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Broadcaster sollten jetzt die Kontrolle über Cross-Screen-TV-Messung übernehmen

Frank Plähn, 6. Mai 2025
Bild: Cash Macanaya – Unsplash

Zuschauer konsumieren TV-Inhalte heute nicht mehr so wie früher. Sie schauen lineares Fernsehen, nutzen Mediatheken der Broadcaster oder streamen über rein digitale Plattformen – oft über mehrere Bildschirme hinweg innerhalb eines Haushalts. Für Broadcaster und Werbetreibende stellt diese Fragmentierung gleichermaßen eine wachsende Herausforderung dar: Wie misst man Reichweite, Frequenz und Performance, wenn das Publikum überall ist?

Insbesondere Werbetreibende kämpfen damit, die Gesamtwirkung ihrer Kampagnen über alle Bildschirme zu erfassen. Während lineares TV nach wie vor große Reichweiten erzielt, haben digitale Videoangebote und Connected TV (CTV) die Erwartungen in Richtung Präzision, Transparenz und Echtzeit-Performance verschoben. Die Branche steht an einem Wendepunkt: Die traditionellen Messmethoden, die dem Fernsehen einst gute Dienste erwiesen haben, reichen heute nicht mehr aus.

Glücklicherweise entwickelt sich die TV-Welt weiter. Fortschritte bei Hard- und Software sowie die zunehmende Verfügbarkeit von Device-spezifischen Nutzungs- beziehungsweise Session-Daten (Return Path Data) transformieren die einstige „Black Box” Fernsehen in ein messbares und steuerbares Werbeumfeld. Technologien, die Addressable TV über HbbTV oder Set-Top-Boxen ermöglichen, gewähren den Sendern neue, umfangreiche Einblicke in das Zuschauerverhalten.

Weltweit passen sich Broadcaster und Messdienstleister an. In den USA verlor Nielsen 2021 nach Bedenken wegen zu geringer Messwerte während der COVID-Pandemie seine MRC-Akkreditierung und erhielt sie erst 2023 wieder sowie erneut in 2025, nachdem Big Data in seine Methodik aufgenommen wurde. In europäischen Schlüsselmärkten werden die TV-Währungssysteme weiterentwickelt, um zunehmend digitale Session-Daten einzubeziehen – ein Schritt hin zu präziserer und zukunftsfähiger Reichweitenmessung. Diese Veränderungen signalisieren einen umfassenderen Wandel der Branche: die Abkehr von rein panelbasierten Messmethoden hin zu intelligenten, datengetriebenen Ansätzen.

Doch trotz der Fortschritte bleiben Datensilos bestehen. Fragmentierte Systeme und begrenzte Interoperabilität verhindern bislang eine ganzheitliche Sicht über alle Screens hinweg. Jetzt bietet sich die Chance, die Messverfahren nicht nur zu verbessern, sondern sie von Grund auf neu zu denken.

Warum Broadcaster aktuell in einer einmaligen Position sind

Inmitten dieser Transformation befinden sich die Broadcaster in einer stärkeren Position, als ihnen vielleicht bewusst ist. Zum ersten Mal seit Jahren haben sie einen klaren Vorteil im Rennen um effizientere Messmethoden.

Erstens verfügen sie über den direkten – und in einigen Fällen exklusiven – Zugriff auf einige der wertvollsten Datensätze der gesamten TV-Landschaft. Durch HbbTV-Signale, Set-Top-Boxen und die IPTV-Angebote der Telekommunikationsunternehmen sind sie in der einmaligen Position, datenschutzkonforme und proprietäre Einblicke in das Zuschauerverhalten zu gewinnen, die kaum nachzubilden sind.

Zweitens besitzen sie die einzigartige Fähigkeit, diese Daten kanalübergreifend zu verknüpfen. Durch die Kombination von linearen TV-Daten mit Signalen aus CTV und Onlinevideo können Broadcaster eine echte Plattform-übergreifende Sicht auf die Performance der Kampagnen anbieten – Einblicke, die Werbetreibende verlangen, die sie aber mit isolierten digitalen Tools oft nicht erfassen können.

Drittens kommt es auf das Timing an. Aktuell haben die Broadcaster die Oberhand, aber das könnte sich schnell ändern. Wenn sie jetzt nicht aktiv werden und ihre exklusiven Daten strategisch nutzen, werden Agenturen und digital-native Plattformen die Lücke füllen, um Standards zu setzen – und damit auch die Werbebudgets an sich ziehen.

Ohne entschlossenes Handeln drohen Broadcaster in Gesprächen über Performance und ROI die Relevanz zu verlieren. Digitale Plattformen bieten tiefgreifende Einblicke über das Zuschauerverhalten sowie erfolgsbasierte Buying-Modelle und Optimierung in Echtzeit. Können Broadcaster mit diesem Maß an Transparenz nicht mithalten, laufen sie Gefahr, den Anschluss zu verlieren.

Wenn sie jedoch jetzt handeln, können sie die nächste Entwicklungsphase der TV-Messung bestimmen – zu ihren Bedingungen.

Was deterministische, datengesteuerte Messung für Broadcaster ermöglicht

Im Gegensatz zu probabilistischen Modellen – die sich auf Annahmen und extrapolierte Daten (Hochrechnungen) stützen – verwendet die deterministische Messung direkte, verifizierbare Daten zur Erfassung von Werbekontakten auf Haushalts- oder Geräteebene. Für Broadcaster bedeutet das, lineare, adressierbare und CTV-Werbekontakte mithilfe von HbbTV-Signalen, Log-Level-Daten und Geräte-IDs, präzise zu messen. Daraus resultieren höhere Genauigkeit, saubere Deduplizierung und die Möglichkeit, Ad Exposure und Resultate zuverlässig zu verbinden.

Deterministische, Bildschirm-übergreifende Messungen eröffnen den Broadcastern eine Reihe neuer, strategischer Möglichkeiten:

  1. Stärkere Beziehungen mit Werbetreibenden: Durch fortschrittliche Messverfahren und transparente KPIs heben sich Broadcaster vom Wettbewerb ab und vertiefen das Vertrauensverhältnis zu ihren Werbekunden.
  2. Interne Planungskompetenz: Der Zugriff auf und die Analyse von First-Party-Daten ermöglichen Broadcastern den Aufbau von leistungsstarken Datenbanken, die eine smartere Kampagnenplanung und langfristige Strategien unterstützen.
  3. Branchenbenchmarks und saisonabhängige Einblicke: Konsistente, hochwertige Daten erlauben Musteranalysen über Zeiträume und Branchen hinweg – ein Mehrwert für Werbekunden.
  4. On-Demand-Analysen für Werbetreibende: Von Reichweite und Werbefrequenz bis hin zu inkrementellem Lift – deterministische Daten liefern handlungsrelevante Erkenntnisse zur Optimierung.
  5. Datengesteuerte Produktentwicklung: Messdaten können Innovationen vorantreiben – dazu zählen neue Werbeprodukte und -Pakete sowie Optimierungstools und Aktivierungsstrategien, die speziell auf Reichweite, Frequency Buildup und Retargeting ausgerichtet sind.
  6. Performance-basierte Kampagnenmodelle: Broadcaster können neue Preisstrategien entwickeln, die auf realen Ergebnissen basieren, zum Beispiel Cost-per-Visit- oder Cost-per-Conversion-Modelle, die direkt an die Kampagnenwirkung gekoppelt sind.
  7. Konvergentes Fernsehen, das Versprechen einlöst: Endlich wird möglich, was lange versprochen wurde – einfache Planung, Bildschirm-übergreifende Konsistenz und messbare Performance. Durch Anwendung digitaler Best Practices wird TV zum besser messbaren, noch wirksameren Bestandteil im Mediamix.

Ein entscheidender Moment

Der Zeitpunkt für Broadcaster ist jetzt günstig. Die Technologie ist vorhanden, die Daten verfügbar. Der Markt ist bereit für smartere, verlässlichere Methoden zur Messung von TV- und Videokampagnen.

Broadcaster, die schnell handeln, können die Standards definieren, starke Beziehungen zu Werbetreibenden aufbauen und eine führende Rolle in dem sich verändernden Medienmarkt einnehmen. Wer zögert, läuft Gefahr, dass andere – Mediaagenturen, digitale Plattformen oder Messdienstleister – bereits die Spielregeln festgelegt haben.

Indem sie die deterministische, plattformübergreifende TV-Messung proaktiv annehmen und umsetzen, holen Broadcaster nicht nur zu den digitalen Plattformen auf – sie übernehmen die Führung.

Tech Finder Unternehmen im Artikel

Bild Frank Plähn Über den Autor/die Autorin:

Frank Plähn ist Vice President of Audience Products bei smartclip. In dieser Rolle ist er verantwortlich für die Entwicklung innovativer Privacy- und Identity-Technologien. Das beinhaltet unsere smart ID Hub Initiative sowie Targeting- und Measurement-Lösungen. Sein Fokus liegt auf der Entwicklung alternativer Daten- und privacy-first Lösungen, die es europäischen Broadcastern und Publishern ermöglichen, ihre Umsätze zu maximieren und gleichzeitig die sich wandelnden Anforderungen der Werbetreibenden zu berücksichtigen. Frank ist seit 2023 bei smartclip und verfügt über mehr als fünfzehn Jahre Erfahrung in der Werbe- und Tech-Branche durch verschiedene Positionen bei Unternehmen wie Crossplan oder Regiocast, einem der führenden Radio-Broadcaster in Deutschland.

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