich zeigen, inwieweit verschiedene Attributionsmodelle die Sales umverteilen und welche Vorteile die Umverteilung dem Merchant bringt. Des Weiteren lässt sich daraus ableiten, in welcher Form der Gewinn beeinflusst wird. QUISMA setzt aus diesem Grund die QUISMA-Plattform (QMP) ein, um Kunden aufzuzeigen, in welchem Ausmaß eine alternative Attribution der Conversions die Marketingkosten und damit den Gewinn des Advertisers verändern könnte.

Ein Beispiel für eine differenzierte Attribution gemäß der „Leistung“ des einzelnen Kanals würde wie folgt aussehen: Beim User X können vier Touchpoints bis zum Sale festgestellt werden:

Touchpoint 1: View bei Partner A (Bannersichtung ohne Klick)
Touchpoint 2: Klick bei Partner B (Bannersichtung mit Klick)
Touchpoint 3: SEA mit Klick auf das Produkt
Touchpoint 4: URL-Eingabe mit Sale

Bei einer gleichgewichtigen Attribution würde jeder Touchpoint beispielsweise 25 Prozent Provision erhalten. Das würde bedeuten, ein View ist genauso viel „wert“ wie ein Klick. Die alternative Attribution erlaubt, die einzelnen Berührungspunkte entlang der gesamten Reise des Kunden unterschiedlich zu gewichten. Auf dieses Beispiel angewendet, würde der Partner A, bei dem es zum View gekommen ist, statt der vollen Auszahlung einen geringeren Anteil erhalten, weil es keine Response auf die Werbewirkung gab.

Dirk von Burgsdorff

Dirk von Burgsdorff, Geschäftsführer explido

Die Zukunft gehört den Multi-Click-Attributionsmodellen. Basis dafür ist die exakte Messung der Customer Journey. Hierbei greifen wir auf unseren selbst entwickelten ActionAllocator zurück, der sowohl Klicks als auch Sichtkontakte misst. So können wir alle relevanten Touchpoints identifizieren, die zur Conversion beitragen. In Zukunft werden Werbetreibende zunehmend Vergütungsmodelle für einzelne Produktgruppen individuell festlegen. Nehmen wir an, Affiliate-Marketing soll den Abverkauf von Mobilfunkgeräten steigern. Dann könnte ich zum Beispiel den Erstkontakt, der das Interesse des Users weckt, mit 50 Prozent vergüten. Die letzte Kampagne, die die Conversion auslöst, erhält 30 Prozent. Und der vorletzte Touchpoint, der in diesem Fall maßgeblich zur Kaufentscheidung beigetragen hat, wird mit immerhin 20 Prozent vergütet.

Sascha Weise

Sascha Weise, Director Display & Affiliation bei eprofessional

Multiattribution könnte durchaus zu einer effizienteren und leistungsgerechten Provisionierung beitragen. Allerdings ist die Branche aktuell noch nicht so weit. Noch fehlt es an breiter Akzeptanz und Machbarkeit. Ich sehe dafür drei zentrale Gründe: Die intransparenteren und schlechter planbaren Vergütungen für Publisher, noch nicht ausgereifte technische Möglichkeiten (z. B. bei Affiliate-Netzwerken) und schließlich die mangelnde Erfahrung der Werbungtreibenden mit dem Attribution-Modelling.

Wichtig ist, dass Werbungtreibende nicht zögern, tief greifende Erfahrungen mit Customer-Journey-Analysen zu machen. Heute schon lassen sich die Beiträge zur Konvertierung der einzelnen Online-Kanäle sehr granular messen. Analysiert man diese Daten, lassen sich daraus Anpassungen in deren Abrechnungsmodellen (z. B. TKP bei Display, CPX bei Affiliation) ableiten, die erheblich zur Effizienzsteigerung des Ad Spends beitragen.

Dimitrios Haratsis

Dimitrios Haratsis, Geschäftsführer AdClear

Bisher erhält das Affiliate-Netzwerk die Meldung, dass ein Sale stattgefunden hat – nach dem Last-Cookie-wins-Modell wird anschließend die gesamte Provision für den Sale an den Partner ausgeschüttet, der für den letzten Kontaktpunkt innerhalb der Customer Journey gesorgt hat. Werden aber intelligente Attributionsmodelle angewendet, so ermittelt die Trackingweiche in Echtzeit den prozentualen Anteil des Kanals am Sale und teilt diesen dem Affiliate-Netzwerk automatisch mit. Liegt beispielsweise die gesamte Provision für einen Verkaufsabschluss bei 100 Euro, so wird dem Affiliate-Netzwerk nun angezeigt, dass Partner A anteilig daran 30 Euro erhält, Partner B 50 Euro und Partner C 20 Euro – entsprechend der Leistung, die die Partner tatsächlich für den Sale erbracht haben. Die Technologie ist mittlerweile auf dem Stand, dass sie dieses Verfahren in die Wirklichkeit umsetzen kann – der Markt ist längst reif dafür. Mit intelligenten Attributionsmodellen wird es also zu einer Umverteilung der Provision kommen – damit wird es nicht mehr nur einen, sondern mehrere Gewinner geben.

Marcus Lutz

Marcus Lutz, Geschäftsführer SuperClix

SuperClix beobachtet als neutrales Netzwerk natürlich auch die komplette Konversion und die Kontaktpunkte der vermittelten Kunden (Customer Journey) mit P3P-Cookies, Fingerprint-Tracking und eigenen innovativen Tools seit Jahren, trotzdem haben wir feststellen können, dass "Last Cookie wins" nach wie vor das beste und gerechteste Modell ist, auch wenn die Konversion aufgrund von Kundenkompetenz (Kunden können Preise & Leistungen mit anderen Anbietern vergleichen) immer länger dauert. Dazu gehört aber auch, dass dies manuell und automatisch immer von Experten regelmäßig umfassend und nachweislich kontrolliert und protokolliert wird, damit nicht Anbieter mit "Gutschein-Spam" oder "Cookie-Droppern" anderen Affiliates kurz vor Bestellabschluss die Provision wegnehmen, Abweichungen von der Customer Journey müssen also sehr genau untersucht werden.

Die ganze Problematik, die jetzt entstanden ist, ist im deutschen Affiliate-Marketing bedingt durch die aktuellen Problemfelder "Gutschein-Spam", "Brand-Bidder" und "Postview" bei anderen Anbietern, was anderen "normalen" Affiliates die Kunden und Provisionen wegnimmt, das so natürlich nicht sein darf. Wir gehen davon aus, dass sich der Markt selbst bereinigen wird, wenn normale Affiliates zu Anbietern wechseln, die eben transparent und korrekt arbeiten, "Last Cookie wins" ist von allen Methoden am meisten transparent und von jedem Laien nachvollziehbar. International spielen andere Methoden außer "Last Cookie wins" auch keine Rolle, obwohl es bereits viele Testversuche von Anbietern gab.

Miro Morczinek

Miro Morczinek, zanox, Regional Managing Director DACH

Bei vielen Gesprächen mit unseren großen und erfahrenen Topkunden stellen wir fest, dass derzeit ein großes Interesse an der Analyse ihrer Customer Journey existiert. Dieses Interesse befindet sich aber bei allen Kunden noch im Experimentier- und Teststadium. Dabei geht es auch darum, die verschiedenen Modelle und Ansätze der Customer-Journey-Analyse zu prüfen und gegenüberzustellen, denn von einer Standardisierung sind wir hier noch sehr weit entfernt. So erleben wir gleichzeitig, dass die Bereitschaft im Markt, aus der Analyse auch konkrete Vergütungsmodelle für eine geteilte Ausschüttung der Provision auf mehrere Touchpoints zu entwickeln, sehr gering ist. Hierfür gibt es derzeit schlichtweg noch keine hinreichend belastbaren Datenmodelle, die erlauben, einer ohnehin schon komplexen Vergütungslogik eine zusätzliche Komplexität hinzuzufügen. Deshalb beobachten wir bei zanox die aktuellen technologischen Entwicklungen auf dem Markt ganz genau, analysieren diese in Hinblick auf den tatsächlich messbaren Nutzen für unsere Kunden und reagieren auf echte Fortschritte sofort.

Das Last-Cookie-wins-Prinzip unterliegt bereits heute bei allen über zanox gemessenen Transaktionen einer Vielzahl von Einschränkungen, die unseren Advertisern die Möglichkeit geben, gezielt auf die Erkenntnisse ihrer Customer-Journey-Analysen zu reagieren. Mit der Deduplizierung aller Online-Marketing-Kanäle, der Festlegung unterschiedlicher Cookie-Hierarchien, der Bestimmung unterschiedlicher Cookie-Laufzeiten sowie der Einführung kanalspezifischer Konditionsmodelle bieten wir den Advertisern im Netzwerk von zanox ein umfangreiches Instrumentarium, Learnings aus Customer-Journey-Analysen in aktive Vertriebssteuerung umzusetzen.“

Über den Autor/die Autorin:

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