
Änderungen beim Datenschutz führen zum Rückgang von Cookies und zu einem fortschreitenden Verlust des Trackings – in den Marketingabteilungen fehlen wichtige Daten für die Steuerung von Kampagnen. Das Marketing interessiert sich daher wieder für Media-Mix-Modelle, kurz MMM. Die statistische Prognosemethode aus den 70er Jahren betrachtet die Kanäle übergreifend. Werbetreibende möchten so die Auswirkungen ihrer Aktivitäten und die Leistung ihrer digitalen Kanäle analysieren. Umfragen zeigen, dass fast die Hälfte der Marketingverantwortlichen bereits jetzt auf MMM zurückgreift. MMM wurde bislang vor allem von großen Werbetreibenden genutzt – denn in den meisten Marketingabteilungen wird die anspruchsvolle, komplexe Methode nach wie vor mit Skepsis betrachtet. Sie bringt in ihrer traditionellen Form altbekannte Einschränkungen mit sich. Neue Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) heben die Analysetechnik auf eine neue Stufe und machen sie auch für mittelgroße und digitale Marken zugänglich. Die Einbettung von vereinfachten Media-Mix-Modellen-Digital, kurz MMMD, in KI-basierte Plattformen löst etliche Vorbehalte gegen MMM auf. So wird dessen Potenzial für eine breite Anwendergruppe nutzbar.
MMM hilft zu verstehen, wie verschiedene Maßnahmen, etwa TV-Werbung oder digitale Kampagnen, zum Umsatz und anderen wichtigen Ergebnissen beitragen. Das Modell nutzt statistische Techniken, um diese Beziehung zu berechnen. Die komplexe Methode bringt in ihrer traditionellen Form altbekannte Einschränkungen und bei der Einführung Herausforderungen mit sich: Traditionelle MMM-Projekte sind fachlich anspruchsvoll, teuer und arbeitsintensiv. Ihre Durchführung erfordert spezielle datenwissenschaftliche Fähigkeiten und eine ressourcenintensive Datenerfassung. Viele mittelständische Unternehmen waren bislang sogar der Meinung, MMM ohne spezialisierte Analysten oder teure Berater nicht umsetzen zu können. Denn der Aufbau eines MMM erfordert die Zusammenführung vieler Datenquellen und fortschrittliche Modellierungstechniken.
Multiple und unstrukturierte Quellen führen zudem häufig zu undurchsichtigen Modellen. Widersprüchliche Quellen für die Attribution verschärfen die Problematik: Verschiedene Werbeplattformen beanspruchen jeweils die Anerkennung für Conversions, was zu Verwirrung führt. Im E-Commerce zum Beispiel sind belastbare Informationen über Bestands- und Neukunden entscheidend. Das Marketing muss ihre Erwartungen, Verhaltensweisen und Kaufmuster kennen. Da sich die Ansprache der Kundengruppen stark unterscheidet, entfalten nur auf korrekten Daten basierende Kampagnen Wirkung. Diese Daten werden mithilfe der Marketing-Attribution ermittelt. Dabei bleibt für die Marketingteams unklar, welchen Quellen sie vertrauen können. Die Ergebnisse der Auswertung zeigen zudem nicht die ganze Wahrheit. Strenge Privacy-Auflagen oder das Ende der Cookies von Drittanbietern machen die Situation noch unübersichtlicher.
MMM: Mangelnde Zuverlässigkeit und Genauigkeit
Der Rückgriff auf MMM-Projekte ist in dieser Situation kein Allheilmittel. Die Validierung der Genauigkeit ist schwierig, denn die Vorhersage eines Modells lässt sich nicht direkt beweisen, bis man sie in die Tat umsetzt – ein riskantes Vorgehen. Die Methode liefert zudem oft nur Erkenntnisse auf hoher Ebene, etwa Anteile der Marketingkanäle. Diese sind nicht detailliert oder operativ genug, um sie zuverlässig zu optimieren. Bestätigt ein MMM nur grobe Trends, etwa „TV gut, Display schlecht“, und liefert keine detaillierten Anhaltspunkte, greifen die Werbetreibenden auf ihre Intuition oder auf Plattformmetriken zurück. Über 68 Prozent der MMMs werden heute nicht umgesetzt, zeigt eine aktuelle Auswertung der Boston Consulting Group.
Die heutige schnelllebige digitale Werbewelt deckt weitere Defizite auf. So liefern die Projekte Ergebnisse stark verzögert, während die Teams auf Echtzeitinformationen angewiesen wären. Denn MMMs basieren auf aggregierten historischen Daten über zwei bis drei Jahre und arbeiten traditionell mit einer Zeitgranularität von Wochen oder Monaten. Für die Praxis bedeutet das: MMMs können keine zeitgemäße Echtzeit-Optimierung unterstützen. Die Erkenntnisse bleiben hinter dem schnellen Tempo der digitalen Kampagnen zurück. Die Methode geht zudem oft von stabilen Marktbedingungen für den analysierten Zeitraum aus. Sie hat jedoch mit schnell wechselnden Taktiken oder externen Marktschocks zu kämpfen. Bis die langwierige Analyse erstellt ist, haben sich die Marktbedingungen oder Kampagneneinstellungen längst verändert. Dies führt zu Modellen, die schnell veraltet sind.
Lösung: MMMD als Baustein einer KI-basierten Plattform
Ein integrierter Ansatz überwindet die begründete Skepsis gegenüber MMM-Projekten und die Hürden bei der praktischen Anwendung. Dabei wird ein vereinfachtes MMM-Modell direkt in eine Marketing-Analyse-Plattform eingebaut. Die Marketingexperten erhalten – statt eines separaten komplexen Projekts – die Erkenntnisse integriert in Tools, die sie bereits für das Kampagnenmanagement nutzen. Dabei wird nur eine Teilmenge eines vollständigen MMM herangezogen, das Media-Mix-Modell-Digital, kurz MMMD. MMMD macht Aussagen über die Wirksamkeit digitaler Werbeausgaben, einschließlich bezahlter Online-Medien, Marken- und Performance-Kampagnen und organischem Traffic. Die Methode dient in diesem Fall lediglich als Basis für KI-basierte Analysen und wird mit weiteren Informationsquellen kombiniert. Dank des Einsatzes von intelligenten Algorithmen in der Gesamtlösung erhält das Marketing sehr genaue Zahlen und sogar Vorhersagen.
Ein solcher ganzheitlicher Ansatz automatisiert die Datenintegration und -modellierung. In Kombination mit KI und Simulationen löst MMMD das Attributionsdilemma, optimiert die Budgets, maximiert den ROI und ermöglicht datengesteuerte Marketingentscheidungen ohne Cookies und Tracking. Die Plattform kombiniert kontinuierlich kanalübergreifende Daten und kalibriert die gewünschte Zielmetrik mit MMMD im Hintergrund. In der Praxis bedeutet dies, dass ein Marketingleiter den Empfehlungen der Plattform vertrauen kann, ohne sich selbst mit statistischen Details beschäftigen zu müssen. Auf diese Weise erhält er eine einheitliche Sicht auf die Performance, die sich genauer und einfacher steuern lässt als ein reines MMM-Projekt. Die Kalibrierung schafft Klarheit in einer Landschaft mit vielen Datenquellen und Unsicherheiten.
Einbettung in KI-basierte Plattform löst viele MMM-Probleme
Ein KI-basiertes System ermöglicht eine zeitnahe und kontinuierliche Optimierung mit wöchentlichen Budgetanpassungen. Die statistische Arbeit wird im Hintergrund erledigt, wobei das MMMD beispielsweise alle ein bis drei Monate automatisch neu berechnet wird. Die täglichen Entscheidungen jedoch fallen auf Grundlage aktueller, kalibrierter Metriken. Dies überbrückt die Lücke zwischen dem langsameren Zyklus und dem Bedarf an agilen Änderungen. Werbetreibende erhalten nahezu in Echtzeit Vorschläge.
Ein Beispiel zur Veranschaulichung der Kalibrierung: MMMD zeigt an, dass Facebook generische Kampagnen unterbewertet. In diesem Fall würde eine KI-basierte Plattform unverzüglich damit beginnen, Facebook mehr Wert gutzuschreiben, sodass die Algorithmen dort mehr Budget zuweisen können. Das Ergebnis ist eine Always-on-Lösung, bei der sich modernes MMMD zu einem System mit vollständig geschlossenem Regelkreis entwickelt, und kein langwierig erstelltes, einmaliges Projekt mehr ist.
Kalibrierte Conversions lassen die Anwender mit vertrauten Metriken wie Conversions und ROAS interagieren. Dies erspart die Interpretation komplexer Regressionsergebnisse oder Konfidenzintervalle. Die Plattform übersetzt den MMMD-Output in einfache Zahlen in dem Format, das im Marketing bereits verwendet wird. Die Automatisierung der Datenintegration und der Modellaktualisierung macht die interne Modellierungsexpertise überflüssig. Die Komplexitätsbarriere wird gesenkt, während der Anwender gleichzeitig von der darunter liegenden hochentwickelten Analyse profitiert. Da die Ergebnisse des MMMD in Form von Conversion-Anpassungen auf jede einzelne Kampagne angewendet werden, sind die Erkenntnisse sofort umsetzbar. Anstelle eines statischen PDF-Berichts fließen die kalibrierten Conversions in konkrete Vorschläge zur Neuverteilung des Budgets über alle Kanäle hinweg. Eine wesentliche Einschränkung des traditionellen MMMD ist die Lücke zwischen der Messung des Marketing-Return-on-Investment und der Ausführung. Diese Lücke wird geschlossen, indem man das MMMD-Modell direkt in die Plattform integriert. Im besten Fall wandelt sich auf diesem Weg MMM von einem oft nicht angewendeten Nice-to-have in ein praktisches, alltägliches Tool mit einer breiten Akzeptanz. Denn dieser Ansatz entschärft die traditionellen MMM-Probleme in gleich mehreren Bereichen.
Was fehlt im Vergleich zu einem vollständigen MMM?
Kann ein MMMD ein umfassendes Marketing-Mix-Modell vollständig ersetzen? Bei allen Vorteilen muss dem Anwender klar sein, dass ein MMMD niemals kausale Beweise herbeiführen kann. Zum einen ist es auf digitale Kanäle beschränkt. Weiterhin bezieht es nur begrenzt externe absatzrelevante Faktoren wie saisonale Effekte, die makroönomische Situation, Wetter oder Aktivitäten von Mitbewerbern ein. Trotzdem ermöglicht ein MMMD mit vertretbarem Aufwand Einsichten in den Einfluss digitaler Werbekanäle auf den Verkauf. Sofern also nicht direkt die Kausalität benötigt wird, sondern ein pragmatischer Ansatz für eine bessere Attribution hergestellt werden soll, ist ein MMMD ein guter Ansatz – insbesondere in Kombination mit Experimenten zur Validierung.
Fazit
Die alte Methode MMM ist zurück im Marketing. Um ihr Potenzial zu nutzen, müssen wir sie aber in heutige Lösungen wie Analyse-Plattformen integrieren und mit aktuellen Technologien kombinieren. Es zeichnet sich als Trend das Zusammenspiel von Messung, Attribution, MMMD und Optimierung in einem einheitlichen System ab. Die kalibrierten Conversions nutzen das MMMD eher als unterstützendes Werkzeug denn als eigenständiges Instrument. Durch die Verbindung der Erkenntnisse mit den Fähigkeiten der KI zur automatisierten Optimierung überwindet es die Echtzeit-, Komplexitäts- und Vertrauensprobleme, die traditionelle MMMs eingeschränkt haben. Diese hybride Lösung nutzt die Stärken der Methode – also die ganzheitliche, datenschutzfreundliche Analyse – und mildert gleichzeitig seine Schwächen durch Kalibrierung und Integration. Sie verwandelt MMM in einen fortlaufenden, nutzbaren Service, der Attributionsfehler korrigiert und Budgets kontinuierlich optimiert.
Das Ergebnis ist nicht einfach ein intelligentes Analyse-Tool, sondern ein echter Co-Pilot, der in Echtzeit klare Ergebnisse und intelligente Vorschläge liefert. So ausgestattet kann das Marketing seine Kampagnen mit einer klaren Datenbasis und fundierten vorausschauenden Budget-Entscheidungen sicher durch die dynamischen Veränderungen unterworfene Werbewelt von heute steuern.
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