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CONNECTED TV - Interview mit Christian Russ, Samsung Ads

Mobile-Daten für CTV-Kampagnen: Die Rückkehr des Second Screen?

Anton Priebe, 9. Oktober 2025

Interview mit Christian Russ, Samsung Ads

Bild: Kavita – Adobe Stock Bild: Kavita – Adobe Stock

TV und Mobile wachsen nicht nur technisch, sondern auch im Verhalten der Nutzenden zusammen. Damit rückt der Second Screen wieder stärker in den Fokus der Werbeindustrie. Besonders zur Prime Time wird der Second Screen zur Regel, nicht zur Ausnahme. Dank der Verbindung von Mobile- mit Connected-TV-Daten entsteht ein neues Verständnis für Mediennutzung aufseiten der Advertiser. Christian Russ, Commercial Director DACH & FRITES bei Samsung Ads, erklärt im Interview, warum die Verknüpfung beider Datenwelten CTV-Werbung präziser und messbarer macht.

Bild: Samsung Christian Russ, Samsung Ads

ADZINE: Der Connected TV verändert, wie die Menschen Sendungen oder Filme auswählen, die sie sich anschauen. Statt einen Blick in die Fernsehzeitung zu werfen oder die einzelnen Dienste aufzurufen, wird der Homescreen zurate gezogen. Das beweist euer aktueller Report. Was bedeutet das für Werbetreibende?

Christian Russ: Mit der zunehmenden Fragmentierung der Streaming-Landschaft gewinnt der Homescreen als Navigationshilfe an Bedeutung: Anstatt mit laufendem Fernsehprogramm startet die überwiegende Mehrheit der Nutzenden ihre TV-Reise über den Startbildschirm und ruft diesen im Schnitt fünfmal täglich auf. Dabei verbringen sie dort teilweise mehr als zehn Minuten mit der Suche nach passenden Inhalten.

Die intensive Nutzung macht den Homescreen zu einem besonders attraktiven Werbeumfeld, in dem Marken schnell große Reichweiten erzielen können. Vor allem aber ermöglichen wir inkrementelle Reichweiten: Geräte von Usern, die einen Spot bereits im linearen TV oder im Streaming-Umfeld gesehen haben, können wir ausschließen und sprechen in einer CTV-Kampagne dann ausschließlich jene an, die bislang noch nicht erreicht wurden. Darüber hinaus sind Audiences auf dem Homescreen aktiv auf der Suche nach Inhalten und Inspiration – was zusätzliche spannende Chancen eröffnet.

ADZINE: Was unterscheidet die Nutzungserfahrung auf dem Homescreen von der in den einzelnen Apps und wie können Marken dieses besondere Umfeld am besten für sich nutzen?

Russ: App-basiertes Fernsehen ist fest im Alltag der Nutzenden verankert und wächst weiter: Im zweiten Halbjahr 2024 wurden in Deutschland laut unserem Report 2,3 Milliarden App-Launches auf Samsung Smart-TVs gezählt, ein Plus von 12 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Apps wie Netflix, Youtube oder Mediatheken werden gezielt und regelmäßig genutzt und sind wichtige Touchpoints für Marken.

Der zentrale Unterschied zum Homescreen liegt im Nutzungsmodus: Während Apps meist mit einer klaren Absicht geöffnet werden, zum Beispiel um einen bestimmten Film zu schauen, lassen sich User am Homescreen inspirieren, sie stöbern und vergleichen und sind dadurch besonders offen für neue Impulse.

Ob mit einer eigenen CTV-App, kuratierten Videoinhalten in einer Brand Experience oder einer Verlinkung in den eigenen Youtube-Channel – Smart-TVs bieten vielfältige Möglichkeiten, Brands über den Homescreen in Szene zu setzen.

ADZINE: Ihr verknüpft in Europa laut eigener Aussage 70 Millionen Smart-TVs mit 20 Millionen Samsung-Smartphones. Mit der Integration von Smartphone-Nutzungsdaten in den Connected-TV-Kosmos stellt ihr das Thema „Second Screen” stärker in den Fokus. Was macht den „Second Screen” heute wieder relevant für Marketer?

Russ: Da viele von uns ihr gesamtes Leben übers Handy managen, sagt diese Nutzung sehr viel über uns aus. So können wir auf Basis der App-Nutzung unser CTV-Targeting noch weiter verfeinern.

Über das Targeting hinaus können wir die Daten auch für Consumer Insights nutzen, um beispielsweise folgende Fragen zu beantworten:

  • Welche Wettbewerber-Apps unserer Kundinnen und Kunden haben Nutzende auf dem Telefon?
  • In welchen TV- und CTV-Umfeldern halten sich Nutzende einer bestimmten App am meisten auf?
  • Hat eine TV- und CTV-Kampagne messbar die App-Nutzung erhöht?
  • Welche Apps nutzen bestimmte Zielgruppen bevorzugt?
  • Welche Apps nutzte die Zielgruppe, als der TV-Spot unserer Kundinnen und Kunden zuletzt ausgestrahlt wurde?

Unser Second-Screen-Ansatz ist also, CTV-Werbung durch Handy-Insights noch effektiver zu machen, da wir sehen können, was Nutzende auf dem Fernseher und gleichzeitig auf dem Telefon tun, und dies durch Post-Campaign-Insights auch belegen.

Besonders relevant ist der Second Screen laut unserem eigenen Report übrigens zur Prime Time: Zwischen 21 und 22 Uhr ist die parallele Nutzung von Fernseher und Smartphone in Deutschland besonders hoch. In diesem Zeitraum sind Fernseher rund 22 Prozent häufiger eingeschaltet als im Tagesdurchschnitt, während die Smartphone-Nutzung sogar um 28 Prozent darüber liegt.

ADZINE: Die technische Zusammenführung von CTV- und Mobile-Daten klingt komplex. Welche Herausforderungen siehst du hier und wie werden diese aktuell gelöst?

Russ: Die größte Herausforderung liegt im Datenschutz. Die technische Verknüpfung verschiedener Systeme und Datensätze ist komplex, aber lösbar. Entscheidend ist jedoch, dass sämtliche Datenverarbeitung ausschließlich auf Basis expliziter Zustimmung erfolgt. Dies ist ein zentraler Baustein für die rechtskonforme Nutzung und den verantwortungsvollen Umgang mit sensiblen Informationen.

Wir setzen dabei auf First-Party-Daten aus dem eigenen Ökosystem. Diese basieren auf tatsächlichem Verhalten der Nutzenden – etwa App-Nutzung, Inhaltewahl oder Suchverhalten auf dem Smart-TV – und werden durch mobile Signale ergänzt. Diese Verknüpfung können wir in unserer Rolle als Gerätehersteller leisten.

ADZINE: Wie sieht ein konkreter Anwendungsfall aus, bei dem die Kombination von CTV- und Mobile-Daten hilft?

Russ: Die Integration befindet sich derzeit noch in der Beta-Testphase, weshalb es bislang noch keine offiziell publizierten Erfolgscases gibt. Erste Use Cases zeigen jedoch bereits Potenzial in vielen unterschiedlichen Branchen.

Wir wussten schon immer, wer gerne Sport im Fernsehen schaut. Jetzt wissen wir auch anhand der Mobile-Nutzung, wer selbst sportlich aktiv ist. Ebenso konnten wir durch die TV-Nutzung erkennen, dass ein Haushalt gerne Reisesendungen schaut. Jetzt wissen wir auch, ob Nutzende selbst auf Reisen gehen.

Da wir so viel mit unserem Handy machen, sind diese Daten für das Targeting enorm hilfreich und können die Relevanz unserer CTV-Kampagnen stark verbessern: Finanzprodukte für Nutzende von Investment-Apps, die neuesten Elektroautos für User von Apps für Ladestationen, Beauty- und Fashion-Produkte für Nutzende von entsprechenden E-Commerce-Apps. Die Möglichkeiten sind (fast) endlos.

In Zukunft werden wir die Nutzung bestimmter Apps auch zeitlich eingrenzen können und damit Zielgruppen identifizieren, die aktiv „in-market“ für bestimmte Produktkategorien sind.

ADZINE: Was ist durch die Integration von CTV und Mobile in Zukunft sonst noch möglich?

Russ: Die Verknüpfung von Mobile- und TV-Daten macht in Zukunft auch Performance-Kampagnen für mobile Conversions möglich. Dafür können wir zusätzliche Signale von Mobile-Measurement-Plattformen (MMPs) einbinden. Ein E-Commerce-Anbieter könnte also zum Beispiel im CTV-Umfeld sein Angebot bewerben und Nutzende zum Download der App auffordern. Durch die MMP-Daten können wir erkennen, welche User die App herunterladen oder in der App einen Kauf tätigen und dann die Aussteuerung unserer CTV-Kampagne mittels Machine Learning automatisch für diese mobile Conversion optimieren.

ADZINE: Woran hakt es dabei derzeit noch? Wie genau müssen die MMPs eingebunden werden?

Russ: Die Integration der MMPs ist vor allem im Hinblick auf den Datenschutz komplex, da Werbekunden darüber das Nutzungsverhalten ihrer Apps mit uns teilen. Wir verknüpfen diese Daten mit einem Kampagnenkontakt auf unseren Geräten und nutzen sie anschließend zur automatischen Optimierung. In den USA ist die Integration bereits erfolgt, und wir testen sogar den Verkauf unseres CTV-Inventars auf Cost-Per-Install-Basis. Dieses Produkt wird das CTV-Umfeld als einen völlig neuen User-Acquisition-Kanal für App-Publisher eröffnen.

ADZINE: Danke für das Gespräch, Christian.

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