Ein Thema, das in den vergangenen Jahren und insbesondere auch 2020 viel diskutiert wurde, ist die mangelnde Transparenz in den Lieferketten des programmatischen Ökosystems. Im Zuge der Evolution der Digitalwerbung aufgrund der sogenannten “Cookiecalypse” – wie gravierend diese ausfallen mag oder auch nicht – und der finanziellen Engpässe wegen der anhaltenden Pandemie schauen alle Seiten sehr genau darauf, wer Teil der Wertschöpfung ist und welchen Beitrag dazu leistet.
Die britische ISBA-Studie aus dem Sommer, welche die Pfade untersuchte, die Gebote im programmatischen Werbeökosystem nehmen, ist mittlerweile berühmt-berüchtigt. Sie stellte fest, dass bei 15 analysierten Werbetreibenden 290 “Supply Chains” mit über 31 Millionen Impressionen zustande kamen. Bei den Publishern kamen letztlich 51 Prozent der Werbespendings an, wobei 15 Prozent der Advertiser-Ausgaben nicht wiedergefunden werden konnten und spurlos versickert sind. Die Zahlen der Studie wurden nicht ohne Kritik betrachtet, denn wie viel beim Publisher ankommt, sagt noch nichts über die Werbeleistung aus. Es fehlt eine Bezugsgröße, eine Kennzahl, um das Ergebnis einschätzen zu können. Denn falls das Advertising sehr effizient ist, könnten die restlichen 49 Prozent des Budgets vom Werbetreibenden gut investiert sein. Der programmatische Mediaeinkauf weist schließlich viele Vorteile auf.
Unterschiedliche Interessen, unklare Ziele
Das Thema Supply-Path-Optimierung (SPO) müsse differenziert werden, schreibt auch Craig Aron von Bidtellect im US-amerikanischen Branchenmagazin Ad Exchanger. Einerseits gebe es die finanzielle Optimierung, die eventuelle Zwischenhändler aus der Lieferkette werfen soll. Andererseits sei die technische Optimierung ein Aspekt, wobei der kürzeste Weg von der Bid Request der SSP zum Gebot des Advertisers im Vordergrund steht. Das gilt natürlich auch für den anschließenden Prozess, bis das Ad ausgeliefert wird. Laut Aron sind so viele bietende Teilnehmer wie möglich und die anschließende Optimierung gar nicht (mehr) nötig. Ursprünglich ist dieses System aufgrund der Zweitpreisauktionen notwendig gewesen, um eine entsprechende Dichte an Geboten zu erreichen, aber mittlerweile haben fast alle Programmatic-Technologien auf Erstpreisauktionen umgestellt. Er setzt Hoffnung in Initiativen wie Ads.txt und Sellers.json, die Transparenz in die Ketten bringen sollen.
Im Prinzip funktioniert das Programmatic Advertising doch wie folgt: Advertiser bringen ihr Geld ein und Publisher ihre Audience. Beide müssen einen Nutzen im System dazwischen sehen, sonst ergibt es keinen Sinn mehr. Allerdings sind die Interessen der beiden unterschiedlich, wobei sich darüber hinaus diverse Tech-Partner zwischen ihnen positionieren, die jeweils auch eigene Interesse verfolgen. Während Publisher und Vermarkter ihre Umsatzerlöse bei maximaler Nachfrage möglichst hochhalten wollen, streben Advertiser nach maximal effizienter Werbung im markensicheren Bereich. Tech-Anbieter hingegen wollen ebenfalls ihren Profit maximieren und das Ökosystem am Laufen erhalten, sind also zwiegespalten.
Dies zeigt viele unterschiedliche Motive und damit verknüpfte Kennzahlen, die oftmals gar nicht klar zu definieren sind. Gibt es dennoch eine gemeinsame Optimierungsebene für alle Seiten? Christoph Berg, Gründer des Beraters Mint, glaubt daran: “SPO sorgt für mehr Transparenz, sichert die Werbequalität, reduziert Fraud und demokratisiert so das gesamte Ökosystem. Natürlich verfolgt jeder Teilnehmer dabei andere Ziele, seien es beispielsweise bessere Konditionen auf Advertiser-Seite oder der bevorzugte Zugriff auf Inventar bei Agenturen. Letztendlich zahlen aber alle Bestrebungen auf ein- und dasselbe große Ziel ein: auf die Transparenz und Effizienz der programmatischen Landschaft insgesamt.“
2021 wird zeigen, inwiefern die Ziele miteinander vereinbar sind. Ekkehardt Schlottbohm, Europa-Chef von Pubmatic, ist sich jedenfalls sicher: “Die Covid-19-Pandemie schuf klare und dringende Fokusbereiche für SPO in der Branche.”
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