Die ökonomischen Auswirkungen der grassierenden Pandemie sind gravierend. Auch das Programmatic Advertising bekommt den “Corona-Effekt” zu spüren: Aufgrund der erhöhten Mediennutzung steigt die Inventarverfügbarkeit, während die Nachfrage hingegen sinkt, da bei den Werbebudgets gespart wird. Die Auswirkungen treffen einige Marktteilnehmer härter als andere. Mobile bleibt jedoch ein Sonderfall, wie Programmatic-Experten gegenüber ADZINE erklären.
Der Lockdown und die daraufhin gestiegene Mediennutzung haben natürlich auch den gesamten Sektor Mobile stark beeinflusst. “Ganz klar erkennbar ist ein genereller Anstieg in der Nutzung internetbasierter Services zwischen Februar und März diesen Jahres, als Menschen gezielt zuhause blieben”, stellt Lukas Fassbender, General Manager DACH der Demand-Side-Plattform The Trade Desk, bei der Analyse der Zahlen fest. “Auf der Basis unserer Daten zu verfügbaren Impressions verzeichnen wir einen 69-prozentigen Anstieg in der Nutzung von Connected TV allein während dieser zwei Monate. Im Mobile Web lässt sich für denselben Zeitraum eine um 34 Prozent gesteigerte Nutzung und für Mobile Video eine um 28 Prozent gewachsene Impression Rate verzeichnen.” Mit Blick auf die eigenen Daten ergänzt Dirk von Borstel, CEO der Supply-Side-Plattform Yieldlab: “Insbesondere aber auch AMP-Seiten erfreuen sich aufgrund der Nachrichtenlage vermehrter Beliebtheit.”
Mobile Advertiser fahren ihre Ausgaben nicht so stark zurück
In der Folge ist die Inventarverfügbarkeit analog zu den Entwicklungen auf dem Desktop angestiegen, die dort für ein ungesundes Ungleichgewicht gesorgt haben. Doch auch wenn das Angebot von mobiler Werbefläche wächst, ergibt sich daraus nicht zwangsläufig das gleiche Problem. “Mobile – und das heißt in erster Linie In-App-Traffic – ist im programmatischen Bereich generell günstiger und stärker von Performance-Kampagnen getrieben als Desktop. Daher fallen die Rückgänge der Media Spendings etwas geringer aus als im Desktop-Bereich”, erklärt Daniel Skoda, Managing Partner der Programmatic-Agentur Adlicious. Das lässt die Schere zwischen Angebot und Nachfrage nicht so eklatant auseinanderklaffen wie auf Desktop. Dennoch stehe die Monetarisierung des in der Krise hinzugekommenen Inventars, zum Beispiel durch den zu verzeichnenden Gaming-Boom, “auf einem anderen Blatt”, so Skoda.
Auch Branchenkollege Carsten Becker, Managing Partner Programmatic & Digital Innovation bei der Omnicom Media Group, weist auf diese Herausforderung hin: “Hinsichtlich des Angebots gibt es durchaus Gewinner unter den Apps, insbesondere allerlei Gaming-Apps und solche, die das Arbeiten von zu Hause fördern – schulisch wie beruflich. Letztere sind für den Werbemarkt allerdings oft nicht relevant.” Einen Vorteil aus der Nutzung können Becker zufolge hingegen eindeutig die News-Anbieter ziehen: “Starke Konjunktur haben die seriösen Nachrichtenportale, die für faktische Berichterstattung stehen. So haben auch Abo-Modelle aktuell großen Zulauf. Dies dürfte auf Dauer die Nutzung der entsprechenden Apps fördern, die große Medienmarken in aller Regeln anbieten.”
Abseits von den Unterschieden, die sich aus der Monetarisierung des Traffics ergeben, hat das Mobile Advertising darüber hinaus einen entscheidenden strategischen Vorteil gegenüber Desktop-Werbung: “Mobile als Kanal hat die Chance, Konsumenten vor dem Hintergrund einer weitgehend noch unklaren Lage mit klarer Angebotskommunikation zurück in die Läden zu bringen, wobei 'Drive to Store' auch über Desktop ein Thema wird”, verrät Daniel Skoda. Werbung auf dem Smartphone kann also bei der langsamen Wiederaufnahme des Brick-and-Mortar-Geschäfts eine wichtige Rolle spielen, was Mobile Advertising zusätzliche Budgets beschert.
Lichtblick am Horizont
Wie in der Desktop-Umgebung ist auch im Mobile Advertising bereits eine Erholung eingetreten und Besserung in Sicht. Fassbender blickt hoffnungsvoll in die Zukunft: “Ich stimme Sir Martin Sorrell zu, der davon ausgeht, dass der Neustart ähnlich steil verlaufen wird, wie die Verlangsamung. Besonders im Digitalbereich, der schnell gestartet werden kann. Zugute kommt uns zudem, dass der Umgang der Konsumenten mit digitalen Kanälen sich deutlich verstärkt hat.” Agentur-Profi Carsten Becker geht davon aus, dass Ende Juni “das Gröbste” überstanden ist.
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