Transparenz bei Retail Media: Was Advertiser beachten müssen
Michael Fuhrmann, 12. August 2025
Im Jahr 2025 fließen Prognosen zufolge weltweit 166 Milliarden US-Dollar in Retail Media. Doch die Fragmentierung des Marktes erschwert Performance-Vergleiche über die verschiedenen Kanäle hinweg. Warum Transparenz zum entscheidenden Erfolgsfaktor wird und welche Maßnahmen Advertiser jetzt treffen sollten.
Die Idee ist so simpel wie wirkungsvoll: Warum nicht dort werben, wo Menschen ohnehin in Kauflaune sind? Retail Media bedient genau das: Die Möglichkeit, Verbraucher direkt am Point of Purchase auf den Plattformen von Einzelhändlern zu erreichen. Was vor wenigen Jahren noch ein Nischen-Marketing-Konzept war, hat sich zu einer Werbeform mit Milliardenumsätzen entwickelt: Emarketer zufolge stiegen weltweit die Werbeausgaben für Retail Media von knapp 67 Milliarden US-Dollar in 2020 auf 140 Milliarden in 2024. Das entspricht grob einem Fünftel der weltweiten digitalen Werbeausgaben. Auf Deutschland entfallen davon 2,73 Milliarden im letzten Jahr.
Das Bestechende: Werbetreibende können mittels der First-Party-Daten der Händler maßgeschneiderte Ads während des Einkaufsprozesses ausspielen. Das ist nicht nur effektiv, sondern auch datenschutzrechtlich vorteilhaft, da keine Third-Party-Daten notwendig sind. Retail Media Networks (RMNs) haben diese Idee professionalisiert und fragmentieren den Markt durch eine Vielzahl neuer Anbieter.
Retail Media wirbelt das Werbe-Ökosystem durcheinander
Bemerkenswert ist der Wandel, der mit der rasanten Expansion von RMNs einhergeht: Retailer entwickeln sich zu komplexen Medienunternehmen, indem sie ihre digitalen Reichweiten und First-Party-Daten nutzen, um zielgerichtete Werbeformate anzubieten. E-Commerce-Plattformen erweitern ihre Werbeinfrastruktur. So verlagern sich Werbebudgets zunehmend von generischen Umfeldern hin zu datenbasierten, kontextnahen Retail Media-Kanälen. Das Problem: Mit wachsender Fragmentierung des Werbe-Ökosystems bleiben die Transparenz und Messbarkeit von Werbe-Erfolg auf der Strecke, weil jedes RMN seine eigenen Metriken und Reporting-Methoden entwickelt hat.
Traditionell agieren RMNs fast wie Werbeagenturen – sie verwalten die Kampagnen der Marken und sind für die Implementierung von Third-Party-Messungen und Optimierungen verantwortlich. Doch die Branche entwickelt sich weiter: Eine wachsende Zahl größerer RMNs bietet mittlerweile Self-Service-Plattformen an, die es Werbetreibenden ermöglichen, ihre Kampagnen direkt einzustellen und zu verwalten.
Ohne einheitliche Messverfahren wird es für Werbetreibende nahezu unmöglich, Performance zwischen verschiedenen Plattformen zu vergleichen oder Budgets datenbasiert zu optimieren. Deshalb sind kanalübergreifende Standards für die nachvollziehbare Verteilung von Werbebudgets in Retail Media unerlässlich.
Transparenz bleibt die größte Herausforderung
Erschwerend kommt hinzu: Advertiser zahlen Premium-Preise für den Zugang zu wertvollen Shopper-Daten. Das setzt sowohl RMNs als auch Marken unter Druck. Beide müssen nämlich die hohen Investitionen ohne klare Messbarkeit und vergleichbare Metriken rechtfertigen – in einer Zeit, in der jeder Euro Werbebudget messbare Ergebnisse liefern muss. Transparenz bleibt deshalb eine zentrale Herausforderung und ist essenziell für den Aufbau von Vertrauen zwischen Marken, Händlern und Verbrauchern.
Retail Media und Off-Site-Inventar? Unbedingt!
Transparenz braucht es nicht nur über On-Site-Inventar wie die eigenen Plattformen der Händler, sondern auch für Off-Site-Inventar. Mit Off-Site-Ads erweitern Advertiser die Reichweite über die Retailer-Plattformen hinaus. Dabei nutzen RMNs die gleichen First-Party-Shopper-Daten und spielen so die Vorteile von Retail Media auf zusätzlichen Touchpoints aus. Die Analysen zeigen deutliche Performance-Unterschiede: Das User-Engagement bei On-Site-Inventar ist wesentlich höher als bei Off-Site-Platzierungen.
Maßnahmen für erfolgreiche Retail Media-Kampagnen
1. Datengestützte Transparenz einfordern
Werbetreibende sollten auf einheitliche Berichterstattung über Impressions, Klicks, Conversions und Verkäufe bestehen – unabhängig davon, ob Anzeigen auf der Website eines Händlers oder auf einem Drittanbieter-Kanal geschaltet werden. Dazu braucht es eine umfassende Datenerhebung und -auswertung, die über alle Kanäle hinweg erfolgt und differenzierte Einblicke in Performance-Metriken bietet.
2. Nähe zum Kaufprozess strategisch nutzen
Transparenz in Retail Media bedeutet nicht nur, zu wissen, wo eine Anzeige gelaufen ist. Es geht darum, die direkten Auswirkungen von Kampagnen auf Conversions und Verkäufe zu messen. So können Advertiser den Vorteil der Nähe zum Kaufprozess bestmöglich nutzen.
3. Standards für kanalübergreifende Performance-Messung mitgestalten
Aktuell gibt es keine klaren Standards dafür, wie Retail Media-Metriken berechnet werden. Einzelne RMNs verwenden proprietäre Methoden zur Metrik-Berechnung. Dagegen könnte die Branche mit einheitlichen, transparenten Standards den ROI von Werbebudgets nachvollziehbarer machen und so das volle Potenzial ihrer Investitionen ausschöpfen. Entscheidend dafür ist die aktive Zusammenarbeit zwischen Werbetreibenden, RMNs und der ganzen Marketingbranche, um Best Practices zu etablieren. Solche Partnerschaften ermöglichen es allen Beteiligten, einheitliche Transparenz- und Performance-Tools in die Retail Media-Welt zu implementieren.
4. Brand Suitability sicherstellen
Bei der Auswahl von RMNs ist ein Augenmerk auf Brand Suitability-Tools wichtig, da sich die Risiken zwischen On-Site- und Off-Site-Platzierungen erheblich unterscheiden. Während On-Site-Platzierungen auf Händler-Websites eine niedrige Verletzungsrate von nur 1,2% aufweisen, liegt diese bei Off-Site-Platzierungen bei 5,9%1. Eine durchdachte Brand Suitability-Strategie mit den richtigen RMN-Partnern schützt nicht nur die Marke, sondern maximiert auch den Kampagnen-Impact durch relevante Platzierungen und eine durchweg positive Markenassoziation.
Fazit
Für Advertiser ist Transparenz der wichtigste Faktor für Vertrauen, Effizienz und langfristigen Werbe-Erfolg mit Retail Media. Eine umfassende Bewertung setzt kanalübergreifende Messungen voraus, die detaillierte Einblicke in die Performance über das gesamte Werbeinventar liefern. Dafür braucht die Branche einen gemeinsamen Standard, der es Werbetreibenden erlaubt, ihre Spendings plattformübergreifend zu vergleichen und zu optimieren. Wer heute schon auf vertrauenswürdige RMNs setzt, die diese Transparenz-Anforderungen erfüllen, wird morgen die besseren Ergebnisse erzielen.
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