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Aufgeklärt: Drei große Tech-Irrtümer im Mobile Advertising

Markus Malti, 18. Dezember 2018
Bild: NeONSTAND; CC0 - unsplash.com

Mobile Advertising und die Gewinnung von neuen App-Nutzern wird zunehmend komplexer. Um dem zu begegnen, setzen Advertiser diverse Technologien in der Hoffnung auf Quick-wins ein. Dabei ist die Wissenslücke zwischen theoretischem und praktischem Wissen häufig groß. Zusätzlich sind Werbungtreibende hohem Wettbewerbsdruck bei Mobile-Performance-Kampagnen in den Walled Gardens ausgesetzt und müssen hunderte von anderen Vertriebswegen managen, um effizient hochwertige App-Nutzer zu gewinnen. Auch die vielen Hype-Themen helfen nicht dabei, zu entscheiden, welche Technologien Mehrwert bieten und welche nicht.

Markus Malti, Managing Director von WeQ, klärt über drei Tech-Irrtümer im Mobile Advertising auf.

Irrtum Nummer eins: Hyperlokale Targeting-Technologien sind einsatzbereit

Targeting ist heute im Mobile-Advertising Standard. Informationen wie das Betriebssystem, Geo-Location oder demografische Daten des Smartphone-Nutzers werden dazu verwendet, die passende Werbeanzeige zur richtigen Zeit an die richtige Person auszuliefern. Durch diese Datenfülle ist das Buzzword „hyperlokales Targeting“ entstanden. Darunter versteht man Geo-Targeting mit einer sehr genauen Trefferquote. Die Zielgruppe besteht dabei entweder aus mehreren Personen, die sich gerade an einem bestimmten Ort aufhalten, oder sogar nur aus einer einzelnen Person, die beispielsweise vor einem bestimmten Ladengeschäft steht.

Klingt super für Werbungtreibende, ist aber mehr Mythos als Realität, denn nur wenige nutzen hyperlokales Targeting. Dafür gibt es zwei Gründe: Erstens ist es sehr schwierig und kostspielig, an Location-Daten zu kommen, die so präzise sind. Der Standardweg, den Aufenthaltsort eines mobilen Nutzers zu bestimmen, ist seine IP-Adresse. Diese kann aber bis zu 100 Kilometer abweichen. Zweitens: Hat der Werbungtreibende Zugang zu Location-Daten, braucht er eine Technologie, die entscheidet wie genau die Werbung basierend auf den ortsbezogenen Daten aussehen soll. Auch wenn Location-Daten und die Technologie vorhanden sind, können zu wenige Ableitungen pro Location gemacht werden, um eine statistische Relevanz zu schaffen. Ein Beispiel: Je mehr Parameter als Entscheidungsgrundlage bei einer Mobile-Performance-Kampagne in Betracht gezogen werden (Betriebssystem, Uhrzeit, Wochentag etc.), desto kleiner wird die Zahl der Ableitungen für jede Kombination von Parametern. Gibt man dann hyperlokale Targeting-Informationen dazu, werden die Ableitungen noch kleiner, so dass keine statistisch validen Prognosen mehr möglich sind.

Das bedeutet: Hyperlokales Targeting ist heutzutage zwar möglich, aber nicht so einfach umsetzbar, wie man denken würde, und noch jenseits von genau. Werbungtreibende, die es nutzen, setzen solche Kampagnen eher manuell mit kleinem Budget auf. Bietet ein Technologieanbieter hyperlokales Targeting skalierbar und automatisiert an, sollten Advertiser dies genau hinterfragen.

Irrtum Nummer zwei: In Automatisierung zu investieren, kann noch warten

Viele Aufgaben im Kampagnen-Management können automatisiert werden. Trotzdem setzen viele Marketing- und Account-Manager tausende von Werbekampagnen noch manuell auf und kontrollieren die kryptischen Tracking-Links per Hand. Wenn es dann an die Kampagnenoptimierung geht, ist das Aufsetzen verschiedener Parameter für A/B-Testings besonders ermüdend. Mithilfe automatisierter Workflows lassen sich multivariate Testszenarien parallel aufsetzen. Machine-Learning-Methoden helfen dabei, automatisch Budget oder Traffic zuzuweisen, um bessere Performance-Werte zu erreichen und oder schlecht laufende Einstellungen zu entfernen.

Dynamic Creative Optimization (DCO) nutzt Automatisierung, um dutzende oder hunderte Versionen von Werbemitteln in Programmatic Advertising zu testen. Automatisierte A/B- und Link-Tests sind für die Werbebranche wie die Serienbrief-Funktion in Office. Das bedeutet nicht, dass Werbungtreibende ihren Designer gehen lassen sollen, aber DCO kann etwas leisten, was kein Mensch vermag. Das System kann beispielsweise unzählige Calls-to-Action mit verschiedenen Logo-Versionen auf unterschiedlichen Hintergründen in einem automatisierten A/B-Test kombinieren. Der Marketer erfährt dann, welche Werbemittelversionen am besten auf welchen Publisher-Seiten und zu welchen Zeiten etc. funktionieren. Nicht nur dass die Kampagnen dadurch erfolgreicher performen, Dynamic Creative Optimization hilft auch dabei, manuelle Fehler zu eliminieren, und lässt den Marketing-Verantwortlichen mehr Zeit für das tatsächliche Kampagnenmanagement und die -optimierung. Basierend auf Zahlen aus dem „2020 In(Sight) Report“ von WorkMarket können Mitarbeiter mittels Automatisierung sechs Wochen Arbeitszeit im Jahr einsparen. Bei Führungskräften sind es sogar neun Wochen. Es ist also an der Zeit, die Kampagnenautomatisierung einzuführen.

Irrtum Nummer drei: Compliance ist unmöglich

Das Werbeökosystem ist komplex und oftmals nicht transparent. Adtech-Player wie Google, Facebook und Amazon investieren in Technologie und juristische Expertise, um die Transparenz und Datenkontrolle zu erhöhen. Mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) werden technische Lösungen benötigt, die Daten und Nutzerpräferenzen korrekt verwalten oder die Daten rechtskonform austauschen können. Doch auch jenseits der DSGVO ist der Ruf nach Compliance von allen Beteiligten im Werbemarkt zu hören. Advertiser wollen wissen, ob die Nutzer, für die sie zahlen, echt sind und ob ihre Werbung sichtbar ist. Mediaeinkäufer wollen sicherstellen, dass sie keinen Bot-Traffic kaufen und RTB-Auktionen fair ablaufen. Publisher wollen gewährleisten, dass sie keine Abspielfläche für unpassende Werbeanzeigen werden.

Seit vielen Jahren investieren Unternehmen in Lösungen, um den Traffic zu kontrollieren und Tools für besseres Monitoring und Reporting zu entwickeln. Momentan werden bereits existierende Lösungen neu verpackt und als Mittel gegen Fraud verkauft. Dabei ist es entscheidend, was unter der Haube ist. Werbungtreibende können mithilfe von Technologie selbst für mehr Kontrolle bei ihren Mobile-Advertising-Kampagnen sorgen. Hier zwei Beispiele:

  • Ob neue App-Nutzer echt sind, lässt sich beispielsweise mithilfe von Post-Install-KPIs bei einer Kampagne überprüfen. Statt der App-Installs werden Wiederkehrer oder die In-App-Aktivität von Nutzern gemessen. Werbungtreibende können Mobile-Advertising-Anbieter zum Erreichen von gewissen Retention- und Aktivitäts-Raten verpflichten oder auch die Performance-Marketing-Kampagne nicht nach App-Download, sondern nach Post-Install-Events vergüten.
  • Bot-Traffic muss herausgefiltert werden. Mittlerweile verfügen viele Anbieter über Methoden zur Erkennung von betrügerischen Klicks. Machine-Learning-Technologien treffen automatisiert anhand statistischer Verteilungen die Entscheidung, ob sie einen Nutzer einen Schritt in der Customer Journey weiterlassen oder nicht. Gängig ist es, die Verteilungen der App-Downloads nach Click-to-install-times (CTIT) zu analysieren. Dabei gilt: Wer zu lange für die Installation der App braucht, ist verdächtig, wer wenige Sekunden braucht ebenfalls. Weitere Analysen beinhalten die Verteilung von mobilen Endgeräten oder die Verteilung von Impressions zu Klicks von denselben IPs und User Agents über einen gewissen Zeitraum.

Fazit

Automatisierte Technologien und Machine-Learning-Algorithmen helfen dabei, die User-Acquisition-Journey im Mobile Advertising zu vereinfachen und zu verbessern. Werbungtreibende müssen den Finger am Puls der neuesten Entwicklungen in der Werbetechnologie haben. Dabei gilt es: Take only educated risks!

Bild Markus Malti Über den Autor/die Autorin:

Markus Malti ist Managing Director des Mobile-Advertising-Spezialisten WeQ. Malti arbeitet seit mehr als 20 Jahren in internationalen Unternehmen, in denen er Führungspositionen im Digitalbereich innehatte. Stationen waren beispielsweise SEGA, Wanadoo und RTL.

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