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ADTECH

Typen von Advertising IDs und ihre Einsatzgebiete

Anton Priebe, 10. Juni 2020
Bild: Lukenn Sabellano – Unsplash

Personalisierung ist eine der zentralen Errungenschaften digitaler Werbung. Damit Werbemittel individuell ausgeliefert werden können, müssen gesammelte Informationen einem Profil oder zumindest einem Gerät zugeordnet werden können. Diesen Job übernehmen Advertising IDs, die derzeit oft diskutiert werden, da die populärste und verbreitetste Methode zur Identifizierung des Users aus verschiedenen Gründen nicht zukunftsfähig ist.

Cookies sind wohl die älteste und berühmteste ID-Lösung, die sich weitläufig unter den Technologie-Unternehmen im Werbe-Ökosystem etabliert hat. Sie haben jedoch mittlerweile ihren Zenit überschritten. Das liegt darin begründet, dass Browser-Hersteller deren Verwendungsmöglichkeiten zunehmend einschränken und auch die Politik den Datenschutz dahingehend verschärft, dass Cookies bei der Identifizierung von Nutzern immer unbefriedigendere Ergebnisse liefern. Im Zeitalter von mobilen und smarten Geräten läuft das Cookie-Modell ohnehin aus, da sie dort keine oder nur kaum Verwendung finden.

Da sich das moderne Advertising im Web hauptsächlich auf Cookies stützt, suchen die Marktteilnehmer nun händeringend nach einer alternativen Methode, um Nutzer im Rahmen von Website-Besuchen zu identifizieren. Dabei geht es insbesondere darum, eine ID-Lösung zu finden, die sowohl geräte- als auch medienübergreifend einsetzbar ist, um die heutigen, weit verzweigten digitalen Bewegungsmuster der User abbilden zu können.

Ein Whitepaper von Technologie-Anbieter Beeswax versucht eine Übersicht zu liefern, welche Lösungen bereits existieren und welche Anwendungsfälle im Advertising sie bedienen können. Damit soll Verständnis geschaffen werden, um die aktuelle Suche zu beschleunigen. Wir wollen die Essenz dieses Papers im Folgenden zusammenfassen.

Die verschiedenen Identifier im Advertising

Vorweg ist zu betonen, dass die Legislative bei der Verarbeitung von personenbezogenen Daten einen Opt-in, also eine Zustimmung zur Identifikation des Nutzers, erfordert, der bei den unterschiedlichen Lösungen unterschiedlich eingeholt werden kann. Sollte die Zustimmung, der sogenannte Consent, zur Datenverbeitung nicht vorliegen, bleiben zur Personalisierung der Werbung nur kontextuelle Informationen, die im Moment des Kontaktes mit dem User entstehen, wie zum Beispiel das Seiten-Umfeld.

  • Third-Party-Cookies sind wie eingangs beschrieben die bekannteste Lösung, um ein Gerät zu identifizieren und im Programmatic-Ökosystem besteht bereits eine Infrastruktur, die darauf ausgerichtet ist. Allerdings steht das Cookie als Advertising-ID-Lösung von mehreren Seiten unter Beschuss und wird im Browser regelmäßig gelöscht. Da jede Partei in der Werbewelt in der Regel sein eigenes Cookie beim User setzt, funktioniert das Matching, also der erfolgreiche Abgleich zwischen verschiedenen Marktteilnehmern, auch nur in etwa 60 Prozent der Fälle.
  • First-Party-Cookies und Logins auf Publisherseite sind hingegen eindeutig und bleiben in der Regel bestehen. Sie lassen sich aber nicht Website-übergreifend nutzen.
  • Mobile IDs wie Apples IDFA oder Googles AAID haben ebenfalls den Vorteil, dass sie eindeutig sind, und Geräte auch App-übergreifend identifizieren. Aber auch hier steht die Frage im Raum, wie lange sie noch angesichts der hitzigen Datenschutzdiskussionen bestehen bleiben. Außerdem helfen Sie in der Desktop-Umgebung nicht weiter.
  • Daneben existieren geteilte ID-Lösungen, entweder login- oder cookiebasiert. Im Falle von Cookies bedeutet dies, dass mehrere Marktteilnehmer die gleiche Kennung nutzen, um die Synchronisation zu verbessern – aber immer noch mit den gleichen Nachteilen zu kämpfen haben, da es Third-Party-Cookies bleiben. Geteilte Logins erleichtern zwar die Website-übergreifende Identifikation für Publisher, die Kennungen müssen aber wiederum immer noch mit denen des Advertiser-Universums abgeglichen werden.
  • Probabilistische ID-Graphen sind Datenbanken, in denen Wahrscheinlichkeiten für bestimmte Nutzereigenschaften ermittelt und gesammelt werden. Sie helfen also dabei, geräteübergreifend Annahmen über den User zu treffen, basieren jedoch größtenteils auf Third- oder First-Party-Cookies.
  • Deterministische ID-Graphen sind Datenbanken, die Nutzer anhand von sich nicht verändernden Merkmalen zu identifizieren versuchen und können also etwas genauere Sicht auf den User bieten. Sie funktionieren Website-übergreifend, fußen allerdings ebenfalls größtenteils auf Third- oder First-Party-Cookies.
  • Die Identifikation auf Basis der IP-Adresse schließt mehrere Geräte ein, die erkannt werden können. Es lässt sich aber keine Aussage zu konkreten Personen treffen, sondern nur zu den jeweiligen Haushalten. Außerdem wird sie hinfällig, wenn das Gerät das Einflussgebiet des Routers verlässt.
  • Fingerprinting erstellt Profile anhand eines “Abdrucks” der Systemeinstellungen (Plugins, Schriftarten, Browserversion etc.), ist aber nicht datenschutzkonform und wird über kurz oder lang von der Browser-Welt blockiert.

Was die einzelnen Identifier leisten müssen

In der digitalen Werbung ist die Identifikation von Usern hauptsächlich in drei bzw. vier Anwendungsfällen nötig:

1. Frequency Capping

Das Frequency Capping ist die Beschränkung der Impressions ein- und derselben Werbung, die an eine Zielperson ausgeliefert werden. In der Regel greifen Technologien bei der Identifizierung des Nutzers dafür auf Cookies und Mobile Identifier zurück, was dazu führt, dass die Reichweite der Kampagne limitiert wird. Denn falls ein User nicht identifiziert werden kann, wird keine Werbung ausgespielt, um der Gefahr zu entgehen, dass die Person die Werbebotschaft in unkontrollierter Zahl erhält.

2. Targeting und Bidding

Das Targeting ist die große Errungenschaft des Programmatic Advertising. Es meint die Formulierung von Rahmenbedingungen, die erfüllt sein müssen, damit ein Werbemittel platziert wird. Es definiert also wann, wie und wem die Anzeigen gezeigt werden sollen oder auch nicht. Damit das “Wem” funktionieren kann, muss etwas über die Person vor dem Bildschirm bekannt sein, sie muss also in irgendeiner Form erkannt werden. Die Bidder, also die Technologien, die in die Auktionen involviert sind, richten sich letztlich nach den Regeln, die durch das Targeting bestimmt sind, und sind also ebenso auf eine funktionierende ID-Lösung angewiesen.

3. Attribution

In der digitalen Welt entstehen zwischen Usern und Marken bzw. deren Werbemitteln meistens mehrere Kontaktpunkte, die alle ihren Teil dazu beitragen, wenn er letztlich zum Kunde wird. Die Attribution versucht dem Rechenschaft zu leisten, indem die Kontaktpunkte registriert und ausgewertet werden, was auch für die Zahlungsmodelle der einzelnen Anbieter eine Rolle spielt. Ein Attributionsmodell ist logischerweise auf IDs angewiesen, damit jeder Kontaktpunkt sichtbar wird und das Reporting stimmt.

Was die einzelnen Identifier leisten können

Die folgende Grafik verdeutlicht, welche Fälle die einzelnen ID-Lösungen abdecken können.

Die oben beleuchteten Vorteile und vor allem auch die Schwachpunkte der Identifier machen deutlich, dass die richtige Lösung noch nicht gefunden ist. Die Suche nach einer zukunftsfähigen Lösung ist im vollen Gange und es wird wahrscheinlich darauf hinauslaufen, dass mittelfristig eine Kombination der Identifier – wie jetzt auch schon – zum Einsatz kommt. Wie genau diese Kombination aussehen wird, ist allerdings noch unklar. Große Hoffnung setzen einige Experten auf das Projekt “Privacy Sandbox” von Google, das seit Anfang des Jahres eine standardisierte, datenschutzkonforme Lösung für den Chrome-Browser erarbeitet.

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