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Anomaly Detection als Instrument für Media Operations

Lucas Roosen, 11. Mai 2023
Bild: Mulyadi – Unsplash

Der digitale Werbemarkt hat in den letzten Jahren ein unglaubliches Wachstum erlebt und ist zu einem wichtigen Bestandteil des globalen Wirtschaftssystems geworden. Dieses Wachstum ist sowohl in der Verschiebung von analog zu digital als auch in der programmatischen Aussteuerung von Kanälen wie Digital-Out-of-Home, Audio, TV und Print begründet – und noch lange nicht am Ende.

Die Ambivalenz des Wachstums

Digitale Marketer:innen und alle Partizipierenden des programmatischen Ökosystems sind sehr erfreut über diese Entwicklungen. Allerdings sind mit eben jenem Wachstum auch neue Herausforderungen und Risiken verbunden, insbesondere im Hinblick auf Anomalien, die die Integrität der Werbeindustrie beeinträchtigen können.

Anomalien, oder auch Ausreißer (engl. Outliers), sind ungewöhnliche oder abnormale Ereignisse in Datenströmen. Sie können aufgrund von technischen oder menschlichen Fehlern im Set-up oder im Lebenszyklus einer Kampagne auftreten und schnell zu Overspends oder verschwendetem Budget führen.

Das Zusammenspiel des rapiden Wachstums der Budgets und die Integration klassischer Kanäle in das programmatische Ökosystem fördert das Entstehen kostspieliger Anomalien. Hinzu kommt, dass der Workload digitaler Units steigt, der Job der Mediamanager:innen immer technischer wird, aber digitale Experten rar bleiben. Aus diesem Grund bedarf es alternativer Lösungsansätze, um die steigende Nachfrage nach digitalen Ressourcen mit ausreichend Kapazitäten zu decken.

Softwarebasierte Antworten auf den Fachkräftemangel werden benötigt

Der Fachkräftemangel ist eine branchenübergreifende, gesellschaftliche Herausforderung, die unter anderem mit dem demografischen Wandel begründet wird. Vor allem in digitalen Berufen ist es ein Problem, Nachwuchskräfte zu finden. Laut dem Institut für deutsche Wirtschaft werden bis 2026 über 106.000 Arbeitskräfte in digitalen Berufen fehlen. Neben den technischen Herausforderungen ist dies eine der Hauptprobleme des digitalen Marketings.

Besonders von dieser “Talent Shortage” betroffen sind die Kanäle, die in den letzten Jahren ein rasantes Wachstum erlebt haben und es perspektivisch auch in den nächsten Jahren erleben werden. Die holistische, digitale Realisierung des Mediamixes hat zur Folge, dass die Nachfrage nach Spezialisten in SEM/SEO, Paid Social und Programmatic auf natürliche Weise steigt.

Softwarebasierte Lösungen wirken dem Fachkräftemangel entgegen, indem sie einen effizienteren Ressourceneinsatz ermöglichen, sowohl zeitlich als auch monetär. So ist der Fachkräftemangel in der digitalen Werbebranche nicht nur als Herausforderung, sondern auch als Chance für Softwarelösungen zu begreifen, da sie die gesamte Wertschöpfungskette der Kampagnenrealisierung entlasten. Andernfalls wird der Fachkräftemangel zur Ursache für ein vervielfachtes Risiko für die Entstehung von Anomalien im digitalen Kampagnenmanagement, aufgrund von Fehl- oder Unterbesetzung.

Folgen durch Anomalien und ihre Ursachen

Menschliche Fehler und technische Hürden sind ursächlich für eine Vielzahl von Overspends, Abweichungen von Media-Standards und andere Anomalien in der Realisierung von Kampagnen.

Im Media-Buying des digitalen Ökosystems können diese erheblichen Auswirkungen auf das Ergebnis einer Kampagne haben, einschließlich:

  • Verlust von Budget und Ressourcen: Wenn Kampagnen falsch platziert oder qualitativ nicht korrekt ausgeliefert werden, können Werbetreibende oder Agenturen Geld und Zeit verschwenden.
  • Schlechtes Image und Vertrauensverlust: Wenn Werbung in unpassenden oder unethischen Kontexten platziert wird, kann dies das Markenimage beeinträchtigen und das Vertrauen der Zielgruppe in das Unternehmen verringern.
  • Fehlende Transparenz: Wenn Werbetreibende und Agenturen nicht genug Informationen über den Prozess des Media-Buying erhalten oder nicht genug Einblick in die tatsächlichen Platzierungen haben (Stichwort Supply Path Optimization).
  • Geringe Wirkung der Kampagne: Wenn Anzeigen an die falsche Zielgruppe ausgeliefert oder in unpassenden Kontexten platziert werden, kann die Wirkung der Kampagne verringert werden (Brand Safety, Viewability, Position).
  • Ad Fraud: Wenn betrügerische Praktiken wie Bot-Traffic, Ad-Stacking oder Viewability Fraud eingesetzt werden, um den Werbetreibenden zu schaden, wird die Werbewirkung verringert.

Damit die beschriebenen Folgen das digitale Marketing nicht unnötigerweise belasten, ist die Anomaly Detection ein Instrument für intelligenteren Ressourceneinsatz.

Anomaly Detection in der digitalen Werbung

Anomaly Detection ist eine Methode, um ungewöhnliche Muster oder Ereignisse in Daten zu erkennen. Dies ist so weit nichts Neues: Es wird schon lange in verschiedenen Anwendungen eingesetzt, wie zum Beispiel in der Erkennung von Kreditkartenbetrug, der Erkennung von Anomalien in Industrieprozessen und der Überwachung von Netzwerken zur Erkennung von Hacker-Angriffen oder technischen Fehlfunktionen.

Durch den Transfer dieser Technologie können Werbetreibende und Werbenetzwerke solche unerwünschten Aktivitäten identifizieren und Maßnahmen ergreifen, um sie zu minimieren oder zu verhindern. Dies trägt zur Verbesserung der Qualität von Werbekampagnen und zur Maximierung der Effizienz von Werbeausgaben bei. Anomaly Detection identifiziert nicht nur Abweichungen, sondern ist ebenso Enabler für eine höhere Qualität der Media Operations und löst zusätzlich das Vier-Augen-Prinzip technisch ab.

Neben qualitativen Aspekten ermöglicht die Technologie ebenso zeitliche Einsparungen.
Campaign Manager können schnell auf Veränderungen im Verhalten von Usern reagieren, sich gegen fehlerhafte Campaign-Setups absichern oder auf unerwartete Ereignisse antworten, ohne dass hierfür umfangreiche manuelle Analysen erforderlich sind. Zusätzlich können Zusammenhänge, die das menschliche Gehirn nicht erkennt, in Datenströmen entdeckt werden.

Abgesehen von den bereits genannten Faktoren erfüllt die Anomaly Detection weitere Zwecke:

  1. Allen voran lassen sich die historischen Daten der Kampagnen pro Advertiser in deterministische Daten übersetzen, wodurch ein Framework der Media-Buying Patterns gebildet wird. Alles, was aus diesem Framework ausbricht, kann als Anomalie identifiziert werden. Diese Pattern Recognition sichert die Werbetreibenden nicht nur ab, sondern ermöglicht eine unausweichliche Einhaltung der definierten Media-Standards.
  2. Ergänzend lassen sich Performance-Ausreißer identifizieren, sodass Anomaly Detection als Instrument zur Optimierung von Kampagnen dient. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Search, Paid Social oder Programmatic handelt – das Prinzip bleibt dasselbe. Auch Ad Fraud kann mithilfe der Technologie identifiziert werden. Gestützt von all diesen potenziellen Risiken trägt die Anomaly Detection dazu bei, das Verhältnis von Kunde und Agentur zu stärken.
  3. Des Weiteren können diese intelligenten Lösungen im Campaign Management eingesetzt werden, um auf den Fachkräftemangel softwarebasiert zu reagieren. Indem die Anomaly Detection Prozesse für die Überwachung von Marketingkampagnen und die Erkennung von Abweichungen von normalen Mustern und Verhaltensweisen automatisiert, werden beachtliche zeitliche Mittel eingespart. Agenturen und Werbetreibende können ihre Kapazitäten auf das Kundenbedürfnis verschieben und sich vermehrt mit marketingstrategischen Aufgaben befassen. Man bewegt sich ein Stück weiter weg von einem Alltag voller Auswertungen von Excel-Dateien oder Double Checks von DSPs und macht sich bestehende Technologien zunutze.

Erleichterung des Alltages durch Prozess-Automatisierung im Kampagnenmanagement

Anomaly Detection kann als ein Baustein der Automatisierung des Kampagnenmanagements verstanden werden. Allerdings bleiben die Hauptressource im digitalen Kampagnenmanagement weiterhin Mitarbeitende, die Mediaplanungstools bedienen, Kampagnen in DSPs anlegen, Reportings erstellen, Optimierungen vornehmen oder Jour Fixes wahrnehmen. Um auf die Ambivalenz des Wachstums bzw. auf das immer komplexer werdende digitale Ökosystem zu reagieren, müssen die Möglichkeiten der Automatisierung dieser Prozesse geprüft werden.

Neben der Anomaly Detection können weitere Bausteine sein, dass Mediapläne über API-Schnittstellen in die DSPs gepusht werden, um menschliche Fehlerquellen im Set-up weitestgehend zu eliminieren. Die Anomaly Detection kann dann vermehrt technische Fehler identifizieren und beispielsweise Budgets zwischen verfügbaren und ausverkauften Produkten shiften. Anomaly Detection kann polyvalent eingesetzt werden, wie zum Beispiel innerhalb von Mediaplanungstools, Adservern, DSPs und SSPs. Dadurch trägt es dazu bei, dass Mediaschaffende dem steigenden Workload und parallel der Notwendigkeit der Effizienz gerecht werden.

Bild Lucas Roosen Über den Autor/die Autorin:

Lucas Roosen ist Product Expert Programmatic bei adnomaly technologies GmbH. Zuvor war er in verschiedenen Positionen im Programmatic bei Publicis Media tätig. Bei adnomaly ist er dafür verantwortlich, das Produkt in der programmatischen Landschaft zu etablieren und weiterzuentwickeln. Sein Ziel ist es, die Budgetverschwendung im Programmatic zu minimieren und der digitalen Werbebranche intelligente Lösungen hinzuzufügen.

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