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Cookieloses Targeting – Erste Praxiseinblicke in Googles FLoC

20. August 2021 (apr)
Bild: Alex Dudar – Unsplash

Google hat erst vor kurzem die Deadline für die Third-Party-Cookies nach hinten verschoben. Ein Grund dafür könnte darin liegen, dass die eigens vorgestellte Alternative für Audience-basiertes Targeting alles andere als fertig ist. Federated Learning of Cohorts, kurz FLoC, scheint noch nicht wie gewünscht zu funktionieren, wenn man sich die Ergebnisse der ersten Testläufe anschaut. Das Adtech-Urgestein Criteo hat an ihnen teilgenommen und seine Erkenntnisse zusammengefasst.

FLoC ist Teil des Projekts Privacy Sandbox aus dem Hause Google, das im Sommer 2019 präsentiert wurde. Unter dem Sandbox-Banner vereint Google verschiedene Technologien, die für ein Web mit mehr Privatsphäre sorgen – zumindest lautet so die Vision des Konzerns. Das FLoC-Konzept soll datenschutzfreundliches Targeting im Chrome-Browser ermöglichen, sobald die Third-Party-Cookies von der Bildfläche verschwinden. Die Idee dahinter ist es User, oder besser gesagt deren Browser, aufgrund des Surfverhaltens ihrer Benutzer in Gruppen einzuteilen und diese Advertisern als Zielgruppensegmente zur Verfügung zu stellen. Jede Gruppe, auch Kohorte genannt, soll mehrere tausend FLoC-IDs und damit ähnlich tickende User enthalten.

Damit sich die Werbeindustrie technisch damit vertraut machen kann, hat Google die Origin Trials im März gestartet, die erste Einblicke in die Funktion der Technologie geben. FLoC wurde in zehn Märkten getestet, und zwar in Australien, Brasilien, Kanada, Indien, Indonesien, Japan, Mexiko, Neuseeland, auf den Philippinen und in den USA. Obwohl es eingangs geplant war, waren weder das Vereinigte Königreich noch andere Staaten in Europa mit von der Partie, da Bedenken wegen der Datenschutz-Grundverordnung laut wurden.

Criteo ist am 1. Juni in die Testreihe eingestiegen und hat bis zu deren Ende am 13. Juli Daten gesammelt. Die Experimente fanden im eigenen Pool auf über 16.000 Advertiser- und mehr als 2.000 Publisher-Websites statt. Die zu klärende Frage: Was steckt hinter den Kohorten, die FLoC bildet, und können sie als Alternative zum Third-Party-Cookie gelten? Antoine Rouzaud, Data Scientist von Criteo, stellt die Erkenntnisse in einem detaillierten Post auf Medium vor.

Dünne Datengrundlage

Vorab sei gesagt, dass die Ergebnisse mit Vorsicht zu genießen sind. Denn – und das ist schon der erste Kritikpunkt – die User-Grundlage war viel zu klein. Sie bildet lediglich 0,02 Prozent der weltweiten Chrome-User ab, da nur spezielle Beta- und Entwickler-Versionen untersucht wurden. Überraschend hingegen war, dass Google Chrome nicht der einzige Browser ist, der Kohorten generiert. Der Großteil der FLoC-IDs (88 Prozent bei den Advertiser-Websites) stammte aus dem russischen Browser Yandex, der vorrangig in Märkten genutzt wurde, in denen der Test eigentlich nicht laufen sollte. Anscheinend testeten Entwickler zeitgleich eine andere FLoC-Version in Yandex.

Insgesamt kamen im Laufe der sechs Wochen rund 33.000 verschiedene Kohorten zusammen. Diese waren allerdings sehr dünn besiedelt, sodass kaum mehrere Personen gleichzeitig in eine Gruppe gefallen sind.

Ergebnisse mau

Dennoch hat Criteo einige, wenn auch wenige, Erkenntnisse aus den Tests ziehen können. So werden die Kohorten wöchentlich auf den neuesten Stand gebracht. FLoC verteilt die IDs also alle sieben Tage neu. Das Problem dabei ist, dass die Gruppen sehr instabil sind, sodass lediglich 12 Prozent der User nach einer Woche noch in derselben Kohorte zu finden waren. Da sich die Interessen der Menschen wohl kaum so schnell ändern dürften, schafft es die Technologie demnach (noch) nicht, Nutzer korrekt einzuteilen.

Die verwendete Methode scheint überdies rudimentär zu sein, da FLoC Personen nur anhand der besuchten Websites auf Top-Level-Domain-Ebene in Kohorten zuordnete und nicht etwa die jeweiligen URLs, deren Inhalte oder die Frequenz der Besuche berücksichtigte. Hier steckt also noch Verbesserungspotenzial, um schärfere Abgrenzungen voneinander zu schaffen.

Viel zu interpretieren gibt es demnach letztlich nicht. Es bleibt abzuwarten, inwiefern die Tests fortgesetzt werden. Aber allein die Tatsache, dass die Origin Trials dermaßen mager ausgefallen sind, lässt tief blicken. Medienberichten zufolge hat sich Google – zumindest inoffiziell in Gestalt eines der Chef-Entwickler aus dem Sandbox-Team – schon dahingehend geäußert, dass Themen für die Kategorisierung der Nutzer sinnvoller sein könnten als Kohorten. Die Themen, oder auch Topics, wie beispielsweise Fitness würden besser nachzuvollziehen und datenschutzrechtlich unbedenklicher sein. Mit Blick auf die Websites, die FLoC bereits blockieren, wie etwa Amazon oder Wordpress, wartet die Werbeindustrie gespannt auf Googles nächsten Schritt. In der Zwischenzeit gilt es, selbst aktiv seine Datenstrategie auf den Prüfstand zu stellen.

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