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STUDIEN & ANALYSEN

Werbemarktanalyse: Advertiser schalten wieder mehr Display- und Textanzeigen

Anton Priebe, 29. Juni 2020
Bild: Thisisen Gineering - Unsplash

Die Corona-Krise hat den globalen Werbemarkt hart getroffen und auch in der deutschen Werbelandschaft sichtbare Spuren hinterlassen. In unserem wöchentlichen Trendbarometer prüft ADZINE in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsunternehmen Gemius, wie die Werbeindustrie auf die neuen Rahmenbedingungen reagiert und in welchen Sektoren die Werbung hoch- bzw. runtergefahren wird.

Im heutigen Trendbarometer blicken wir auf die vierzehnte Woche, seitdem die Maßnahmen gegen die Pandemie mit dem Lockdown gleich zum Start ihren Höhepunkt erreichten. Wir untersuchen die aktuellen Entwicklungen für die hiesige Werbeindustrie und diesmal stehen die Advertiser aus dem Segment Bekleidung & Accessoires bei der tiefergehenden Analyse im Vordergrund. Um ein möglichst umfassendes Bild der Werbewelt zu erhalten, analysiert Gemius im Auftrag von ADZINE die Werbeaktivitäten aller Brands im TV, auf PC und Mobile im Rahmen des eigenen Panels. Dieses Panel besteht aus 7.000 PCs und 1.500 Smartphones, auf denen sämtliche Werbemaßnahmen registriert werden. Die Analyse umfasst sowohl Werbung im Browser, innerhalb von Apps – dies schließt auch Walled Gardens wie Facebook & Co. mit ein – als auch in TV und Radio via Sound-Erkennung durch die am Panel teilnehmenden Smartphones. Darüber hinaus kann das Mediennutzungsverhalten der Panelteilnehmer nachvollzogen werden. Ausgewiesen werden in den Grafiken neben der Nutzungszeit die Werbereichweiten und -Impressionen, also auch der erzeugte Werbedruck.

Talfahrt von TV setzt sich fort

Während die Nutzungszeiten für Mobile und PC in Deutschland nahezu unverändert hoch sind, verringert sich die Anzahl der Minuten, die vor dem Fernseher verbracht werden, von Woche zu Woche. So widmen die Panelisten mobilen Geräten weiterhin 20 Prozent mehr Zeit als im Januar und auch der PC kommt länger zum Einsatz als noch vor dem Ausbruch der Pandemie (+10 Prozent). TV konnte insbesondere angesichts des Lockdowns Zuschauer für sich gewinnen, rückt nun jedoch schrittweise weiter in den Hintergrund. In der analysierten KW 25 ist ein Minus von 21 Prozent zu beobachten, sodass die tägliche Nutzungszeit auf rund zwei Stunden sinkt. Zum Vergleich: Im März waren es noch knapp drei Stunden. Diese Veränderung ist aber sicherlich zu großen Teilen auch dem Beginn des Sommers zuzuschreiben, der die Menschen neben den Lockerungsmaßnahmen der Bundesregierung vermehrt ins Freie treibt.

Die verstärkte Nutzung von Mobile and PC gilt ebenfalls für die sogenannten Light-TV-Viewer, die deutlich weniger als eine Stunde pro Tag vor dem Fernseher verbringen. Das bedeutet, dass TV-Wenigseher (LTV) noch immer besser über Mobile (+17 Prozent) und PC (+13 Prozent) mit Video-Werbung erreicht werden können.

Videowerbung behält negativen Kurs bei, Display- und Textanzeigen legen zu

Die Reichweiten, die mit Bewegtbild aufgebaut werden, scheinen weiterhin dem allgemeinen Abwärtstrend seit Beginn des Lockdowns zu folgen. Der durchschnittliche kumulierte Gross Rating Point für alle Branchen ist in KW 25 im Vergleich zur Vorwoche erneut gesunken, wenn auch nur leicht um zwei Prozent. Mit Ausnahme des plötzlichen Anstiegs Anfang Juni um 16 Prozent, der das jetzige Niveau immerhin noch über dem aus dem April heben kann, verdeutlichen die wöchentlichen Analysen das stetige Zurückfahren der Video-Werbemaßnahmen.

So haben in dieser Erhebungswelle erneut lediglich sechs Industrien ihre Werbeaktivitäten erhöht und zehn vermindert. Die Trends in den einzelnen Industrien sind dabei relativ gleichbleibend, als Ausreißer nach oben fallen lediglich Automotive und Travel aus dem Rahmen. Die Automobilindustrie hat ihre Reichweite mit Bewegtbild im Vergleich zur Vorwoche um knapp 40 Prozent gesteigert, während die Reisebranche ein Plus von 20 Prozent verzeichnen kann. Da die Reisebeschränkungen zunehmend aufgehoben werden, wittern Advertiser aus dem Travel-Segment sicherlich jetzt ihre Chance, mit dem Start der Sommerferien kurzentschlossene Urlauber von sich zu überzeugen.

Die Anzahl der Impressions, die in KW 25 durch Display- und Textanzeigen generiert wurden, lassen hoffen. Denn nach dem wochenlangen Sinkflug steigt das Volumen erstmals seit Ende März wieder. In der vorigen Woche hatten die durchschnittlichen wöchentlichen Impressionen ihren bisherigen Tiefstand erreicht – jetzt konnten sie um 4,3 Prozent zulegen.

Bunte Mischung bei den Advertisern aus Bekleidung & Accessoires

In Lockdown-Zeiten durfte niemand shoppen gehen und auch im E-Commerce ließ Corona die allgemeine Kauflaune der Deutschen abflauen. Besonders hart davon betroffen waren unter anderem die Online-Modehändler. Noch immer ist bei einem Blick auf die Daten zu beobachten, dass die Advertiser aus dem Modebereich eher zurückhaltend werben. Umso interessanter ist es daher, einen genaueren Blick in diese Kategorie zu werfen. Gemius fasst im Segment “Clothing & Accessoires” Bekleidung, Uhren und Schmuck, Brillen, Schuhe sowie andere Textil- oder Lederwaren zusammen.

Die zwei erstgenannten Bereiche, Bekleidung sowie Uhren und Schmuck, verbuchen jeweils nahezu ein Drittel der Werbekontakte für sich, Sehhilfen kommen auf knapp 20 Prozent und Schuhe auf über 11 Prozent. Bezogen auf die GRP-Verteilung sind Schuh-Brands sowie andere Advertiser entsprechend rar in den Top 10 gesät. Auf Markenebene zeigt sich, dass die Modebranche recht konzentriert ist und die zehn größten Werbetreibenden für 40 Prozent der Reichweite verantwortlich sind. Der aktivste Advertiser ist die österreichische Marke Holzkern, die Uhren aus Holz und Stein vertreibt. Sie konnte knapp 9 Prozent der Werbekontakte für sich beanspruchen. Daneben baute Brillen.de mit 7,9 Prozent einen ähnlichen Werbedruck auf. Weitere große Advertiser in diesem Segment sind klassische Modekonzerne wie H&M, Esprit und S.Oliver, der Schmuckhändler Pandora, Optiker Mister Spex und Apollo, der niederländische Short-Spezialist Mr Marvis und Holzkern-Konkurrent Woodwatch.

Die Werbestrategien im Clothing-Sektor sind so unterschiedlich wie ihre Player. Einige Marken wie Pandora, Apollo, Mister Spex und insbesondere Mr Marvis finden nahezu ausschließlich im TV statt. Holzkern, Esprit und Woodwatch sind hingegen gar nicht im Fernsehen zu sehen und konzentrieren sich auf den PC, wobei Holzkern zusätzlich Mobile in die Werbestrategie stark mit einbezieht. Am ausgeglichensten wirbt H&M, jedoch ebenfalls mit dem Fokus auf Mobile.

Dieses Bild spiegelt sich auch in der Auswahl der Formate wider. Die Marken, die im TV präsent sind, greifen logischerweise fast ausnahmslos auf Videowerbung zurück. Doch es überrascht schon, dass die anderen Advertiser komplett auf Bewegtbild verzichten. Selbst Konkurrenten wie Brillen.de und Mister Spex fahren absolut entgegengesetzte Strategien. Während der eine rein auf Display- und Textanzeigen setzt, kommt es beim anderen kaum vor. Auch die Werbung von Esprit – als eine Marke, von der man eigentlich erwartet, dass Sie Markenbildung per Bewegtbild betreiben würde – besteht zu 100 Prozent aus Performance-geprägten Display- und Text-Ads. Bei einem Uhrenshop wie Woodwatch ist das vielleicht schon eher nachzuvollziehen, doch der Modekonzern fällt aus der Reihe. Daraus könnte man schließen, dass einige Branding-Budgets aufgrund der Corona-Krise noch immer arg zurückgeschraubt sind.

Der Markt für Videowerbung nimmt zwar weiterhin ab, dennoch ist der Trend nicht mehr so stark negativ wie befürchtet. Das gestiegene Volumen an Impressions aus dem Bereich Display- und Textanzeigen macht Hoffnung für die Werbeindustrie. Die erhöhte Nutzungszeit für digitale Medien ist jedenfalls noch immer vorteilhaft für die Werbung.

Takeaways

  • In der vierzehnten Woche nach dem Lockdown nimmt der TV-Konsum weiter ab. Die Nutzungszeit von PC und mobilen Geräten ist hingegen immer noch hoch.
  • Der Abwärtstrend für die Werbeaktitiväten im Bewegtbild-Umfeld setzt sich fort. Die erzielte Brutto-Reichweite sinkt abermals mit einem Wert von 2 Prozent im Vergleich zur Vorwoche.
  • Impressions für Display- und Textanzeigen nehmen das erste Mal seit März wieder um 4,3 Prozent zu.
  • Im Segment Bekleidung & Accessoires ist Holzkern der aktivste Werbetreibende, gefolgt von Brillen.de. Der traditionelle Modekonzern H&M folgt erst auf dem dritten Platz.
  • Die Werbestrategien in dieser Branche sind extrem gemischt. Während manche komplett auf Bewegtbild setzen, schalten andere wiederum ausschließlich Display- und Text-Ads. Esprit scheint seine Branding-Budgets noch immer eingefroren zu haben.

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