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Sport-Livestream – Nur wer nahtlos wirbt, wirbt erfolgreich

Karsten Zunke, 21. Mai 2024
Bild: Connor Coyne – Unsplash

In den kommenden Wochen stehen mit der Fußball-Europameisterschaft und den Olympischen Spielen zwei große Sport-Veranstaltungen ins Haus, die ein Millionenpublikum weltweit erreichen werden. Bei der Übertragung solcher Groß-Events spielt Livestreaming eine immer wichtigere Rolle – und damit auch die Werbung in diesen digitalen Formaten. Aber Achtung: Wer in einem dynamischen Live-Sport-Umfeld Werbung zum falschen Zeitpunkt einblendet, erweist der Marke und seinem Kanal einen Bärendienst. Aber wie sieht eine perfekte Werbeunterbrechung im Sport-Livestreaming aus? Wir haben mit Johannes Paysen, Managing Director Central Europe bei Magnite, darüber gesprochen, wie man das sportbegeisterte Publikum in einem Livestream ansprechen kann, worauf man dabei achten sollte und was der Lohn dieser Mühe sein kann.

Bild: Magnite Johannes Paysen, Magnite

ADZINE: Johannes, im Sommer stehen mit Olympia und der Fußball-EM gleich zwei Sport-Großveranstaltungen an. Welche Rolle spielen Livestreams für die Übertragung von Sportereignissen?

Johannes Paysen: Ich sehe hier eine Parallele zu anderen, früher ausschließlich im linearen TV zugänglichen Inhalten. Filme wurden beispielsweise klassisch produziert über etablierte Fernsehsender ausgestrahlt. Heute werden sie von anderen Firmen produziert und via Streaming von Netflix, Disney, Amazon & Co. an die Zielgruppe gebracht. Es waren nicht die tradierten Anbieter, die in dieser Entwicklung vorgeprescht sind, sondern neue, junge Unternehmen. Das gleiche Muster lässt sich bei Sportübertragungen beobachten. Live-Sports ist in seiner Form wirklich einzigartig und spricht die Zielgruppen ganz besonders an. DAZN beispielsweise streamt fast nur Live-Sport-Events und ist damit sehr erfolgreich. Live-Sports-Übertragungen werden, schon aufgrund der Innovationen bei den Anbietern, vermehrt in Richtung Streaming gehen. FIFA Plus hat beispielsweise eine ähnliche Strategie wie DAZN. Es kommen also immer wieder neue Anbieter in den Markt, die in Konkurrenz zu etablierten Playern wie Sky stehen.

ADZINE: Wo seht ihr euch in dieser Entwicklung?

Paysen: Am Ende des Tages bedeutet Live-Sport Emotionen pur. Unser Ziel als Technologieanbieter ist es, das Konsumentenerlebnis dabei so identisch und authentisch wie möglich zu gestalten. Den Zuschauern ist es egal, ob sie auf RTL oder ARD oder im Streaming ein Fußballspiel sehen. Aber wichtig ist, dass im Streaming alles genauso reibungslos funktioniert, wie es die Zuschauer gewohnt sind. Nur wer nahtlos wirbt, wirbt erfolgreich. Das gilt insbesondere für Sportübertragungen, die live gestreamt werden.

ADZINE: Was bedeutet das für die Werbeunterbrechungen?

Paysen: Beim Streaming haben wir viel bessere Möglichkeiten, Werbeblöcke auszuspielen, die schnell auf die Unvorhersehbarkeit des Geschehens beim Live-Sport reagieren können. Mithilfe von programmatischer Technologie können wir Werbepausen intelligent nutzen, im Gegensatz zu vorgefertigten Werbepausen, die eine bestimmte Länge haben müssen, weil die Werbeblöcke von vornherein verkauft sind. Wenn es beispielsweise bei der Fußball-EM in die Verlängerung geht, und sich die Mannschaften noch einmal locker machen, kann Technologie solche Pausen erkennen und zwei, drei CTV-Werbespots einspielen. Auch bei längeren Verletzungs- oder anderen Spielunterbrechungen ist dies möglich.

ADZINE: Funktioniert Werbung im Sport-Livestream schon komplett programmatisch?

Paysen: Programmatische Werbung im Sport-Livestream steht in Deutschland noch am Anfang. In den USA ist der programmatische Markt beispielsweise schon deutlich weiterentwickelt, was aber insbesondere am diversifizierten Live-Sport-Angebot liegt. Es gibt dort verschiedenste Anbieter, die Football, Baseball, Hockey oder Basketball der großen Ligen übertragen. In Deutschland hatte man für Livestreams zunächst Sky, Sport1 und Nischenanbieter, dann kam DAZN hinzu. Das ist vergleichsweise übersichtlich. DAZN und Sky beginnen mit Programmatic bei Live-Sports, aber sie haben noch immer ein klassisches IO-Geschäft und versuchen beide Welten zu vereinen. Umso wichtiger ist es, dass beide Seherlebnisse gleich sind. Noch sind in Deutschland IO-Buchungen weit verbreitet, aber die Entwicklungen in den USA zeigen, wohin auch der hiesige Markt steuern wird.

ADZINE: Welches Interesse haben die Live-Sport-Inhalteanbieter daran, Werbung programmatisch anzubieten?

Paysen: Neben den bereits angesprochenen Vorteilen durch eine automatische Befüllung mit Werbung sind die Inhalteanbieter vor allem deshalb an Programmatic interessiert, weil sie damit ihre Peaks monetarisieren können. Das nimmt Unsicherheit aus dem Markt.

ADZINE: Könntest du das bitte näher erläutern…

Paysen: Möchte man ein besonders wichtiges Spiel buchen – zum Beispiel ein Pokalendspiel oder ein Entscheidungsspiel um eine Meisterschaft – kann man wie bei jedem anderen Spiel die zu erwartende Zuschauerzahl vorhersagen und per IO einbuchen. Auch mit einem programmatischen Deal könnte man auf diese Weise an die Sache herangehen. Aber in der Realität ist es so, dass bei einem Entscheidungsspiel häufig viel mehr Leute zuschauen als erwartet. In diesem Fall verschenkt der Anbieter Reichweite an seine Advertiser. Und falls weniger zuschauen als erwartet, zahlt hingegen der Advertiser drauf. Mindestens für einen der Beteiligten kann ein solches Vorgehen enttäuschend sein.

Sinnvoller wäre es, eine Grundreichweite garantiert zu verkaufen und alles, was darüber hinausgeht, programmatisch anzubieten. Immer mehr Anbieter setzen daher auf Programmatic. In den USA ist die Peak-Monetarisierung bereits ein sehr wichtiges Thema. Und das betrifft im Übrigen nicht nur Live-Sport, sondern auch alle andere Live-Formate, beispielsweise die Verleihung der Oscars oder andere.

ADZINE: Was muss passieren, damit Programmatic im Live-Sport auch hierzulande weiter ausgerollt wird?

Paysen: Für das gesamte Streaming-Thema spielt Vertrauen eine besondere Rolle. Sport-Livestreaming wird üblicherweise im Rahmen von Abo-Modellen angeboten. Das heißt: Wird hier Werbung eingespielt, muss wirklich alles funktionieren und passen, damit keine Abonnenten abspringen. Es muss technisch alles einwandfrei ablaufen und auch die ausgespielte Werbung muss hochrelevant sein. Daher ist es wichtig, dass sich zwischen Content- und Tech-Anbieter ein langfristiges Vertrauen aufbaut, auf dessen Basis man Programmatic immer weiter ausrollen und auf andere Veranstaltungen ausdehnen kann. Hier wird nicht einfach nur ein Schalter umgelegt, sondern es ist ein langfristiger Prozess – ein Weg, den man gemeinsam geht.

Groß-Events wie die Fußball-EM oder Olympia helfen dabei, aber man darf auch nicht die Möglichkeiten vergessen, die sich für Nischen-Angebote eröffnen. Programmatisch lassen sich beispielsweise auch Fußballspiele der Landesliga mit Werbung füllen oder ein Badminton-Turnier medial monetarisieren. Wenn es die Nische schafft, die Kunden zu erreichen, könnte sich das Live-Sport-Streaming auch in Deutschland diversifizieren. Falls nicht, bleibt es bei einem Oligopol. Aber davon unabhängig ist die weitere Verbreitung von Programmatic im Live-Sport-Streaming auch in Deutschland nur eine Frage der Zeit und der Learnings.

ADZINE: Du sagst, bei der Livestream-Werbung muss alles funktionieren, damit keine Abonnenten abspringen. Welche Rolle spielt die Qualität der Anzeigen und die Qualität des Streams insgesamt?

Paysen: Um für Stream und Anzeigen eine hohe Qualität sicherzustellen, sollte man serverseitige Anzeigenschaltungen, sogenannte Server Side Ad Insertion nutzen. SSAI ist eine Technologie, die Anzeigen in einem Videostream einfügt, bevor der Stream auf dem Gerät des Nutzers geladen wird. Das ermöglicht eine nahtlose Werbeeinblendung. Darüber hinaus ist es wichtig, dass man bereits auf dem Adserver Branchen- und Konkurrenz-Ausschlüsse festlegen kann. Um das sicherzustellen, sollte man die Meta-Daten der Spots genau analysieren können. Wir verfügen zum Beispiel über Technologie, die den Spot durch maschinelles Lernen analysiert und damit auch den Freigabeprozess automatisiert, was von Inhalteanbietern genutzt werden kann, um ihr eigenes Team zu entlasten, insbesondere bei Anzeigenspitzen.

ADZINE: Worauf sollte man außerdem dachten?

Paysen: Der Appell ist, dass die technologischen Grundanforderungen bestmöglich umgesetzt werden. Dass also sichergestellt ist, dass der Spot sich nicht ungewollt wiederholt, und dass der Werbeblock nicht länger dauert als die Unterbrechung des Sportereignisses. Die Konsistenz muss eingehalten werden. Ebenso müssen Inhalte und Werbung im Livestream nahtlos ineinandergreifen. Der Werbekonsum muss für den Zuschauer also authentisch sein, so wie er es gewohnt ist. Ist das technische Fundament sichergestellt, spielen natürlich auch Zielgruppe, Emotionalität und Kreativität eine wichtige Rolle für den Erfolg und die positive Wirkung einer CTV-Werbung im Sport-Livestream.

ADZINE: Apropos Erfolg: Wer wird eigentlich Fußball-Europameister – was ist dein Tipp?

Paysen: Als Enthusiast drücke ich natürlich der deutschen Mannschaft die Daumen. Wobei man auch England nicht unterschätzen sollte. Aber ich denke, wir haben gute Chancen.

ADZINE: Vielen Dank für das Interview, Johannes!

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