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PROGRAMMATIC

SPO in extremo – The Trade Desk kauft direkt bei Publishern ein

Anton Priebe, 21. Februar 2022
Bild: 35mm – Unsplash

The Trade Desk schafft eine direkte Schnittstelle zur Integration mit Publishern. Das kalifornische Adtech-Unternehmen, das sonst ausschließlich auf der Buy-Side operiert, betont jedoch, dass die Sell-Side weiterhin Tabu bleibt und keine Services wie Yield Management angeboten werden. Es gehe bei “Openpath” nur um Transparenz und Gewinnmaximierung für Advertiser und Publisher.

“Openpath stellt sicher, dass Werbetreibende transparenten und objektiven Zugang zum allerbesten digitalen Werbeinventar erhalten und startet mit vielen Top-Anlaufstellen für Journalismus weltweit”, meint Jeff Green, Co-Founder, Chairman und CEO von The Trade Desk. Unter den ersten Anwendern der Technologie befinden sich unter anderem Reuters und The Washington Post. Green beteuert weiter: “The Trade Desk betritt nicht die Angebotsseite der digitalen Werbung. Openpath bietet Publishern direkten Zugriff auf die Nachfrage von Werbetreibenden und die Möglichkeit, ihre bestehenden Yield-Management-Tools und -Partner weiterhin zu nutzen.”

Keine Umwege über SSPs – auch Google muss Federn lassen

Bild: The Trade Desk Sven Hagemeier, The Trade Desk

The Trade Desk baut also der eigenen Auffassung nach keine Supply-Side-Technologie, sondern treibt nur die sogenannte Supply-Path-Optimierung (SPO) auf die Spitze. Als großer SPO-Verfechter versucht das Unternehmen schon lange mehr Transparenz in die programmatische Lieferkette zu bringen. “Wir setzen uns seit jeher für eine effiziente Supply Chain im offenen Internet ein – das heißt dafür, dass die Kette zwischen Werbetreibendem und Publisher so transparent und effizient wie möglich ist, und nur Spieler beteiligt sind, die mehr Wert schaffen, als sie herausziehen”, erklärt Sven Hagemeier, Director Inventory Partnerships bei The Trade Desk, auf Nachfrage.

“Dazu gehört auch unser gleichzeitig angekündigter Schritt, in Zukunft nicht mehr über Googles Header Bidding Lösung namens Open Bidding einzukaufen.” Dies sei ein oftmals undurchsichtiger, extra Schritt zwischen Werbetreibendem und Publisher gewesen, der zudem noch einen Aufschlag koste. Mitte April soll damit Schluss sein. “Mit diesem Schritt werden wir also mehr über SSPs einkaufen, die einen direkten Zugang zu Publishern haben, und damit wird mehr Geld beim Publisher landen, der so die Produktion seiner hochwertigen Inhalte finanzieren kann.” Über Googles Ad Exchange werde aber weiterhin eingekauft, heißt es.

Warum und wie Publisher Openpath integrieren

Ein direkter Weg zum Inventar klingt für Werbetreibende natürlich verlockend, aber was hat der Publisher davon? “Grundsätzlich bieten wir mit Openpath eine zusätzliche Option für Publisher, ihr Inventar zu monetarisieren”, erklärt Hagemeier. “Der Publisher hat hierdurch direkten Zugriff auf den Demand unserer Kunden, ohne weitere Mittelsmänner.” Auch wenn ein Publisher Openpath integriert, kaufe die DSP weiter über andere angebundene SSPs ein.

Openpath wird beim Publisher als weitere Demand-Quelle über Prebid, den Header Bidding Wrapper, integriert. Wie bei existierenden SSP-Integrationen gibt The Trade Desk dann ein Gebot ab. “Auf der Seite von The Trade Desk wird jeder Bid Request wie über jede andere Integration evaluiert”, so Hagemeier. “The Trade Desk schickt dann ein Gebot an den Publisher. Der Publisher steuert letztlich aus, welche Kampagne ausgespielt wird beziehungsweise welches Gebot den Zuschlag erhält, um für sich die beste Monetarisierung seiner Reichweite zu garantieren. Welches Gebot von welchem Demand-Partner gewinnt und ausgespielt wird, entscheidet also weiterhin ganz allein der Publisher. Wenn wir das nicht klar trennen würden, würden wir unsere Objektivität auf der Buy-Side gefährden.“

Konfliktherde im Programmatic-Ökosystem

Dieser Interessenkonflikt mit der Angebotsseite, den The Trade Desk konsequent versucht zu entschärfen, ist definitiv ein Reibungspunkt mit den anderen Playern im Programmatic-Universum. Die SSPs sind sicherlich nicht davon begeistert, “wegoptimiert” zu werden, auch wenn sie nach Aussagen der Kalifornier weiter für Yield Management eingesetzt werden können. Außerdem wurden bei der Ankündigung vereinzelt Rufe nach neuen Walled Gardens laut. Aber die SSPs sind nicht der einzige Konfliktherd bei Openpath.

Eine ganze andere Frage ist, wie die Agenturwelt auf die Innovation reagiert. Bislang ging Supply-Path-Optimierung oftmals von ihrer Seite aus, wobei sich die Agenturen ihre eigene Strategie zurechtgelegt haben. Wenn nun ein Technologieanbieter für klare Verhältnisse sorgt, könnten sich einige Agenturen auf den Schlips getreten fühlen. Auch eventuelle Absprachen mit den SSPs könnten für Irritationen sorgen.

Es bleibt also abzuwarten, wie dieser Schritt von The Trade Desk schließlich angenommen wird und welche Konsequenzen daraus für das Programmatic-Ökosystem folgen. Die direkte Integration von DSPs mit Publishern wird schon seit Jahren diskutiert. Jetzt ist es so weit.

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