
Mit der Privacy Sandbox wollte sich Google von den Third-Party-Cookies verabschieden und die Werbeindustrie in eine datenschutzfreundliche Zukunft führen. Doch nach Jahren voller Verzögerungen, Kurskorrekturen und Kritik ist nun klar: Das Projekt wird nicht fortgeführt, weder für Chrome noch für Android.
Unter dem Banner der Privacy Sandbox versprach Google, gemeinsam mit der Industrie Technologien zu entwickeln, die ohne individuelles Tracking auskommen sollten. Es wurde zum Spagat zwischen Datenschutz und Interessen der Werbewirtschaft, der nicht so recht gelingen wollte. In der Folge trübte sich der Enthusiasmus schon früh wieder ein. Immer wieder wurden Deadlines verschoben, zuletzt wurde die geplante Abschaltung der Cookies ganz ausgesetzt. Nach dem jahrelangen Hin und Her (oder waren es Jahrzehnte?) stand fest: Die Third-Party-Cookies bleiben, zumindest im Google-Kosmos. Selbst die Idee, Chrome künftig mit einem eigenen Consent-Dialog auszustatten, verwarf Google wieder. Spätestens da zeichnete sich ab, dass das Projekt in der Sackgasse steckt.
Der letzte Akt
Nun ist auch das letzte Kapitel offiziell geschlossen. Anthony Chavez, Vice President Privacy Sandbox bei Google, bestätigt die Einstellung des Projekts in einem Blogpost. Er schreibt: „Das Feedback, das wir erhalten haben, hat unser Verständnis dafür vertieft, was für Unternehmen, Entwickler und Nutzer den größten Mehrwert bringen kann.“ Übersetzt: Die Mühe war nicht umsonst, denn immerhin haben wir daraus gelernt. Google will „die gewonnenen Erkenntnisse aus den eingestellten Privacy-Sandbox-Technologien weiter nutzen und mit dem Ökosystem teilen“.
Was bleibt?
Einige Technologien aus dem Sandbox-Kosmos überdauern das Projekt. Dazu gehören:
- CHIPS (Cookies Having Independent Partitioned State), das für eine strengere Trennung von Cookies pro Website sorgt,
- Federated Credential Management (FedCM), das datensparsame Logins über Drittanbieter ermöglicht, und
- Private State Tokens, die helfen, Bots von echten Nutzern zu unterscheiden.
Auch an seinem Attributionsstandard zur aggregierten Messung von Conversions will Google gemeinsam mit anderen Browser-Herstellern weiterarbeiten. Gleichzeitig will der Konzern, so Chavez, weiterhin identifizieren, welche Features den größten Mehrwert zur Verbesserung des Webs beitragen, “einschließlich der Erfahrungen im Zusammenhang mit Werbung.”
Was geht?
Eine ganze Liste an Sandbox-Technologien wird endgültig eingestampft. Darunter:
- Attribution Reporting API
- IP Protection
- On-Device Personalization
- Private Aggregation (inkl. Shared Storage)
- Protected Audience
- Protected App Signals
- Related Website Sets
- Select URL
- SDK Runtime
- und natürlich die sagenumwobene Topics-API.
Mit ihnen verabschiedet sich Google auch von der ursprünglichen Vision, einen einheitlichen, datenschutzfreundlichen Werbe-Standard im eigenen Ökosystem zu etablieren.
Ein teures Experiment mit bleibendem Effekt
Wie viele Entwicklerstunden weltweit in die Privacy Sandbox geflossen sind, lässt sich kaum beziffern. Doch auch wenn das Projekt letztlich gescheitert ist, hat es große Spuren hinterlassen. Jochen Schlosser, CTO und CPO von Adform, der das Projekt von Anfang an begleitet hat, zieht ein positives Resümee auf Linkedin: „Auch wenn es die Sandbox nicht geschafft hat, hat sie doch etwas anderes bewirkt: Sie hat dafür gesorgt, dass Datenschutz auf globaler Ebene nicht mehr ignoriert werden konnte.“
Vielleicht ist das die wahre Bilanz: Obwohl sie selbst daran zerbrochen ist, hat die Privacy Sandbox das Thema Datenschutz in der digitalen Werbung endgültig auf die Agenda gesetzt.
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