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Die ID-Frage für Publisher: Eine, keine oder alle integrieren?

Anton Priebe, 17. November 2020
Bild: Hello I'm Nik – Unsplash

Mit dem Abgesang auf den Third-Party-Cookie haben sich diverse ID-Anbieter etabliert, die alternative Methoden zur Identifizierung von Online-Nutzern für Marktteilnehmer bereitstellen. Sie wollen so die personalisierte Werbung am Leben erhalten, die über das Umfeld als Targeting-Kriterium hinaus geht. Publisher sehen sich daher mit der schwierigen Frage konfrontiert, wie sie sich am besten für die Zukunft aufstellen. Sollten sie sich auf eine einzige ID fokussieren, eine eigene entwickeln oder möglichst viele integrieren? Wie groß ist der Integrationsaufwand und wer übernimmt ihn? ADZINE hat nachgefragt, ob es einfache ID-Strategien für Publisher gibt.

Zunächst sei gesagt, dass je nach Größe und Reichweite des Publishers verschiedene Optionen zur Auswahl stehen. So hat beispielsweise Gutefrage.net erst kürzlich neben der Criteo-ID und Unified ID zusätzlich das Angebot von ID5 integriert. Verantwortlich dafür war der Vermarkter Highfivve, der sich wie der Publisher unter dem Dach von Holtzbrinck Digital befindet. “Wir werden uns weiterhin verschiedene Identity-Lösungen ansehen und testen”, erklärte Martin Pichler, Director Programmatic and Sales bei Gutefrage.net, auf Nachfrage. Wie genau der weitere Plan aussieht, verriet der Programmatic-Fachmann aber leider nicht.

Trotz der unterschiedlichen Ausrichtungen von ID-Anbietern und Publishern lässt sich eine Tendenz ableiten, wie in der ID-Frage zu verfahren ist.

Je mehr IDs, desto besser

Bild: Xing Markus Letzner, Ströer SSP

Markus Letzner, Geschäftsführer der Ströer SSP, rät Publishern dazu, eher mehr als weniger IDs zu integrieren. Der Integrationsaufwand läge dabei aufseiten des Technologie-Anbieters und nicht des Seitenbetreibers. “Aktuell gibt es eine Reihe von konkurrierenden Advertising-ID-Systemen und es werden in den nächsten Monaten weitere Lösungen und Anbieter auf den Markt kommen. Aus Publisher-Sicht es daher wichtig, sich einen kompetenten Partner für sein Adtech-Setup zu suchen, der bereits mehrere ID-Systeme unterstützt. Unsere Erfahrungen zeigen, dass so bereits kurzfristig deutliche Umsatzuplifts erzielt werden können, weil verloren gegangene Potentiale zum Beispiel bei Firefox wieder zurückgeholt werden. Für den Publisher bedeutet dies keinen zusätzlichen Aufwand.”

Letzner weist jedoch auf einen entscheidenden Unterschied bei den Funktionsweisen der IDs hin: “Mittelfristig werden persistente ID-Verfahren immer wichtiger. Für diese ist eine Authentifizierung, also ein Hard- oder Softlogin nötig. Publisher, die bislang keinen eigenen Loginbereich haben, können dies lösen, indem die in ihren Consent-Management-Plattformen entsprechende Authentifizierungsmöglichkeiten schaffen, den sogenannten Consented Login”, so der Ströer-Experte.

Bild: Schober Peter Ambrus, Schober

Auf wen auch immer die Wahl fällt, eindeutig ist immer der erste Schritt: Ohne Consent kann keine ID genutzt werden. “Die Rechtslage über die Verwendung – rechtlich: Verarbeitung, was jede Tätigkeit betreffend die ID-Nutzung umfasst, ob erheben, analysieren oder sonst in irgendeiner Weise ‘anfassen’ – ist klar: Sie sind nur mit ausdrücklicher Einwilligung der Betroffenen, also den Trägern der Kennnummern, nutzbar”, erklärt Peter Ambrus, Chief Legal Officer der Schober Information Group. Als Hybrid aus Customer Data Platform (CDP) und Data Management Platform (DMP) muss die Datenplattform UDO von Schober mit unterschiedlichen IDs jonglieren.

Ambrus empfiehlt zwar so viele IDs wie möglich zu unterstützen, aber die rechtliche Entwicklung im Auge zu behalten. “Solange die aktuellen rechtlichen Anforderungen an die Einwilligung beachtet werden, ist bei der Nutzung von eigenen ID-Informationen oder Fremddaten nichts zu befürchten”, stellt der Rechtsexperte klar. "Wir erwarten jedoch, dass sich der Rechtsrahmen ändern wird."

Dialog mit der Nachfrage-Seite

Bild: Burda Forward Carsten Sander, Burda Forward

Auch ein Gespräch mit der Demand-Seite hilft dabei zu klären, welche IDs sich als sinnvoll erweisen könnten. Für den Dialog plädiert Carsten Sander, Director Monetization Technology Solutions bei Burda Forward: “Dass sich ein Anbieter als alleiniger ID-Anbieter durchsetzen wird, ist eher unwahrscheinlich. Zum einen gibt es sehr viele Spezialgebiete und darüber hinaus auch eine globalisierte Angebotsvielfalt. Ob beim Header Bidding also eher zwei oder mehr ID-Anbieter pro Publisher eingesetzt werden, hängt von der Komplexität der Einbindung und davon, wie schnell sich Umsatzeffekte einstellen, ab. In jedem Fall sollte man mit den angeschlossenen Demand-Quellen in den Austausch gehen, um die technischen Möglichkeiten zu ermitteln und Engpässe zu vermeiden.”

Die Anbieter würden sich laut Sander zum Teil sehr stark in ihrem Angebotsspektrum unterscheiden, was den Funktionsumfang für die verschiedenen Anwendungsbereiche von Publishern angeht. “Es ergibt also durchaus Sinn, sich bei der Entscheidung für einen Anbieter die konkreten Lösungen für die Maximierung der ID-basierten Reichweite vorstellen zu lassen. Denn es bleibt ein Problem, Nutzer zu einem Login zu bewegen. Aus diesem Grund gibt es Anbieter, die die Zuordnung eines Nutzers zu einer eindeutigen ID auch ohne Login auf Basis von Machine-Learning-Ansätzen möglich machen. Dieses Vorgehen ist hochrelevant für all die Publisher, die eher keine hohe Login-Quote erwarten.”

Sander wagt abschließend einen Blick in die Kristallkugel: “Wenn ich eine Prognose abgeben müsste, dann erwarte ich pro Publisher mindestens zwei ID-Anbieter in den nächsten zwei Jahren. Darüber hinaus empfehle ich aber dringend, sich nicht allein auf IDs als Alternative zu herkömmlichen Third-Party-Cookies zu verlassen. Man sollte in jedem Fall auch auf First-Party-Daten, wie beispielsweise das Konzept der Data Clean Rooms, und kontextuelles Targeting setzen – vor allem im Hinblick auf die Aussichten, die Apple für das Thema Targeting in Apps durchblicken lässt.”

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