Die Erfolgsmessung von Werbekampagnen ist elementar – darin sind sich alle einig. Derzeit werden die Ergebnisse einzelner Kampagnen meist auf Abruf von den Measurement-Anbietern angefordert. Dabei ist es sinnvoller, alle Kampagnen kontinuierlich im Blick zu behalten, meint Michaela Schmitz, DACH-Chefin von Audienceproject. Sie plädiert für das sogenannte Always-On Measurement, damit Werbetreibende stets vergleichen und spontan reagieren können. Dafür muss jedoch ein Umdenken auf Unternehmensseite stattfinden, weiß Schmitz. Im Interview erklärt sie, was hinter Always-On Measurement steckt und wie die Zukunft der Kampagnenmessung aussehen sollte.
ADZINE: Michaela, was versteht man unter Always-on-Messung?
Michaela Schmitz: Unter Always-on-Messung versteht man, dass alle digitalen Kampagnen, die ein Unternehmen oder deren Agentur plant, kontinuierlich über das ganze Jahr gemessen werden. Das heißt vor allen Dingen, dass man für diese Kampagnen on the fly Budgets shiften kann. Wenn ich als Kampagnen-Verantwortliche sehe, dass es kostengünstiger ist, die nächsten 1.000 Menschen in meiner Zielgruppe anstatt auf Youtube auf Facebook zu erreichen, dann ist das ein geldwerter Hinweis, das Budget entsprechend zu shiften.
ADZINE: Über welche Metriken sprechen wir?
Schmitz: Reach in Target Group, also die erzielte Reichweite in der Zielgruppe, und die inkrementelle Reichweite sind das Wichtigste. Es geht auch darum, Überschneidungen zu analysieren. Wenn man die Kanäle nach der Kosteneffizienz auswählt, lassen sich für das gleiche oder weniger Budget in vielen Fällen höhere Reichweiten erzielen. Das ist natürlich auch eine sehr konkrete Datenauswertung für Unternehmen, die ihre Media-Budgets bestmöglich einsetzen möchten.
ADZINE: Wir befinden uns im Programmatic-Zeitalter, in dem Media in Echtzeit gekauft wird. Müsste dann nicht die Messung und Auswertung der Kampagnen auch in Echtzeit geschehen? Wieso ist das noch nicht Standard?
Schmitz: Der Standard, den die Agenturen und auch die großen Advertiser gewöhnt sind, sind Messungen von einzelnen Kampagnen auf Abruf. Wir sind die ersten, die mit einer Software-as-a-Service-Plattform für die kontinuierliche Messung aller relevanten Kampagnen auf den Markt kommen. An der Stelle findet ein Umdenken statt. Denn vorher habe ich Media auf TKP-Basis eingekauft. Plötzlich muss Software eingekauft werden, was nicht nur gedanklich, sondern auch vom Einkaufsprozess her eine Herausforderung darstellen kann.
ADZINE: Was muss man mitbringen, um laufend zu messen? Und wie schaffen wir es, vor allem auch übergreifend zu messen und nicht in Silos?
Schmitz: Also erst einmal muss man die passende Technologie haben. Nicht in Silos zu messen, ist das Entscheidende. Dazu braucht man Integrationen zu den Walled Gardens wie Amazon, Google oder Meta. Wir haben ein eigenes Team, das sich nur um die Integrationen kümmert. Dann matchen wir deren Daten mit unserem Panel, das den Bundesdurchschnitt der deutschen Bevölkerung darstellt, in sogenannten Data Clean Rooms.
ADZINE: Also braucht man ein Panel?
Schmitz: Ja, sehr wichtig ist die Qualität des Panels. Unseres umfasst über 210.000 Panelisten, die ständig gepflegt und geupdatet werden.
ADZINE: Mit welchen Herausforderungen habt ihr hierzulande zu kämpfen, wenn ihr das Thema an die Advertiser-Kunden herantragt?
Schmitz: Es gibt immer noch viele Unternehmen, die in Silos denken. Dort sprechen die TV-Menschen nicht mit den Digitalverantwortlichen. Das ist ein Mindset, das zeitgemäßer und offener werden muss. Für die Agenturen ist das Thema Measurement offensichtlich, weil sie genau wissen, was damit erreicht werden kann. Die Herausforderung für die Agenturen ist die gleiche wie für uns: den Kunden davon zu überzeugen. Dass man beispielsweise lineares TV mit den digitalen Kanälen vergleichen kann, ist noch nicht in den Köpfen drin.
Die verschiedenen Abteilungen sprechen außerdem meistens von unterschiedlichen Währungen. Die TV-Leute denken in Reichweiten, während Digital in KPIs wie Click-Through-Rates, Cost-Per-Leads et cetera denkt. Wir übersetzen beides in die harten Währungen Reichweite und Frequenz. Unsere Kunden arbeiten im Bereich Branding, im “upper funnel”. Einfach gedacht, helfen wir, die avisierten Zielgruppen zu vergrößern.
ADZINE: Wie müssten sich die Unternehmen strukturell verändern, um an das Thema Measurement besser rangehen zu können?
Schmitz: Sie müssen ihre Medienkompetenz weiter ausbauen. Am Ende des Tages wäre ich Verantwortliche daran interessiert, meine Budgets optimal einzusetzen. Wenn ich als Head oder Lead aufzeigen kann, dass ich das Budget sehr effizient einsetze, dann besteht zum einen die Möglichkeit, dass ich mehr Budget bekomme und vor allen Dingen habe ich zum anderen die Möglichkeit, das Thema Digital entsprechend im Wettbewerb zu TV zu positionieren.
ADZINE: Wie wird sich das Feld always-on künftig verändern?
Schmitz: Die Medienlandschaft fragmentiert sich zunehmend, was bedeutet, dass mehr Kanäle miteinander verglichen werden müssen. Wenn man in einen neuen Kanal investiert, wird meistens in einem anderen Bereich das Budget gekürzt. Die Unternehmen müssen also wissen, wo sie erfolgreich werben.
Wir haben gerade unsere Netflix-Messung gelauncht und arbeiten auch an Messlösungen für Disney und Pinterest. Pinterest ist inzwischen auch für die Agenturen ein spannender Partner, um in emotionalen Themenfeldern Ads zu platzieren. Tiktok und Snapchat haben wir auf dem Schirm. Die Frage ist natürlich für Unternehmen, ob sie ihre Zielgruppe dort auch erreichen – und das muss man messen.
ADZINE: Wie sollte die Zukunft der Kampagnenmessung aussehen?
Schmitz: Man sollte gleichzeitig alle Kampagnen, alle digitalen Kanäle monitoren und auch in der Lage sein, sie mit linearem TV zu vergleichen. Ich glaube, dass sich die Denke, TV und Digital zu trennen, immer weiter aufweichen wird und dass die Teams mehr miteinander sprechen werden. Irgendwann werden die Abteilungen verschmelzen.
ADZINE: Welchen Appell würdest du an Advertiser gerne richten?
Schmitz: Gewinnt die Kontrolle über eure Kampagnenoptimierung, über die effiziente Aussteuerung eurer Kampagnen und vor allen Dingen verschafft euch einen holistischen Überblick über eure Kampagneneffizienz. Die habt ihr im Moment noch nicht.
ADZINE: Michaela, danke für das Gespräch!
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