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Pur-Modelle, KI und IDs als Post-Cookie-Rettungsanker für Publisher

Heiko Staab, 22. November 2023
Bild: Regine Tholen – Unsplash

Das Ende von 2023 ist in greifbarer Nähe und damit auch der lang angekündigte Wegfall des Third-Party-Cookies im Laufe von 2024. Noch dazu nimmt KI einen immer größeren Stellenwert in der digitalen Welt ein. Wir sehen für Publisher eine Zeitenwende heranrollen, die nicht nur Herausforderungen, sondern auch neue Chancen bietet. Ein Kommentar.

Herausforderungen einer krümellosen Welt

Die wohl größte Herausforderung beim Wegfall des Cookies stellt der scheinbare Verlust der Targeting-Möglichkeiten dar. Ohne die bisherige Datenbasis wird es schwieriger, relevante Anzeigen zu schalten, was die Monetarisierung beeinträchtigen kann. Publisher müssen daher dringend alternative Methoden zur Identifizierung und Verfolgung von Konsument:innen entwickeln.

Vom Vertrauensverlust zum -gewinn

Der von Google betriebene Aufwand zum Wegfall des Cookies basiert vor allem auf dem Vertrauensverlust seitens der Nutzer:innen. In den letzten Jahren hat das Vertrauen eindeutig gelitten und User:innen wurden der Werbung überdrüssig. Schon die erste Welle der Adblocker hat Publishern einen Dämpfer in der Monetarisierung gegeben und das hätte ein Warnsignal sein sollen. Daher sind wir überzeugt, dass jegliche neue Maßnahmen jetzt klar die Nutzer:innen in den Fokus nehmen und aus dieser Perspektive heraus entwickelt werden müssen.

Alternativen suchen mit der Nutzerbrille

Publisher müssen mit der Nutzerbrille auf der Nase nach Alternativen suchen, um Werbetreibenden und Marken dennoch die Möglichkeit zu bieten, ihre Zielgruppen effektiv anzusprechen. Dazu gehören Technologien wie Contextual Targeting, Verhaltensdaten, Kooperationen mit anderen Publishern und vermutlich fast an erster Stelle die Entwicklung eigener Datenlösungen.

Publisher werden demnach verstärkt auf First-Party-Daten angewiesen sein, um ihre Zielgruppen besser zu verstehen. Dies erfordert die Sammlung und Nutzung von Daten, die direkt von den Nutzenden selbst stammen. In dieser Herausforderung sehen wir aber auch eine Chance für Publisher, wenn diese ihre Rolle als Inhaber von First Party Data annehmen und sie geschickt umsetzen.

Denn die beste First-Party-Data-Sammlung bringt nichts, wenn diese für Werbekunden nicht skalierbar einsetzbar ist. Und nur wenn die Einheitlichkeit der gesammelten Daten in einem größeren Ökosystem gewährleistet ist, bergen diese Daten auch einen Mehrwert. Individuelle Dinge erfordern immer einen individuellen Vertriebskanal und einen entsprechenden Abnehmer. Kann das nicht sichergestellt werden, ist die beste Lösung unter Umständen erfolglos beziehungsweise steht der betriebene Aufwand in keinem Verhältnis zum Nutzen.

Vom Handel lernen

Publisher haben diese wertvollen First-Party-Daten, die sie in die Waagschale werfen können. Aber oftmals fehlt es bisher intern an der Expertise und den Ressourcen, diese Daten aufzubereiten und zu nutzen. Einige Retailer haben den Rollenwechsel vom reinen Advertiser zusätzlich hin zum Anbieter von Werbeplätzen schon vollzogen und im Rahmen von Retail Media die Hoheit über ihre Daten erkannt. Sie nutzen diese nun, um gezielter Werbung auf ihren Plattformen auszuspielen. Auch Publisher erhalten durch den Consent der Nutzer:innen wertvolle Daten. Mit dem Aufbau von Daten-Teams und/oder Partnern, die sich hier auskennen, können Publisher das Gap zwischen Third- und First-Party-Cookies auffangen.

Einverständnis als vertrauensbildende Maßnahme

Um Konsument:innen die freie Wahl beim Tracking zu lassen und den Werbekonsum auf eine freiwillige Basis zu stellen, wurden Pur-Modelle entwickelt. Nutzer:innen wird so die Möglichkeit gegeben, zwischen dem datenschutzkonformen Tracking der eigenen Daten oder einem bezahlten Konsum von Inhalten zu wählen.

Im Kontext des Schutzes der persönlichen Daten ermöglichen Pur-Modelle Einzelpersonen, selbstbestimmte Entscheidungen bezüglich der Verwendung ihrer eigenen Daten zu treffen. Durch den Pur-Ansatz gelingt es, die Interessen und Bedürfnisse der Nutzer:innen mit den wirtschaftlichen Anforderungen von Publishern in Einklang zu bringen.

Wir sind überzeugt, dass eben solche Modelle, die auch Publisher-übergreifend angewendet werden können, der Weg in eine einvernehmliche, mit den Nutzer:innen gestaltete Zukunft sind.

Neue datenschutzkonforme IDs

Es gibt schon jetzt Lösungen, die Publishern nach dem Cookie zumindest eine Perspektive versprechen. Aus unserer Sicht stellt hier Utiq, der Zusammenschluss der Telekommunikationsanbieter Deutsche Telekom AG, Orange SA, Telefónica S.A. und Vodafone Group plc, mit ihrem innovativen ID-basierten Consent-Service die derzeit klar ausgereifteste Lösung dar, um unseren Publishern auch ohne Cookies und unter Berücksichtigung aller europäischer Datenschutzanforderungen eine bestmögliche Monetarisierung ihrer Inhalte und die Mehrwerte für die On-Site-Optimierung (auch ohne fixen Login) zu gewähren. Gleichzeitig gelingt es, auch den Endkonsument:innen maximale Transparenz und Entscheidungshoheit zu bieten.

Hier zeigt sich ebenfalls, dass sich der Zusammenschluss von Marktteilnehmern für ein neues Open Web lohnt und Innovationen hervorbringt, die wir in der Zeit nach dem Cookie benötigen. Eine Publisher-übergreifende ID zu entwickeln und hier gemeinsam an einer Lösung zu arbeiten, wäre ein weiterer Meilenstein innerhalb einer Cookieless Future.

KI: Schutzwälle fallen lassen und Expertise aufbauen

Doch neben dem Wegfall des Cookies klopft schon die nächste große Herausforderung an die Tür: KI. Aber auch diese birgt aus unserer Sicht große Chancen für Publisher.

Künstliche Intelligenz wächst derzeit ebenso schnell wie deren Einsatzfelder, und niemand kann beantworten, wie das Zusammenspiel zwischen Publishern und KI-Plattformen künftig aussehen wird. Wir sind der Überzeugung, dass Verlage gut beraten sind, sich jetzt Expertise aufzubauen, um diese Chance auch als treibende Kraft zu nutzen und nicht nur reaktiv handeln zu können. Die Frage sollte sein, wie KI dazu genutzt werden kann, das Engagement der Leser:innen innerhalb der Seiten zu steigern. Es gilt, KI in die Redaktionsprozesse zu integrieren und zu verstehen, wie die Nutzung der Vorteile, zum Beispiel für die Erstellung von Inhalten und zur Inspiration, bei gleichbleibender Qualität und Integrität gelingen kann.

Insgesamt steht fest: Um diese Fragen beantworten und die Herausforderungen meistern zu können, müssen Verlage in die Entwicklung und Implementierung von KI-Tools und Daten-Teams investieren. Nur so können sie zukunftsfähig sein, weiterhin bestehen und selbst Innovationstreiber statt -gejagter sein.

Tech Finder Unternehmen im Artikel

Bild Heiko Staab Über den Autor/die Autorin:

Heiko Staab ist Co-Founder der Traffective-Plattform und strategischer Kopf der Traffective GmbH. Als Director Business Development & Master of Strategy sorgt er für die zukunftsweisende Ausrichtung der Plattform und treibt die Weiterentwicklung der auf hochwertiges Publishing-Inventar spezialisierten Services voran. Mit seiner langjährigen Expertise unterstützt der Techfluencer und Vordenker das Team sowie die Kunden in allen zukunftsweisenden Fragen rund um Programmatic Advertising.

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