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DATA

Targeting und seine Datenquellen – heute und in Zukunft

Anton Priebe, 30. Juni 2023
Bild: Jon Tyson – Unsplash

Programmatische Werbung lebt von Daten, damit “die Maschine” die richtigen Entscheidungen treffen kann. Einer der Player, der dem Markt die nötigen Informationen dafür zur Verfügung stellt, ist Adsquare. Der globale Datenspezialist für Targeting und Measurement aus Berlin fokussiert sich auf Location- und Audience-Daten, um Konsumenten gezielt anzusprechen, Kampagnenerfolg zu messen und das Bieterverfahren beim Programmatic Advertising zu optimieren. David Luchtenberg führt seit kurzem als General Manager Germany das Deutschland-Team von Adsquare. Im Interview spricht er über Entwicklungen auf dem Datenmarkt, Identifier und Nutzereinwilligungen sowie spannende neue Datenquellen und die Zielgruppenansprache der Zukunft.

Bild: Adsquare

ADZINE: Hallo David, ihr bietet dem Werbemarkt sowohl standortbasiertes als auch Audience-basiertes Targeting an. Wie entwickelt sich die Nachfrage nach den Targeting-Varianten momentan?

David Luchtenberg: Die Nachfrage nach unseren standortbasierten und Audience-basierten Targeting-Varianten ist derzeit unverändert. Wir bieten jedoch zusätzlich eine neue Variante namens 'Audiences in Motion' an.

Damit schaffen wir eine ID-freie Möglichkeit, Nutzer zu erreichen. Hierzu werden Zielgruppendaten und Mobilitätsdaten analysiert, zum Beispiel von Telkos. Mittels der aggregierten Daten auf Raumebene und statistischer Berechnungen kann abgeschätzt werden, wo bestimmte Zielgruppen zu welcher Tageszeit überindizieren. Diese Methode eröffnet neue Möglichkeiten für eine genauere Zielgruppenansprache, ohne dabei personenbezogene Daten während des Targetings heranzuziehen; über unsere Integrationen mit Demand-Side-Plattformen (DSP) können wir im ‚Bid Request‘ mitgesendete Standortinformationen mit unseren Geo-IDs – zum Beispiel Postleitzahlen – anreichern, für die wir bestimmt haben, dass eine gewisse Zielgruppe überindiziert.

Stell dir vor, eine Sportbekleidungsmarke nutzt geografisch verortete Zielgruppendaten für eine mobile Kampagne. Hierbei werden ausschließlich PLZ-Gebiete herangezogen, in denen wir annehmen, dass überproportional viele sportbegeisterte Menschen anzutreffen sind – voll automatisiert und an die Tageszeit angepasst.

ADZINE: Für die Bildung von Zielgruppen ist ein Identifier wie eine Mobile Advertising ID erforderlich, um die Daten mit dem jeweiligen Gerät in Verbindung zu bringen. Allerdings ist dafür eine Nutzereinwilligung Voraussetzung. Marktbeobachter geben an, dass die Zustimmungsraten gesunken sind. Hat dies zu einer insgesamt geringeren Verfügbarkeit von IDs geführt und somit die Erstellung von Zielgruppen erschwert?

Luchtenberg: Die rechtliche Grundlage für alle Datenverarbeitungen von Adsquare im Rahmen seiner Produkte und Plattformen war und ist die Einwilligung und das bereits bevor die DSGVO eingeführt wurde. Daher wurden wir von Themen wie der E-Privacy oder dem iOS-14-Update in Bezug auf Reichweiten nicht negativ beeinflusst. Im Gegenteil, wenn unrechtmäßig erhobene oder qualitativ minderwertige Daten das Ökosystem verlassen, dann hat dies Vorteile für die Werbewirtschaft und die Verbraucher.

Adsquare ist auch nicht am Profil eines einzelnen Nutzers interessiert und wir unterhalten keine Datenbank mit der Anzahl der Identifier, die wir vermarkten.

ADZINE: Wie sieht eure Strategie aus, falls ihr in Zukunft vollständig auf Mobile IDs verzichten müsst, da sie ähnlich wie Third-Party-Cookies als veraltet betrachtet werden?

Luchtenberg: ID-basiertes Targeting hat für uns heute bereits einen weniger bedeutenden Stellenwert als noch vor einigen Jahren. Durch die Einführung unserer ortsbezogenen oder ID-freien Zielgruppen-Targetings, bei deren Anwendung keine personenbezogenen Daten genutzt werden, sind wir in ebenso in der Lage, relevante Kampagnen datengestützt auszuliefern und zu optimieren. Die Auslieferung kann kanalübergreifend erfolgen, zum Beispiel für Mobile-, CTV- oder Out-of-Home-Kampagnen. Hierbei werden Standortdaten aus dem ‚Bid Request‘ auf DSP-Seite – zum Beispiel die Geo-Koordinaten von Außenwerbestandorten – mit unseren aggregierten Insights auf Raumebene angereichert.

Die Messung der Wirksamkeit von Werbeausgaben könnte ebenfalls neue Ansätze erfordern, an denen wir bereits heute arbeiten. Eine Möglichkeit besteht darin, Panel-basierte, modellierte und aggregierte Formen der Messung zu nutzen, die die Lücken schließen könnten, sollten die bestehenden 1:1-Methoden auslaufen.

ADZINE: Wie schätzt du die zukünftige Entwicklung des Targeting-Angebots für Werbetreibende ein?

Luchtenberg: Es wird weiterhin ein vielfältiges Angebot aus ID-basierten, kontextuellen und ortsbezogenen Targetings geben. Zusätzlich wird sich zeigen, ob sich neue Identifier für Werbezwecke als Standard etablieren werden. Hierzu sind wir der von einem unserer Partner, The Trade Desk, ins Leben gerufenen Initiative ‘Unified ID 2.0’ beigetreten, in dessen Rahmen an einer Open-Source-Identitätslösung für das offene Internet gearbeitet wird.

ADZINE: Welche Datenquellen für Targeting sind derzeit noch nicht vollständig genutzt? Gibt es interessante Ressourcen, die ihr gerne verwenden würdet, aber derzeit noch nicht könnt oder dürft?

Luchtenberg: Es gibt spannende Datentypen, die sich gut in unser Produktportfolio integrieren lassen und die wir zukünftig in weitere unserer 30 Märkte bringen wollen. Besonders spannend finde ich die Nutzung von anonymisierten und aggregierten Telko-Daten im Raum. Außerdem können im Bereich Fast Moving Consumer Goods (FMCG) beispielsweise aggregierte Einkaufsdaten genutzt werden, um relevante Angebote für Einzelhandelskunden zu schaffen, ebenfalls ohne dass personenbezogene Daten angewandt werden.

ADZINE: Glaubst du, dass wir auch in drei Jahren noch adressierbare Zielgruppen haben werden?

Luchtenberg: Selbstverständlich wird es auch in drei Jahren weiterhin adressierbare Zielgruppen geben. Die Nutzer oder Nutzerinnen, die täglich kostenfreie Inhalte konsumieren, wünschen sich ja mehrheitlich auch relevante Werbung. Es werden allerdings vermehrt anonymisierte und aggregierte Daten zum Einsatz kommen, um auch den international strenger werdenden Gesetzen Rechnung zu tragen.

ADZINE: Danke für die Einblicke, David!

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