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Google verteidigt seine KI-Suche

20. August 2025 (apr)
Bild: Vidar Nordli-Mathisen – Unsplash

Der Start von Googles AI Overviews, auf Deutsch “Übersicht mit KI”, hat zu heftigen Diskussionen in der gesamten Werbewelt geführt. Einige Marktteilnehmer sehen die KI-Suche als den Anfang vom Ende von Google als Traffic-Lieferant für Websites. Andere geben sich entspannt. Nun meldet sich Google selbst zu Wort und betont: Der Traffic strömt weiterhin auf Websites. Nur verlagert er sich innerhalb des Webs.

Der Blogbeitrag von Liz Reid, VP Head of Search von Google, soll die Wogen in der Diskussion glätten und offenbart, wie weit die Wahrnehmungen auseinanderliegen. Während sich viele Publisher durch die KI-Suche massiv unter Druck gesetzt sehen, spricht Google von stabilen und sogar qualitativ verbesserten Klickströmen.

Mehr Suchanfragen, hochwertigere Klicks, mehr Sichtbarkeit für das Web

Reid betont, dass Google an seiner Rolle als zentraler Traffic-Lieferant festhalte. Man sende nach wie vor „täglich Milliarden von Klicks an das Web“ und sei entschlossen, auch bei KI-Diensten in der Suche das Web zu priorisieren. Die Integration von KI-Übersichten und des AI-Mode, der in Deutschland noch nicht gelauncht wurde, habe zudem dafür gesorgt, dass Nutzer:innen mehr und komplexere Fragen stellen. Das bedeute laut Reid, dass es „mehr Suchanfragen und mehr Links“ gebe und damit auch mehr Möglichkeiten für Webseiten, sichtbar zu sein und angeklickt zu werden.

Reids Meinung nach zählt jedoch nicht nur die Quantität der Klicks, sondern auch die Qualität. Diese habe sich verbessert, da Nutzer:innen sich heute intensiver mit den Inhalten auseinandersetzten und seltener sofort zurückspringen würden. Das sei ein typisches Signal für echtes Interesse. Die zuletzt viel diskutierten Berichte über massive Traffic-Einbrüche hält sie hingegen für „unzutreffend“ und verweist auf „fehlerhafte Methoden, einzelne Beispiele oder Traffic-Änderungen, die vor der Einführung neuer KI-Funktionen“ entstanden seien.

Google nagt mit seiner KI-Suche nicht an der Reichweite der Web-Publisher, sagt Reid. Sie unterstreicht, dass die KI-Angebote entwickelt worden seien, um das Web hervorzuheben: “Es ist nicht das Web oder KI – es ist beides“. Links und Quellenangaben blieben ein zentrales Element, teils sogar als „In-Line-Attributions“ direkt in den Antworten integriert. Für Reid steht fest, dass der „Value Exchange“ zwischen Suche und Web stabil bleibe.

Verschiebungen im Traffic

Allerdings deutet auch Google an, dass sich die Verteilung des Traffics verändert. Während das Gesamtvolumen stabil bleibe, würden bestimmte Formate stärker profitieren. Reid nennt explizit Foren, Videos, Podcasts und Community-Inhalte, da Nutzer vermehrt nach „authentischen Stimmen und Erkenntnissen aus erster Hand“ suchten. Auch ausführliche Rezensionen, Originalartikel oder fundierte Analysen erhielten mehr Aufmerksamkeit.

Verlierer sind hingegen jene Webseiten, die bislang vor allem mit kurzen, faktenbasierten Antworten Reichweite generierten, etwa bei Fragen nach dem nächsten Vollmond oder Sportergebnissen. Solche Abfragen beantwortet die Suche heute direkt, hatte das aber zuvor auch schon mit Features wie dem Knowledge Graph getan. Interessanterweise übersieht sie in ihrer Argumentation, ob bewusst oder nicht, dass für die Werbevermarktung auch ein kurzer Besuch nützlich ist. Solange die Zeit reicht, um Anzeigen auszuliefern, kann damit Geld verdient werden.

Strategische Neuausrichtung gefordert

Während Reid die KI-Suche als „einen der größten Entwicklungssprünge für das Web“ bezeichnet und darin den Auftakt zur „spannendsten Ära“ des Netzes sieht, scheint vielen Publishern noch immer unklar, wie sie an diesem Fortschritt teilhaben können. Matthias Greiner vom Vermarkter Traffective mahnt, die Veränderungen positiv zu sehen und als Chance zu begreifen. In seinem Beitrag für ADZINE plädiert er für eine strategische Neuausrichtung. Dazu zählt unter anderem, das Geschäftsmodell für Content auf die Probe zu stellen. Strategische Allianzen könnten die Relevanz der Publisher zementieren und insbesondere kleineren und mittleren Publishern neue Wege aufzeigen. Zu diesen gehören etwa der “Aufbau gemeinsamer Datenpools zur KI-Integration, standardisierte, transparente Lizenzierungsmodelle und Kooperationen mit Adtech-Providern zur KI-basierten Inhaltsvermarktung”.

Die Wahrheit liegt vermutlich wie immer irgendwo zwischen den Extremen. Google mag den Traffic insgesamt stabil halten, doch die Karten werden neu gemischt. Betroffene Publisher, die sich den veränderten Nutzerbedürfnissen anpassen, können profitieren. Andere riskieren, im Strom der KI-Suche unterzugehen.

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