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VIDEO

Crossmediales Video Advertising – Multi-Screen-Dilemma oder Werbechance?

Karsten Zunke, 14. November 2024
Bild: Maxim Hopman – Unsplash

Wer die Wahl hat, hat die Qual: Das gilt auch und insbesondere, wenn für eine Video-Kampagne die passenden Kanäle identifiziert werden müssen. Bewegtbild hat sich zu einem der meistgenutzten Formate im Netz entwickelt, gleichzeitig nimmt die Vielfalt der Kanäle weiter zu. Ehemals analoge Kanäle werden digitalisiert und stehen für digitale Werbung zur Verfügung. Lineares TV, Connected TV (CTV) und seine Streaming-Portale, Mobile und seine Social Media, In- und Outstream-Videos in verschiedenen Ausprägungen auf Desktop- und mobilen Geräten, bewegtes Digital-Out-of-Home und nicht zuletzt die unterschiedlichen Apps und Browser quer durch die Devices: Das Bewegtbild-Advertising ist in einer Multi-Screen-Welt angekommen.

Bild: Groupm Simon Rogalski, Groupm

Bei der Groupm werden die Veränderungen im Bewegtbildmarkt begrüßt, man sieht hier weniger ein Dilemma als vielmehr eine riesige Chance, alle Zielgruppen in dem jeweils präferierten Medium anzusprechen. Unter anderem ist es der Agentur möglich, mit den TV-Wenigsehern in ähnlicher Qualität auf dem Big Screen in Kontakt zu treten. „Die Öffnung der amerikanischen Streamingdienste für Werbung war der letzte notwendige Schritt, um eine tatsächlich vollumfängliche Zielgruppenansprache realisieren zu können“, sagt Simon Rogalski, Director Video Planning bei Groupm.

Digitales Bewegtbild: An CTV führt kein Weg vorbei

Bild: JOM Sara Kristjansdottir, JOM

Grundsätzlich können die verschiedenen Bewegtbild-Kanäle für unterschiedliche Marketing-Ziele eingesetzt werden. „Auf welches Ziel ein Kanal einzahlt, ist immer individuell und sowohl von der Zielgruppe als auch vom jeweiligen Produkt oder Segment abhängig“, sagt Sara Kristjansdottir, Teamlead Digital Media Consulting der JOM Group. Für eine erfolgreiche Mediastrategie sei es daher zuerst einmal wichtig, den betreffenden Markt und die Mediennutzung der Zielgruppe zu analysieren.

Wenn es zum Beispiel darum geht, Awareness für eine Marke oder ein Produkt zu generieren, gilt eine Lean-Back-Nutzungssituation als vorteilhaft. Da die Größe des Screens die Werbewirkung beeinflusst, eignen sich Kristjansdottir zufolge dafür Video-on-Demand (VoD) oder lineares TV. Aber auch in der digitalen Bewegtbildkommunikation sollte der Expertin zufolge der Big Screen zunehmend in den Fokus gerückt werden. „Im Rahmen von digitalem Bewegtbild führt derzeit kein Weg an CTV vorbei“, sagt Kristjansdottir. Nicht nur wegen der steigenden Reichweiten, sondern auch aufgrund der hohen Sichtbarkeit und Werbewirkung – welche unter anderem in der Screenforce-Studie „Into the Wild“ aus diesem Jahr bestätigt wurde.

Großer Bildschirm, große Wirkung

Bild: Effektkommunikation Thilo Swoboda, Effektkommunikation

Ins gleiche Horn stößt Thilo Swoboda, Inhaber von Effektkommunikation: „Bewegtbildwerbung sollte immer zuerst vom Big Screen her gedacht werden. Hier ist die Wirkung – also Leistung – nachweislich am größten.“ Das lineare TV ist den Erfahrungen des Experten zufolge für die meisten Kampagnen trotz teils signifikanter Reichweitenverluste in den letzten Jahren die erste Wahl. „Man darf nach wie vor nicht die hohen absoluten TV-Nutzerzahlen im Vergleich zu anderen Kanälen übersehen“, so Swoboda.

Handelt es sich um jüngere oder spitze Zielgruppen, empfiehlt der Berater, TV-Sender und Umfelder sehr selektiv auszuwählen – auch über BVOD (Broadcast Video-on-Demand). Ebenso sollte der Einsatz weiterer Kanäle wie Youtube, Instagram, Twitch oder auch Netflix und Prime Video in Betracht gezogen werden.

Awareness: Kreation an die Plattformen anpassen

Generell raten Branchenkenner dazu, bei der Kanalwahl für Video-Kampagnen sowohl das Mediennutzungsverhalten als auch die Ziele fest im Blick zu haben. Darüber hinaus gilt das Alter als ein guter Indikator, um Kanäle auszuwählen beziehungsweise, um sie im Kampagnenmix entsprechend zu gewichten. „Auch Kanäle wie Tiktok können Awareness erzeugen und Emotionen vermitteln, insbesondere bei der jüngeren Zielgruppe“, sagt Kristjansdottir. Hierbei müsse lediglich berücksichtigt werden, dass die Kreation an die jeweilige Plattform und Zielgruppe angepasst wird.

Wenn das Ziel dagegen Performance in Form von Engagement oder Conversions ist, sind der Expertin zufolge Social-Media-Kanäle wie Instagram, Tiktok oder Youtube prädestiniert, da Nutzer:innen auf diesen Plattformen die Möglichkeit haben, direkt mit dem Spot zu interagieren, weitere Informationen abzurufen oder einen direkten Kauf zu tätigen.

Kanalkombinationen: Am Basiskanal orientieren

Die richtigen Kanäle zu wählen, ist eine Herausforderung. Sie im Rahmen einer Kampagne clever und nutzbringend miteinander zu kombinieren, ist die Königsdisziplin. Doch welche Kanalkombinationen sind sinnvoll? „Das richtet sich nach dem Basiskanal, für den man sich entschieden hat“, sagt Swoboda. In der Regel sollte das der Kanal mit der höchsten absoluten Reichweite via Big Screen in der Zielgruppe sein. Anschließend sei zu prüfen, welcher Kanal dazu am meisten zusätzliche Reichweite und besonders wirksame Werbekontakte ergänzt. Bei der Reichweite kann laut Swoboda ein Blick auf DOOH sinnvoll sein. Und bei wirksamen Kontakten hat er einen klaren Favoriten: Kino.

Public Video: Bewegtbildwerbung auf dem Big-Big-Screen

Während man Kino schon lange Zeit als Bewegtbildkanal kennt – es ist quasi das Urgestein aller Bewegtbildkanäle –, ist Digital-Out-Of-Home (DOOH) ein Youngster in Sachen Video-Werbung. Die Außenwerbung, die mit analogen Papierplakaten begann, hat sich zu einem bunten, digitalen und programmatisch aussteuerbaren Werbekanal gemausert, der Bewegtbild im Extrem-Format präsentieren kann. DOOH wirkt als Reichweitenmedium und kann aufgrund seines One-to-Many-Charakters sogar einen Beitrag dazu leisten, Mediapläne grüner zu gestalten und die Kohlendioxid-Emissionen von Werbekampagnen zu senken. Über DOOH lassen sich Kampagne dynamisch ausspielen – entweder flächendeckend als Reichweiten-Booster oder selektiv zur zielsicheren Kommunikation. Beim Außenvermarkter Ströer spricht man in diesem Zusammenhang von Public Video. In Städten ab 100.000 Einwohnern bietet das Public-Video-Netzwerk des Außenwerbers eine 100-prozentige Abdeckung. Insgesamt erzielt es eine Nettoreichweite von 65 Prozent in Deutschland – und das komplette digitale OOH-Inventar des Vermarkters ist programmatisch buchbar.

Mit DOOH Leistungslücken von TV-Kampagnen schließen

Bild: Raimar von Wienskowski Andreas Heintze, Ströer / Bild: Raimar von Wienskowski

„Werbungtreibende sehen sich mit einem sehr volatilen Werbedruck nach geografischen Gesichtspunkten konfrontiert. DOOH funktioniert vor diesem Hintergrund hervorragend als crossmediale Verlängerung zu TV, Audio, Social Media und Mobile“, sagt Andreas Heintze, SVP Public Video bei Ströer. Public-Video-Kampagnen können dafür beispielsweise auf Basis geografischer TV-Kampagnen-Daten ausgesteuert werden und Leistungslücken von TV-Kampagnen schließen. Ströer arbeitet dafür mit AEOS (All eyes on screens, ehemals Adscanner) zusammen. Heintze ist überzeugt: „Mit seinem granularen, regionalen Targeting kann Public Video die klassischen TV-Pläne verbessern und als konvergenter Medienkanal genutzt werden.“ Public Video erweitert aber auch Mobile Media: Während die Public-Video-Kampagne das Publikum schnell erreicht und auf die Marke oder das Produkt aufmerksam macht, ermöglicht die Ausspielung auf mobile Endgeräte, sofort mit diesen Konsumenten zu interagieren.

Viele Kanäle kombinieren, aber Überschneidungen vermeiden

Wer verschiedene Bewegtbild-Kanäle clever miteinander verknüpft, erhält für seine Kampagnen mehr Reichweite und verstärkt in der Regel auch ihre Wirkung. „Grundsätzlich können und sollten möglichst viele Kanäle miteinander kombiniert werden, da der Bewegtbildmarkt insgesamt sehr stark fragmentiert ist – linear wie auch digital. Entscheidend ist nur, dass die Überschneidungen durch eine smarte Auswahl minimiert werden“, sagt Video-Planungs-Experte Rogalski. Da sich die TV-Sender eher älter positionieren und sich die Nutzung der jüngeren Zielgruppen in Richtung CTV verlagert hat, ist nach Ansicht von Rogalski eine ganzheitliche Bewegtbildplanung elementar, um alle Alterssegmente innerhalb einer breiten Zielgruppe anzusprechen.

Um die Bewegtbildkampagnen übergreifend effektiv auszusteuern, muss die Kanal- beziehungsweise Plattformauswahl möglichst datenbasiert und zielgerichtet erfolgen. Die Groupm greift hierbei beispielsweise auf eigene Studien und Vermarkterdaten zurück, die dann mithilfe eigener Tools genutzt werden, um unter Berücksichtigung der Überschneidungswahrscheinlichkeiten einen effektiven Plan zu erstellen. „Grundsätzlich hoffen wir, dass es schnellstmöglich eine standardisierte und unabhängige Marktlösung gibt, die allen Teilnehmern zur Verfügung steht und insbesondere sämtliche relevanten Bewegtbildplattformen abbildet“, sagt Rogalski. Dies führe zu mehr Transparenz und Akzeptanz – so wie es auch bei der linearen TV-Messmethodik der Fall ist. „Positiv bewerten wir die aktuellen Projekte der AGF, wie beispielsweise die Kooperation mit Utiq.”

Lineares TV: noch immer wichtig, aber…

In Anbetracht der großen Kanal-Vielfalt und der neuen Bedeutung des digitalisierten Big Screens stellt sich abschließend die Frage, ob Bewegtbildkommunikation überhaupt noch die großen TV-Kampagnen benötigt. Dazu lässt sich ohne einen Blick auf das jeweilige Ziel und die Zielgruppe keine allgemeingültige Antwort finden. „Für eine Awareness-Kampagne, die die über 50-Jährigen erreichen soll, lautet die Antwort sehr wahrscheinlich: ja“, sagt Media-Expertin Kristjansdottir. „Sprechen wir dagegen von der Zielgruppe zwischen 18 und 25 Jahren, braucht es eher keine große TV-Kampagne.“

Denn obwohl lineares TV noch immer seine Daseinsberechtigung hat und insbesondere national agierenden Werbetreibenden schnellen Reichweitenaufbau mit einem vergleichsweise unkomplizierten Handling ermöglicht, hat es doch an Dominanz eingebüßt. Nach Einschätzung von Kristjansdottir liegt dies an dem schnellen Wachstum der Video-on-Demand-Angebote, vor allem in den jüngeren Zielgruppen. So hat in der Zielgruppe der 18- bis 39-Jährigen Streaming bereits die Nutzung von linearem TV überholt, sodass sich hier neue Potenziale für Werbetreibende ergeben. „Unter Berücksichtigung des Mediennutzungsverhaltens kann eine Bewegtbildplanung in vielen Zielgruppen also mittlerweile ohne große TV-Kampagnen auskommen.“

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