Das Adtech-Unternehmen Infosum, das sich seit dem Frühjahr unter der Haube des Agenturnetzwerks WPP befindet, hat eine neue Infrastruktur für Datenkollaboration entwickelt. Zuvor wurden für Partner “Bunker” aufgesetzt – extern betriebene, abgeschottete Systeme, in denen die Datenverarbeitung stattfand. Die sogenannten “Beacons” sollen nun direkt in den Cloud-Umgebungen der Unternehmen laufe. Dazu zählen beispielsweise AWS, Google Cloud oder Microsoft Azure. Gleichzeitig bereiten die Beacons den verstärkten KI-Einsatz im Marketing vor.
Identifier schwinden, Verbraucherschutz und Datensicherheit stehen hoch im Kurs und Budgets sind knapp. Außerdem müssen Daten für KI-getriebene Intelligenz nutzbar gemacht werden – keine rosige Ausgangslage für heutige Marketer, urteilt Infosum. Um Abhilfe zu schaffen, haben die Datenspezialisten ihre technologische Infrastruktur generalüberholt und die Beacons, die “Leuchtfeuer”, erfunden.
Vektordatenbanken im Leuchtfeuer
Technisch gesehen ermöglichen die Beacons sogenanntes Vektor-basiertes Matching. Statt wie bisher lediglich Identifier wie E-Mail-Adressen oder Telefonnummern für den Abgleich hinzuzuziehen, arbeitet die neue Architektur zusätzlich mit “Vektor-basierten Repräsentationen” der Daten. Alistair Bastian, CTO von Infosum, bezeichnet diese im Unternehmensblog als “mathematical embeddings that capture context and behavior“. Dabei handelt es sich um mathematische Darstellungen, beispielsweise eines Nutzerprofils, in einem mehrdimensionalen Raum. Merkmale, wie Präferenzen oder Interaktionsmuster, werden als Zahlenwerte kodiert. So landen zwei Kunden, die ähnliche Produkte gekauft haben, bei dieser Darstellung im Vektor-Raum nah beieinander, ohne dass dabei personenbezogene Rohdaten offengelegt werden.
Die Vektordatenbanken machen damit kontext- oder verhaltensbasierte Repräsentationen möglich, die für Bilder, Audio, Videos oder Texte funktionieren. Dies ersetzt zwar nicht das Matching anhand von IDs, das bereits in den Bunkern stattfand. Doch es spielt dem KI-basierten Marketing mit neuen Use Cases in die Karten, denn Algorithmen können auf Grundlage dieser Embeddings direkt Muster lernen. Gleichzeitig setzt die Plattform auf kontinuierliche Updates, sodass Auswertungen in Echtzeit erfolgen können.
Will auch der Markt von Bunkern zu Beacons?
Die Beacons sollen zudem der wachsenden Fragmentierung der Cloud-Plattformen entgegenwirken. Durch die Ausführung direkt in den jeweiligen Umgebungen wird Kollaboration möglich, ohne dass Daten über Plattformgrenzen hinweg verlagert werden müssen. Dabei bleibt das Prinzip der Datenhoheit wie schon bei den bisherigen Bunkern identisch. Der Anbieter beschreibt weiterhin seine „zero data movement“-Politik, also keine Bewegung, kein Kopieren und keine Zentralisierung der Daten. Governance-Funktionen wie detaillierte Zugriffsrechte und Audit-Trails sollen nun innerhalb der eigenen Cloud-Accounts der Unternehmen verfügbar sein. CEO Lauren Wetzel nimmt bei ihrer Einschätzung kein Blatt vor den Mund: “Der Markt hat nach einer echten interoperablen Datenzusammenarbeit ohne Bewegung verlangt, und Beacons bieten genau das.”
Die stärkere Ausrichtung auf KI-Verfahren ergibt angesichts des aktuellen Hypes im Markt Sinn. Allerdings kommen damit auch neue Anforderungen an die Partner. Die Implementierung klingt trotz der „nahtlosen Integrationen“ zunächst komplex, vor allem wenn mehrere Clouds in einem Unternehmen zum Einsatz kommen. Auch Echtzeit-Auswertungen hören sich zwar gut an, sind im gleichen Zuge jedoch potenziell rechen- und damit kostenintensiv. Ob diese Technologie sich am Markt durchsetzt, hängt nun von ihrer praktischen Umsetzbarkeit, Skalierbarkeit und der Bereitschaft der Branche ab, neue Architekturen zu akzeptieren – und nicht zuletzt die KI-Vision des Unternehmens zu teilen.
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