Warum KI-basiertes Targeting im Mobile Gaming heute unverzichtbar ist
Anton Priebe, 4. Dezember 2025Interview mit Günay Azer, Gamelight
Die Nutzerakquise im Mobile-Gaming-Sektor verändert sich, getrieben von steigenden CPIs, strikterem Datenschutz und dem wachsenden Einfluss von KI. Incentive-getriebene Modelle und prädiktive Empfehlungen werden zunehmend zurate gezogen, um Spieler:innen zu gewinnen. Gamelight-Gründerin Günay Azer spricht im Interview über den Shift hin zu Hyper-Personalisierung, die Grenzen klassischer Targeting-Ansätze und die Frage, warum belohnungsbasierte Mechaniken für viele Publisher mehr sind als nur ein Add-on.
ADZINE: Hallo Günay, du hast mit Gamelight, Oroom und Catbyte gleich drei Start-ups gegründet – magst du unserer Leserschaft etwas über deinen Weg in die deutsche Start-up-Landschaft erzählen? Du hast im Azerbaijan studiert, richtig? Was hat dich nach Hamburg geführt?
Günay Azer: Ja, ich habe in Aserbaidschan studiert und bin zunächst in der Versicherungsbranche gestartet. Das war ein solider Anfang, aber ich habe schnell gemerkt, dass ich mich eher zu etwas Dynamischerem und Kreativerem hingezogen fühle – nur wusste ich damals noch nicht genau, was das sein sollte. Für meinen Master bin ich dann nach Deutschland gekommen. In dieser Zeit hat mich ein Freund ermutigt, mir die App-Branche näher anzusehen: schnelllebig, voller Energie und inspirierender Menschen. Das hat sofort meine Neugier geweckt, und ich habe beschlossen, es auszuprobieren. Nach meinem Abschluss habe ich in Start-ups gearbeitet, erst in Berlin, dann in Hamburg. Das ist inzwischen mehr als zehn Jahre her – und ich habe es nie bereut.
ADZINE: Du hast mit Gamelight eine Mobile-Marketing-Plattform mitgegründet, die sich auf Rewarded Apps spezialisiert hat. Wenn ich es richtig verstanden habe, baut ihr euch einen eigenen Userstamm auf, denen ihr Incentives wie beispielsweise Gutscheine für das Gaming liefert?
Azer: Genau. Gamelight ist eine mobile Marketingplattform, die sich auf Rewarded Nutzerakquise konzentriert. Das heißt: Im Gegensatz zu klassischen UA-Plattformen bauen wir unsere eigene Nutzerbasis über unsere Spieleempfehlungs-Apps auf. Die Nutzer sammeln beim Spielen Treuepunkte, die sie gegen Belohnungen wie Amazon-Gutscheine, Google-Play-Guthaben oder Paypal-Guthaben einlösen können. Dieses Rewarded-Modell motiviert sie, sich intensiver mit Spielen zu beschäftigen, und sorgt gleichzeitig dafür, dass App-Anbieter ein Publikum erreichen, das sich wirklich für Mobile Games interessiert. Eine Win-win-Situation für alle.
ADZINE: Ihr “bezahlt” also Gamer dafür, dass ihr Appnutzungsdaten über sie sammelt und ihnen gezielte Werbung anderer App-Publisher anzeigen dürft, korrekt? Wie viele Gamer braucht eure Plattform, damit diese Rechnung aufgeht?
Azer: Ja, aber mit einem entscheidenden Unterschied: Unser Modell ist komplett transparent und basiert auf der Zustimmung der Nutzer. Wenn jemand unsere Apps herunterlädt, stimmt er bewusst zu, bestimmte Angaben zu teilen – etwa Geschlecht, Alter oder Spielverhalten. Im Gegensatz zu klassischen Werbemodellen, bei denen Daten passiv oder über Drittanbieter gesammelt werden, wissen unsere Nutzer genau, was sie preisgeben, und können jederzeit ihre Zustimmung widerrufen.
Statt nur passive Teilnehmer zu sein, profitieren sie also direkt, indem sie Belohnungen sammeln. Das macht den Prozess nicht nur fairer, sondern auch effektiver. Die Daten nutzen wir, um ein relevanteres Spielerlebnis zu schaffen und sicherzustellen, dass jeder die Games sieht, die wirklich zu seinen Interessen passen.
ADZINE: Welche Informationen sammelt ihr über die Nutzer genau?
Azer: Wir erfassen demografische Angaben wie Alter und Geschlecht, Spielverhalten wie gespielte Genres, Häufigkeit und Dauer des Spielens sowie Nutzungsmuster und Vorlieben. Unsere KI verarbeitet diese Daten in Echtzeit, um die Empfehlungen zu optimieren. So schlagen wir den Nutzern Spiele vor, die am besten zu ihnen passen und langfristig Spaß machen.
ADZINE: Wie werden daraus in der Praxis Zielgruppen für Mobile-Marketer?
Azer: Wir segmentieren Nutzer anhand ihres Spielverhaltens und ihrer Interessen. Nehmen wir einen Spieler, der hauptsächlich Strategiespiele spielt, aber ab und zu auch Casual Games ausprobiert. Unser System erkennt dieses Muster und schlägt ihm bei einem neuen Strategiespiel passende Angebote vor. Gleichzeitig erreichen die Publisher genau die Zielgruppe, die am relevantesten ist – das steigert Interaktion und ROAS.
ADZINE: Warum reichen die traditionellen Targeting-Methoden, die in der Regel auf Alter und Geschlecht abzielen, für die Nutzerakquise nicht mehr aus?
Azer: Weil Alter und Geschlecht allein viel zu oberflächlich sind. Nur weil zwei Personen gleich alt sind, heißt das noch lange nicht, dass sie dieselben Spiele spielen.
Unser KI-gestützter Ansatz geht viel tiefer: Wir analysieren Verhaltensmuster wie tatsächliche Spielzeiten, Genres und Vorlieben – und passen uns in Echtzeit an. Das optimiert das Targeting, steigert den ROAS und stellt sicher, dass Anzeigen wirklich nur denjenigen gezeigt werden, die am ehesten installieren, spielen und auch dabeibleiben. Deshalb ist KI-basiertes Targeting heute unverzichtbar.
ADZINE: Wollen die deutschen Marketer dieses KI-basierte Targeting, oder müssen die noch davon überzeugt werden?
Azer: Deutschland ist für uns einer der stärksten Märkte, das zeigt schon, dass die Nachfrage da ist. Natürlich wollen viele Vermarkter aber Beweise sehen. Wenn sie merken, dass sie mit unserem Ansatz Nutzer mit hohem LTV erreichen, den ROAS steigern und gleichzeitig weniger manuell optimieren müssen, überzeugt das die meisten sehr schnell.
ADZINE: Lass uns einen kleinen Blick in die Zukunft werfen. Was ist der nächste Schritt beim KI-basierten Targeting auf mobilen Geräten?
Azer: Die nächste Stufe wird sicher in Richtung Hyper-Personalisierung, prädiktive Modellierung und noch mehr Echtzeit-Optimierung gehen. KI wird immer besser darin, vorherzusagen, welche Nutzer konvertieren und bleiben. Damit können wir Kampagnen schon anpassen, bevor sie ins Stocken geraten.
Außerdem wird kontextuelles und momentbasiertes Targeting wichtiger: Nicht nur was jemand bisher gespielt hat, sondern auch wann und wo er am ehesten interagiert. Ein Strategiespieler, der nachts zockt, braucht andere Empfehlungen als einer, der morgens spielt.
ADZINE: Was wird deine Meinung nach die künftigen Strategien zur Nutzerakquise prägen?
Azer: Ich denke, drei Dinge: KI-gestütztes Targeting, Privacy-First-Marketing und belohnungsbasierte Modelle. Bei steigenden CPIs und strengerem Datenschutz werden First-Party-Daten und Echtzeit-Optimierung immer wichtiger. Rewarded UA wird weiter wachsen, weil es für mehr Bindung und höheren LTV sorgt.
ADZINE: ...also wird Rewarded User Acquisition zur dominierenden Strategie im Mobile Gaming?
Azer: Rewarded UA entwickelt sich gerade von einer Ergänzung zu einer zentralen Strategie. Sie zieht Nutzer mit hoher Kaufabsicht an, übertrifft klassische Anzeigen bei Bindung und Monetarisierung und passt perfekt zu hybriden Geschäftsmodellen. Klar, Diversifizierung bleibt wichtig – aber Rewarded UA ist heute schon eine der effektivsten und skalierbarsten Methoden zur Nutzerakquise.
ADZINE: Danke für das Gespräch, Günay.