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DATA

Reports waren gestern – Echtzeit bestimmt mobilen Datenhandel

Frederik Timm, 18. September 2019
Bild: Franki Chamaki; CC0 - unplsash.com

In der Nutzeransprache erfüllen Mobile-Daten Werbetreibenden schon länger den Traum der personalisierten Ansprache genau im richtigen Moment. Doch auch im Kampagnen-Reporting verändern die mobilen Daten die Werbepraxis. Im Interview erklärt Adsquare-CEO und -Mitgründer Tom Laband, warum Echtzeitmessungen die Zukunft gehört und wie sie schon jetzt zur Kampagnenoptimierung eingesetzt werden.

ADZINE: Adsquare hat für den Bereich Mobile einen Datenmarktplatz entwickelt, in dem viele Datenformen zusammenlaufen. Wenn wir über mobile Nutzung sprechen, dann kommen natürlich Standortdaten in den Sinn. Sind diese Daten bei Ihnen besonders gefragt?

Bild: adsquare Presse

Tom Laband: Das kommt darauf an. Wir unterscheiden zwischen statischen, kontextuellen Standortdaten als Bestandteil unseres „Proximity Targeting“-Produktes auf der einen Seite und Standortdaten von anonymisierten mobilen Endgeräten auf der anderen Seite, die Auskunft über Bewegungsströme geben und die Basis für unser „Measurement“-Produkt darstellen.

Über das „Proximity Targeting“-Produkt können Werbetreibende Nutzer auf Basis deren Aufenthaltsorte zum Zeitpunkt der Werbemittelauslieferung erreichen, zum Beispiel im Umkreis bestimmter Einzelhandelsgeschäfte.
Das „Measurement“-Produkt dient der Erfolgsmessung durch Kundenfrequenzanalysen. Es macht nach nur einem Jahr nach Markteinführung bereits circa 30 Prozent des Gesamtumsatzes aus und gewinnt mehr und mehr an Bedeutung.

ADZINE: Das „Footfall Measurement” ermittelt den Erfolg einer Kampagne anhand der Ladenbesuche in Echtzeit. Bei Adsquare befinden Sie sich gerade in einem Wandel von historischen Messungen hin zu Echtzeit. Wie geht der vonstatten?

Laband: Seitdem wir auch Realtime-Messungen anbieten, gibt es fast keine Nachfrage mehr nach der historischen Messung von Kampagnenerfolgen. Die Footfall Measurement Reports waren vorher der Standard, aber mit den Echtzeit-Integrationen, die wir mit Google, The Trade Desk, Tabmo und Adform realisiert haben, hat sich das Thema komplett in Richtung Realtime Footfall Measurement gedreht. Es gibt Werbetreibende wie Renault in Frankreich, die ihren gesamten Online Digital Ad Spend innerhalb von Google in Bezug auf das KPI „Besuche beim Autohändler“ messen. Display, Youtube und Search werden komplett anhand dieses KPI optimiert.

ADZINE: Woher stammen die Daten für diese Messungen?

Laband: Unsere Proximity-Daten beziehen wir je nach Datentyp von unterschiedlichen Quellen: Die Point-of-Interest-Daten kommen unter anderem von HERE. Der Kartenhersteller, ehemals von Nokia, gibt uns 70 Millionen sogenannte Polygone – das heißt Gebäudeumrisse – von relevanten Orten. Diese geo-kontextuellen Daten beschreiben den Raum.

Die Bewegungsdaten auf Endnutzerebene kommen von App-Publishern, die ein SDK integriert haben. Dieses SDK hat die Erlaubnis der Nutzer bekommen, im Hintergrund Bewegungsdaten zu erheben und diese Daten mit Adsquare zu teilen. Hier arbeiten wir mit App-Publishern, die einen Location-based Service anbieten, wie beispielsweise Wetter-, Transport- oder Dating-Apps.

Weitere Daten wie unsere Wetterdaten kommen in Deutschland von Wetter.com – international von The WeatherFX, einem Unternehmen von IBM. Soziodemographische Haushaltsdaten kommen von Acxiom, Experian, Schober, AZ Direct oder Mastercard. Eventdaten kommen von einem Eventdatenaggregator namens Eventful.

ADZINE: Welche Motivation haben die Publisher, um mit Ihnen zu arbeiten?

Laband: Die anonymisierten Standort- beziehungsweise Bewegungsdaten aus den Apps kaufen wir ein und bieten App-Publishern somit die Möglichkeit mehr Umsatz zu erzielen. Die Rohdaten werden dann allerdings nicht weiterverkauft, sondern ausschließlich für die Kundenfrequenzanalysen genutzt oder teilweise auch, um sogenannte „geo-behavioral“ Segmente zu bauen, die dann im Targeting-Produkt genutzt werden können.

App-Publisher können darüber hinaus auf Basis einer Umsatzbeteiligung auch segmentierte Daten über unseren Marktplatz monetarisieren. Das Geschäftsmodell hierbei basiert auf einem Daten-TKP für alle ausgelieferten Impressions.

ADZINE: Wie relevant sind Location-basierte Echtzeitdaten? Längst nicht jeder Nutzer guckt ständig auf sein Smartphone, geschweige denn in eine App, die auch in dem Moment die passende Werbung ausspielt.

Laband: Tatsächlich ist der Use Case, einen Nutzer in der Nähe eines Stores in den Laden zu führen, sehr relevant. Wir haben Kunden, McDonald's und andere Filialisten, die über das ganze Jahr auf jeden passenden Bid Request bieten, um genau die Nutzer im Umkreis ihrer Filiale anzusprechen. Wie viele Nutzer das sind, kann ich allerdings nicht sagen.

ADZINE: Aber wird rein rechnerisch die Zahl der möglichen Impressions nicht sehr gering? Es können immerhin längst nicht alle Nutzer mit Location-Daten getrackt werden und von den verbleibenden guckt auch nicht jeder im richtigen Moment auf sein Smartphone.

Laband: Das ist eine Sichtweise. Auf der anderen Seite sind aktuell etwa schon für ein Drittel des In-App-Inventars Standortinformationen verfügbar. Das ist schon ziemlich viel und dieser Anteil wird weiter wachsen.
Ganz unabhängig davon spielt, abgesehen von Targeting, auch Datenanreicherung eine große Rolle. Dabei ist es völlig unerheblich, ob jemand sein Smartphone auch wirklich nutzt. Wir können etwa von zehn Prozent der mobilen Bevölkerung die Location-Daten aggregieren und mit weiteren Informationen verknüpfen.

ADZINE: In-App oder Mobile Web? Wo ordnet sich Ihr Geschäft eher ein?

Laband: Die für unsere Produkte benötigten Location-Informationen bekommen wir normalerweise aus dem In-App-Bereich, weil diese Daten vorrangig dort erhoben werden. Aber auch im Mobile-Web-Bereich erheben manche Seiten Standortinformationen.

Wenn wir an Zielgruppen denken, als Teile unsere Audience Targeting Produktes, sind wir jedoch generell „Mobile First“ beziehungsweise „MAID First“. Das heißt: Alle Segmentinformationen, die wir aggregieren, liegen in erster Linie auf den Mobile Ad IDs vor. Das hat unterschiedliche Gründe: Erstens ist die MAID ein sehr persistenter Identifier. Sie wird nicht häufig zurückgesetzt. Wir haben außerdem keine Cookie-Blocking-Probleme. Auch Cookie Sync und Cookie Loss gibt es nicht. Weiterhin können wir die Segmentinformationen von der MAID auch im Mobile oder Desktop Web anwenden. Das geht mit Hilfe von Cross-Device-Graphen, die uns Partner zur Verfügung stellen – Tapad wäre das im Bereich Europa. Werbetreibende können die umfangreichen Informationen, die einer Mobile Ad ID zugeordnet sind, auch nutzen, um damit eine Cookie ID anzusprechen.

ADZINE: Danke für das Gespräch, Tom Laband!

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