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PERFORMANCE

Optimierung entlang der Customer-Journey

Tobias Kiessling, 24. April 2012

Der Weg des Kunden vom ersten Touchpoint bis zur Conversion, die Customer Journey, ist eines der Topthemen in der Online-Branche 2012. Wie kann man diese Reise am besten erfassen und bewerten? Welche Wechselwirkungen gibt es zwischen den Kanälen und wie kann dieses Wissen genutzt werden, um Marketingstrategien und Budgetverteilung zu optimieren?

Die richtige Kanalgewichtung

Wenn im Fußball ein Tor fällt, so wird es statistisch ausschließlich dem Torschützen zugeschrieben. Doch welchen Anteil haben Passgeber und das gesamte Team? Wer ist der wertvollste Spieler? Bei der Bewertung einzelner Online-Marketing-Kanäle und Touchpoints ist die richtige Zuordnung von Conversions und Umsätzen eine zentrale Fragestellung. Lange Zeit galt hier die Maxime: Allein der „Torschütze”, also der letzte Touchpoint vor der Conversion, wird berücksichtigt und bekommt die vollen 100 % zugeschrieben. Alle vorherigen Touchpoints blieben unberücksichtigt (Last Click Wins). Experten schätzen, dass durch dieses Attributionsprinzip jährlich Hunderte von Millionen Dollar in den Sand gesetzt werden.  In der Online-Branche herrscht weitestgehend Konsens, dass weder dem letzten (Last Click Wins) noch dem ersten (First Click Wins) Touchpoint der alleinige Anteil der Conversion zugeschrieben werden sollte.

Daher gehen moderne Methoden dazu über, das Tor mehr als Mannschaftsleistung zu sehen, denn eine User Journey ist von ihren einzelnen Kontaktpunkten geprägt und nicht nur vom letzten. Doch wie kann eine faire „Mannschaftsbewertung“ konkret aussehen? Im Folgenden werden alternative Modelle der Zuordnung vorgestellt:

Cross Channel Attribution
Bei dieser Art der Zuordnung werden neben den Online-Touchpoints auch Offline-Marketingkanäle in die Gesamtgewichtung mit einbezogen. Der Trainer, der Pressesprecher, der Physiotherapeut – sie stehen zwar nicht selbst auf dem Platz, doch außerhalb des Spielfeldes ist ihr Einfluss mitentscheidend für die Leistung der Mannschaft. Im Online-Marketing können Offline-Touchpoints z. B. durch unterschiedliche Rabattcodes je Offline-Werbemittel mit in die Customer-Journey-Analyse einbezogen werden. Zudem können auch Telefonanrufe, die durch Google-AdWords-Anzeigen ausgelöst wurden, mit einem speziellen Telefon-Tracking erfasst werden.

Komplexe Regeln mit Ausnahmen
Weiterhin ist es möglich, individuelle, meist sehr komplexe Regeln für die Attribution zu formulieren. Mithilfe von Machine-Learning-Algorithmen wird hierbei versucht, gewisse Muster in der Datenmenge zu finden, um Regeln zu definieren. So kann ein bestimmter Kanal, wenn dieser in einem festgelegten Schema auftaucht, immer ignoriert oder nach einer bestimmten Regel bewertet werden.

Engagementfaktor
Ein weiterer KPI für die Bewertung eines Kanals kann der Faktor Engagement sein. So spricht eine lange Verweildauer z. B. für eine positive Verbindung zwischen dem zuletzt geklickten Werbemittel und der Zielseite und wird daher aufgewertet. Wenn ein User die Website nach dem Klick-in sofort wieder verlässt (hohe Bounce Rate), erhält der Touchpoint hingegen eine geringere Bewertung.

Klicks vs. Impressions
Parallel zu den vorgestellten Modellen kann auch eine unterschiedliche Gewichtung von Klicks und Views erfolgen. Bisher gibt es nur wenige Tracking-Anbieter, die Post Views innerhalb der Customer Journey abbilden.

Zeitfaktor
Ebenso kann der Faktor Zeit mit den anderen Modellen kombiniert werden. So hat ein Klick direkt vor einer stattfindenden Conversion einen stärkeren Einfluss als eine Banner-Impression eine Woche zuvor.

Incremental Attribution
Im Gegensatz zu den anderen Modellen orientiert sich das Incremental-Zuordnungsmodell nicht an festen Regeln, sondern der User und sein aktuelles Stadium im Kaufentscheidungsprozess stehen hier im Mittelpunkt, wie im folgenden Abschnitt herausgestellt wird.

Grafik: intelliAd Media

Attribution und Userverhalten

Das Verhalten des Users und seine jeweilige Position in der Customer Journey stellen wertvolle Informationen für Werbungtreibende dar. Analog zum klassischen AIDA-Modell kann sich ein User dabei in drei verschiedenen Phasen befinden:

  • In der Informational-Phase betreibt ein User erste Recherche zu einem Thema.
  • In einem häufig darauf aufbauenden Stadium geht der User zu einer Navigational-Suche über. Diese ist sehr marken- oder personenbezogen und der User sucht häufig nach einer ganz bestimmten Website.
  • Bei einer* Transactional*-Suche, der dritten Stufe, ist bereits eine gewisse Kaufabsicht abzuleiten.

Jüngste Untersuchungen dazu haben ergeben, dass sich beim Übergang von einer Informational- zu einer Navigational-Suche die Conversion-Wahrscheinlichkeit dieses Users um den Faktor 16 erhöht.  Wenn sich der User also in der zweiten Phase befindet, kann er durch zielgerichtete Werbemittel zum Kauf bewegt werden.

Für eine optimale Budgetallokation sollte der User idealerweise entsprechend seinem Status im Kaufzyklus mit passenden Werbemitteln angesprochen werden. Die richtige Message zum richtigen Zeitpunkt (z. B. Treuebonus bei Wiederkauf) kann Conversion Rate und Umsatz positiv beeinflussen. Vorsicht jedoch bei Gutscheinjägern: Steht ein User kurz vor Kaufabschluss, sucht aber kurzfristig noch nach Rabatten, stellt sich die Frage, welchen Mehrwert im „Spielaufbau“ das Gutscheinportal (häufig Couponing Affiliates) tatsächlich hatte.

Einhergehend mit der Fokussierung auf den Kunden setzt sich verstärkt der Customer Lifetime Value (CLV) gegenüber dem CPO als Erfolgskennzahl durch. Hierbei geht es um den Deckungsbeitrag, den ein Benutzer über die gesamte Dauer der Geschäftsbeziehung realisiert. Sowohl die Conversions der Vergangenheit als auch das zukünftige Kundenpotenzial werden für diesen Wert mit eingerechnet.

Fazit

Es ist davon auszugehen, dass sich die Möglichkeiten einer granularen Attribution in der Zukunft weiter verfeinern. Gerade das Einbeziehen der Impressions in die Analyse der Customer Journey ist ein großer Schritt vorwärts, denn lange Zeit war es technisch nicht möglich, den wahren Branding-Effekt von Display-Werbung zu messen. Ein kanalübergeifendes Tracking, welches die Daten bündelt und aggregiert, kann helfen, Synergie- und Crosschannel-Effekte zu erkennen. Um abschätzen zu können, welches Werbemittel wann Sinn macht, lohnt es sich, das Stadium des Users im Kaufentscheidungsprozess zu analysieren. Ziel ist es, jeden Marketing-Channel gemäß seiner tatsächlichen Wertschöpfung zu bewerten und das zur Verfügung stehende Budget möglichst effizient einzusetzen. Die optimale Budgetallokation kann dabei durch automatische Systeme wie Bid Management oder Realtime Bidding unterstützt werden.

Bild Tobias Kiessling Über den Autor/die Autorin:

Tobias Kiessling ist CTO und Mitbegründer der intelliAd Media GmbH, Spezialist im Bereich Multichannel-Tracking und Bid-Management. Seine Schwerpunkte sind Attribution-Modelle und intelligente Bietalgorithmen.

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