Trotz enormer technologischer Fortschritte durch den programmatischen Kanal und den Einsatz von Data Management Platforms beim Kauf, Verkauf und Targeting von digitalen Videoanzeigen in den vergangenen fünf Jahren scheinen viele Video-Marketing-Strategien in den digitalen dunklen Zeiten der 90er zu stecken. Eine Vielzahl von Marketingentscheidungen basiert immer noch auf grundlegenden Auslieferungsmetriken wie Ad Impressions und Clicks – obwohl diese unzureichend sind, wenn es um die Betrachtung des Erfolgs einer Videokampagne geht.
Vor drei bis vier Jahren wurden die meisten Videokampagnen ausschließlich auf der Basis von Clickraten bewertet. Erfahrungsgemäß sind Videoclickraten insgesamt höher als Clickraten im Displaybereich, aber was bedeutet das im Rahmen einer Bewertung der Markenstrategie? Clicks sind ein guter Indikator dafür, wie viele Nutzer man in einen Direct-Response-Trichter in Richtung einer Art von Conversion gegeben hat. Allerdings basieren die meisten Videokampagnen auf einem Fernsehwerbemittel, immer noch zu oft dem klassischen 30-Sekünder, die nicht darauf abzielen, eine Conversion auszulösen.
2012 und 2013 waren dann endlich die Jahre der Completion Rate. Dies ist eine geeignete Basismetrik, die allerdings den Werbetreibenden lediglich verrät, wie lange ihre Video-Assets in einem Videoplayer gespielt worden sind. Dies sollte allerdings nur der Anfang sein. Video ist der König der Branding-Formate, also sollten wir dem Format auch die nötige Messung und technische Infrastruktur zur Seite stellen.
Heute, 2015, gibt es immer mehr Werbetreibende und Agenturen, die mehr Metriken zu Rate ziehen. Dennoch werden Videokampagnen immer noch zu einem großen Maß mit der Gießkanne ausgegossen. Stattdessen sollten diese 8 Metriken jedes Mal bzw. ebenfalls in die ganzheitliche Erfolgsmessung einer Videokampagne einfließen, ungeachtet ob die Ausspielung über In- oder OutStream erfolgt:
1. Reichweite
Für Werbetreibende ist es essenziell, die Gesamtzahl der Unique User zu kennen, die ihrer Videokampagne ausgesetzt sind. Dies definiert grundsätzlich das Publikum, das für die Betrachtung weiterer KPIs zur Verfügung steht. Reichweite ist so als Basis für die restliche Erfolgsmessung zu sehen.
2. Frequenz
Die Frequenz, in der ein Nutzer durch eine Videokampagne angesprochen wird, hat einen immensen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit der Verarbeitung und der Wiedererinnerung einer Werbung. Hier gibt es keinen Königsweg. Größere Häufigkeit bringt nicht immer höhere Effizienz im Sinne der KPIs. Hier empfiehlt es sich, das Potenzial von programmatischem Einkauf zu nutzen und zugeschnittene Werbemittel mit geeigneten Längen zu produzieren und im Anschluss einzukaufen. Dies ist der weitaus bessere Weg, als durch ein zu straffes Frequency Capping den Vermarktern die Möglichkeit zu nehmen, das gewünschte Volumen auszuliefern.
3. Gross Rating Point (GRP)
Der GRP relativiert zusätzlich die Reichweite und die Frequenz und setzt so den Teil der ausgespielten Videokampagne zu dem relevanten Media-Universum in ein Verhältnis. Zwar ist der GRP die designierte Lieblingsmetrik der TV-Vermarkter, dennoch prägt er durch seine Standardisierung und bedachte Anpassung an die digitale Welt maßgeblich die neue Ära einer holistischen Videoerfolgsmessung. Ein einheitliches Konzept für Reichweitenmessung für alle Videokanäle ist eine wesentliche Voraussetzung für die Erlangung sowohl des Verständnisses als auch des Vertrauens von den traditionellen TV-Werbetreibenden.
4. Verweildauer bzw. Completion Rate
Die Aufmerksamkeit des Nutzers ist die wohl wertvollste Währung, die es gibt. Die Messung der exakten Verweildauer, die sich ein Nutzer mit der Marketingbotschaft bzw. mit dem Video auseinandergesetzt hat, ist der einzige Weg, um wirklich zu verstehen, wie geeignet ein Spot auf die Zielgruppe wirkt. An welchem Punkt springen die Nutzer ab? Ist der Spot ansprechend und kurzweilig? Diese Messgröße ist also die stärkste Metrik für die Optimierung der Videowerbemittel. Die Completion Rate gibt natürlich Auskunft, ob ein Videospot bis zum Ende durchgesehen worden ist. Allerdings stellt sich die Frage: Ist eine Werbeform, die zum Beispiel 20 Sekunden lang ist, ihren Claim und die verbundene Werbebotschaft in den ersten 8 Sekunden wiedergibt und 15 Sekunden aktiv angesehen und dann übersprungen wird, schlecht? Ist es nicht viel eher ein Indikator, an der generellen Länge und dem Spannungsbogen einer Videowerbeform zu arbeiten?
5. Demografie
Für Werbetreibende ist es außerdem äußerst wichtig, ihre erreichte Zielgruppe genau zu kennen. Alter, Geschlecht und Einkommen der privaten Haushalte sind solide grundlegende Stücke der demografischen Zusammensetzung, aber es gibt heutzutage mehr zu erfahren. Zeitgemäße Werbetreibende drängen darauf zu verstehen, was einzigartig für ihre Zielgruppe ist. Möglichkeiten der Messung und des Targetings von einer präzise definierten Zielgruppe sollten immer weiter mutig ausprobiert werden. Das heißt aber nicht, dass die zu erreichende Zielgruppe immer kleiner und kleiner werden soll/muss. Für Marken ist es genauso wichtig, jüngere, gerade wegen ihrer Online-Affinität, und ältere Zielgruppen anzusprechen, wie soll man ansonsten den Markenaufbau unterstützen. Daher der Appell: Targeting schlau und überlegt einsetzen. Nur weil etwas technisch geht, heißt es nicht, dass es der Marke zweckdienlich wäre.
6. Brand Lift
Niemand kauft eine Tüte Chips oder ein neues Auto über das Internet. Doch können gerade emotionale Videoanzeigen die Nutzer offline psychologisch beeinflussen. Clevere Werbetreibende verstehen, wie unerlässlich die Messung der tatsächlichen Auswirkung ihrer Videowerbung ist. Der Brand Lift beschreibt sozusagen die Königsdisziplin der Videowerbeeffizienz, nämlich den Einfluss auf die Perspektive und die Einstellung eines Users für die Marke und ihre Botschaft bzw. ihr Angebot.
7. Viewability und Visibility
Nur für einige Werbetreibende ist die Viewability wirklich eine Metrik bzw. sogar Abrechnungsbedingung. Sie wird es aber werden! Daher investieren Werbetreibende und Publisher und ihre Vermarkter gleichermaßen stark in Lösungen und nirgendwo anders ist das Finden einer Lösung herausfordernder als bei der Videovermarktung innerhalb von Apps. Nun tauchen Herausforderungen im Hinblick auf technische Einbindung, Tracking, fehlende Standardisierung und unterschiedliche Meinungen auf. Da sich die gesamte Mediaindustrie nur langsam auf gemeinsame Leistungsstandards einigt, ist die Frage, die uns als Werbetreibende und Publisher bewegt, wie man Erfolg in der Zwischenzeit misst. Die Antwort auf diese Frage liegt in der Klarheit darüber, was messbar und nicht messbar ist und wie wir aufeinanderfolgende Kampagnenerfolgsparameter definieren, mit denen sich die Beteiligten der Wertschöpfungskette sicher fühlen.
Wie nähern wir uns also dem Thema? Die Mehrheit der Einkäufer außerhalb der GroupM benutzen den 50/2-Standard, bei dem 50 % der Videowerbung mindestens 2 Sekunden zu sehen sein muss. Dieser wurde durch den Media Rating Council (MRC) in Zusammenarbeit mit dem Interactive Advertising Bureau (IAB) gesetzt. Allerdings stellten der MRC und der IAB auch heraus, dass die Annahme einer 100-prozentigen Viewability pro Kampagne auf allen Plattformen „unvernünftig“ sei. Begründet wird dies mit derzeitigen Limitationen und dem Konsumentenverhalten. Doch der strikte, selbst auferlegte GroupM-Viewability-Standard (100 % des Videoplayers sind im sichtbaren Bereich, die Viewthrough Rate liegt bei mindestens 50 % und das bei mindestens 50 % der Impressions) ist entscheidend für die Veränderung der Denkweise.
Aber wo liegt nun wirklich die Messlatte? Wegen des angesprochenen Mangels einer gemeinsamen Definition von Viewability, gerade für Mobile Video Ads, gibt es zurzeit divergierende Ansätze im Markt. Dies zeigt der Vergleich zweier führender Unternehmen aus diesem Bereich: Integral Ad Science (IAS) und Moat, der erste durch den MRC akkreditierte Anbieter von Viewability-Messung.
Der Ansatz von IAS zieht die Signale innerhalb einer App zurate. Messpunkte inkludieren die „Durchschnittliche Zeit innerhalb des sichtbaren Bereichs“, die „Durchschnittliche Zeit im Screen“, den „Prozentualen Anteil der Werbung im sichtbaren Bereich“ und den „Prozentualen Anteil des Werbespots, die außerhalb des sichtbaren Bereichs komplettiert wird“. Moat ermöglicht den Werbetreibenden eine Optimierung basierend auf „In-View (sichtbare) Impression“, „In-View (sichtbare) Zeit“, „Gesamtzeit der Interaktion mit dem Werbemittel“ und die „Anzahl der Nutzer-Interaktionen“.
Und wie sieht die Wirklichkeit aus? Im zweiten Quartal 2015 veröffentlichte Moat, dass 56,2 % der verkauften Impressions den MRC/IAB-Standard einhalten konnten, während nur 21,6 % den GroupM-Standard erreichen konnten. Das Fehlen von universellen Standards hat aktuell eine sehr unangenehme und unpräzise Methode der Sichtbarkeitsmessung im Desktopbereich hervorgebracht, nämlich die Messung über die Video Player Ad Interface Definition, kurz VPAID. Dieser IAB-Video-Standard ist eigentlich für die Ausspielung von interaktiven Videowerbeformen kreiert worden. Daher bietet er den Werbetreibenden und Agenturen große Einflussmöglichkeiten auf die Videoplayer des Publishers. Nun ist VPAID allerdings keineswegs dazu ausgelegt, Viewability zu messen. Daher kommt es immer wieder zu Messfehlern und Indifferenzen zwischen Systemen. Viel schlimmer ist jedoch die Unsitte vieler Agenturen von Werbetreibenden, die Funktionen des Videoplayers auf den Publisher-Websites zu manipulieren, z. B. die Lautstärke, Videoqualität, das Seitenverhältnis und sogar die eigentliche Länge der Videowerbung. So kann es vorkommen, dass auch mal ein 45-Sekünder auf einmal als PreRoll geschaltet wird. Das sollte keinesfalls der Anspruch der Branche bleiben.
Der MRC und das IAB arbeiten an zeitgemäßen Leitlinien für die Messung von Viewability für Desktop und Mobile. Darüber hinaus sind deutliche Innovationssprünge auf Seiten der Third-Party-Tracking-Plattformen und der Publisher zu sehen. Dadurch sieht man die Relevanz des Themas nicht nur für Werbetreibende, sondern auch für die Publisher. Für Publisher wird es ein Balanceakt zwischen neuen Werbeformaten, Abrechnungsmodellen und auch Videoplayergrößen und Reichweiten. Durch seine Transparenz und die granularen Einblicke in die Leistungswerte des vorhandenen Inventars ist der programmatische Ein- und Verkauf ebenfalls ein bedeutender Treiber der Weiterentwicklung von Standards und Technologien. Gerade in diesem jungen Feld ist es ultimativ notwendig, den Austausch zwischen Werbetreibenden, Demand Side Platforms, Supply Side Platforms und Publishern zu suchen und zu stärken.
8. Post Campaign Conversions
Hier sind wirklich harte Metriken wie Umsatz und der damit verbundene Return on Investment gemeint. Ein großes Potenzial des programmatischen Einkaufs und Zielgruppentargetings besteht darin, dass Werbetreibende unterschiedliche Zielgruppensegmente nebeneinander laufen und vergleichen können. So kann man effektiv Segmente im Hinblick auf Post Campaign Conversions optimieren. Es liegt in der Natur der Sache, dass Werbetreibende diese Performance-Metrik miteinbeziehen sollten. Aber obwohl sie als die wichtigste erscheint, ist auch diese Metrik nicht isoliert zu betrachten, da in einer umfassenden Marketingstrategie die oben genannten ‚weicheren‘ nicht weniger wichtig sind.
Durch den intelligenten Einsatz dieser acht Metriken können Werbetreibende, aber auch Vermarkter bzw. Publisher das große Ganze sehen und gemeinsam eine effektive Planung, einen effizienten Einkauf und eine ganzheitliche Optimierung umsetzen und so die Wertschöpfungskette für jede Seite verbessern.
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