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DIGITAL MARKETING

Identität statt Illusion: Warum viele KI-Projekte im Marketing ins Leere laufen

Daniel Meyer, 1. August 2025
Bild: Igor Omilaev - Unsplash

KI im digitalen Marketing ist omnipräsent. Alle reden darüber, alle wollen mitmachen. Ideen gibt es viele, was fehlt ist eine solide Datengrundlage. Es ist kein Mangel im Sinne der Menge an verfügbaren Daten. Im Gegenteil: Werbetreibende verfügen über Terabytes an Nutzerverhalten, Klickpfaden und Transaktionen. Trotzdem verpuffen viele KI-Initiativen im Sande. Statt individueller Kundenansprache entstehen generische Kampagnen. Statt präziser Attribution bleibt Unklarheit. Woran liegt das? Der Grund ist einfacher, als viele denken: Es fehlt an einem konsistenten Verständnis darüber, wer sich überhaupt hinter einem Kontaktpunkt verbirgt und damit, wie die verfügbaren Daten miteinander in Verbindung stehen.

Wenn aus Kunden nur Pixel werden

In der Datengrundlage erscheint ein und dieselbe Person häufig als fünf verschiedene separate Datenpunkte. Ein Besuch auf der Website erzeugt eine neue Cookie-ID. Die App wiederum erkennt nur das Gerät und mit etwas Glück eine Mobile Advertising-ID. E-Mails tracken Klicks, aber keine echten Menschen. Der Datensatz wächst, doch die Erkenntnisgrundlage bleibt fragmentiert.

Gibt man diese fragmentierten Daten nun einer KI, hat diese zwar haufenweise Daten, aber auch sie kann die eigentlich relevanten Muster nicht erkennen, da Daten, die eigentlich zusammengehören und in Kombination oder Relation betrachtet werden müssten, separat eingekippt werden. In der Folge analysiert die KI Muster, erkennt aber keine Individuen, die abgeleitete Personalisierung trifft wenn überhaupt per Zufall einen Nerv beim Adressaten und neben den Werbebudgets werden nun auch KI Budgets verbrannt.

In diesem Zustand ist der Traum vom intelligenten, lernfähigen, datengetriebenen Marketing kaum realisierbar.

Warum Datenaktualität essentiell ist

Viele Systeme arbeiten immer noch mit Batch-Verarbeitung. Datensätze werden nächtlich abgeglichen und zusammengeführt, Segmente wöchentlich aktualisiert. Doch Nutzererwartungen sind nicht statisch – sie entstehen im Moment. Wer das Produkt gestern interessant fand, hat es heute vielleicht schon gekauft und bekommt trotzdem Stunden später immer noch Werbung für das exakt gleiche Produkt. Einfach nur weil die Daten noch nicht verarbeitet und der Datensatz mit dem Produktinteresse noch nicht mit dem der Conversion zusammengeführt wurde.

Identity muss heute in Echtzeit aufgelöst werden. Dabei geht es nicht nur um Geschwindigkeit, sondern um Relevanz: Denn wenn personalisierte Angebote genau dann ausgespielt werden, wenn Interesse besteht, wirkt Marketing nicht wie Werbung – sondern wie guter Service.

Präzision statt Wahrscheinlichkeiten

Die Lösung ist bekanntlich Identity Resolution, schon lange teil vieler Analytics Tools, wird das Thema Identity Resolution - Deutsch “Identitätsauflösung” nun in großen Teilen der Martech- und Adtech-Software-Landschaft als Feature angepriesen. Oftmals probabilistisch oder KI-getrieben. Das sinnvolle Gegenmodell zu den oft vagen Zuordnungen ist und bleibt die deterministische Identity Resolution. Hier wird nicht geschätzt, sondern verifiziert. Durch eindeutige Identifikations-Signale entsteht ein belastbares Profil – domain-, session- und geräteübergreifend.

Gerade dort, wo Login-Raten niedrig sind, zeigt sich der Mehrwert: Eine realitätsnahe Erkennungsrate von über 50 Prozent bei anonymen Nutzern ist keine Zukunftsvision, sondern bereits technisch möglich. Das hebt nicht nur Conversion Rates, sondern auch das Vertrauen in datenbasierte Entscheidungen.

Die stille Lücke im Martech-Stack

Viele Unternehmen investieren große Summen in spezialisierte Tools: Analytics, CDP, CRM, Personalisierung, Kampagnenmanagement. Jedes für sich leistungsfähig – aber oft ohne verbindende Logik. Die Daten liegen isoliert, die Nutzeridentität bleibt bruchstückhaft. Es folgt ein fehlender ROI und der Austausch des gewählten Produktes.

Doch was eigentlich fehlt, ist eine zentrale Instanz, die fragmentierte Datensätze ordnet, verknüpft und verfügbar macht. Eine Art intelligenter Datenlayer, der bestehende Anwendungen ergänzt, statt sie zu ersetzen: der firmeneigene Echtzeit ID-Graph.

Ein strategischer Imperativ, keine technische Kür

Bei der Gestaltung von AI-Strategien, geht es häufig um Tools, Budgets und Use Cases. Was zu selten Thema ist: die Datenqualität im Unterbau. Wer keine konsistenten Nutzerprofile zur Verfügung hat, sollte keine Wunder von Machine-Learning-Modellen erwarten.

Identität ist kein Feature. Sie ist das Betriebssystem für jedes datengetriebene Marketing. Und sie entscheidet darüber, ob aus Versprechen Wirkung wird.

Tech Finder Unternehmen im Artikel

Bild Daniel Meyer Über den Autor/die Autorin:

Daniel Meyer ist Spezialist für Identity, data-driven Marketing und strategische MarTech-Architekturen. Mit über 7 Jahren Erfahrung an der Schnittstelle von Technologie, Datenschutz und digitaler Transformation unterstützt er Unternehmen dabei, First-Party-Daten gewinnbringend zu aktivieren und nachhaltige Kundenbeziehungen aufzubauen. Er ist aktuell Head of Customer Success bei Teavaro und ein gefragter Impulsgeber für zukunftsfähige Marketingstrategien in einem zunehmend fragmentierten Werbeökosystem.

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