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PROGRAMMATIC

Bei Programmatic Print geht es um die Vereinfachung des Zugangs

Anton Priebe, 7. Dezember 2022
Bild: Bank Phrom – Unsplash

Programmatic Advertising durchzieht mittlerweile weite Teile des Werbegeschäfts. Der Milliardenmarkt rund um Printwerbung war bislang allerdings weder digital noch programmatisch erschlossen. Das Hamburger Start-up Pryntad hat es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, Printwerbung digital buchbar zu machen. Aus der Idee entstand ein Marktplatz, auf dem die Anzeigen heute programmatisch gehandelt werden können. Im Interview mit ADZINE erklärt Anja Visscher von Pryntad, wie das Anzeigengeschäft von Zeitungen und Zeitschriften technisch an das Programmatic-Ökosystem angeschlossen ist und warum Mediaeinkäufer Print überhaupt programmatisch buchen sollten.

Bild: Pryntad Anja Visscher, Pryntad

ADZINE: Hallo Anja, ihr schließt das Anzeigengeschäft aus Zeitungen und Zeitschriften derzeit an das programmatische Ökosystem an – wie funktioniert das technisch?

Anja Visscher: Wir nutzen die Schnittstellen unseres technologischen Partners SSP1 zu anderen DSPs, um den programmatischen Buchungsprozess zu realisieren. Das Herzstück dafür bildet jedoch unsere eigene Datenbank, die so mit Informationen angereichert ist, dass sie die Anforderungen von SSPs und DSPs für programmatische Buchungen erfüllt.

Das betrifft unter anderem Informationen zu den Titeln, Ausgaben, Kontakten, Reichweiten, Umfeldern oder zum Pricing der enthaltenen Titel, um standardisierte Gebote entgegenzunehmen und bestätigen zu können. In der Abwicklung funktioniert dies derzeit Publisher-übergreifend über Programmatic Guaranteed und perspektivisch auch über Open Auctions.

ADZINE: Wie kommt die Idee bei den Verlegern an, also wie hoch ist die Reichweite? Magst du Titel nennen, bei denen man jetzt schon programmatisch Anzeigen buchen kann?

Visscher: Sie kommt gut an, weil wir für die Verlage einen zusätzlichen Touchpoint über ihre eigene Vermarktung hinaus liefern. Die Publisher erhalten einen Zugang zum Programmatic Advertising, in das immer mehr Budgets fließen. Mit einigen Publishern haben wir bereits Verträge, sodass wir künftig Floor-Preise anlegen können. Bei anderen ist noch eine Schleife nötig, in der wir den Deal festzurren.

Über dieses Konstrukt bieten wir insgesamt 13.000 Printmedien an. Dazu zählen Magazine wie Brigitte, Gala, Programmzeitschriften oder auch T3n sowie diverse Tageszeitungen, zum Beispiel die Hamburger Morgenpost oder der Kölner Stadt-Anzeiger.

ADZINE: Wie hoch ist der Aufwand aufseiten der Verlage? Was müssen die tun, um ihr Geschäft in dem Maße zu digitalisieren?

Visscher: Gar nichts. Wir müssen uns nur vorab auf Floor-Preise verständigen, aber ein technisches Projekt beim Verlag entsteht daraus nicht.

ADZINE: Was ist mit den Mediaeinkäufern, warum wollen diese Print überhaupt programmatisch buchen?

Visscher: Es geht um eine Vereinfachung des Zugangs. Wir führen die bislang in Agenturen gesonderten Planungs- und Einkaufsprozesse Digital und Print zusammen. So liegt auch das Reporting in einer Hand. Den Digitalagenturen, die noch gar nicht in Print einkaufen, verschaffen wir zusätzliche Kontakte offline, ohne dass dafür zusätzliches Know-how nötig ist. Mediaagenturen, die bereits regelmäßig Print buchen, können das Handling nun einfach programmatisch laufen lassen. So hat die Digital-Unit von Pilot nur 30 Minuten für ihre erste programmatische Print-Kampagne gebraucht. Das ist sensationell wenig Zeit.

ADZINE: Digitalwerbung lebt vor allem von der genauen Aussteuerung der Ads. Ihr selbst bietet neben Kontext-Targeting, das sich logisch aus den Umfeldinformationen der Verlage erschließt, auch titelübergreifendes demographisches Targeting an. Woher stammt die Datenbasis und wie wird das in der Praxis abgewickelt?

Visscher: Zum einen hilft uns dabei der Mediaservice Wasmuth. Wir lizenzieren die Daten, die Verlage standardmäßig an den Dienstleister melden. Darin stecken Informationen wie Preise, Formate, Erscheinungstermine oder Formate. Für das Targeting nutzen wir darüber hinaus die Markt-Media-Studie “Best4planning” mit über 30.000 Probanden, initiiert von den großen Publikumsverlagen Burda, Bauer, Springer, Funke und Gruner + Jahr beziehungsweise RTL. Im Rahmen der Studie erfragen die Verlage das Konsumverhalten über viele verschiedene Verticals und matchen dieses mit dem Mediennutzungsverhalten. So entstehen Affinitäten zu bestimmten Medien, die etwa aufzeigen, wo überproportional viele Whiskeytrinker oder Fashion-Victims zu erreichen sind.

Diese Informationen reichern wir selbst mit entsprechenden Keywords an, auf dem unser Targeting basiert. Die für das Targeting notwendigen Keywords sind also unser Job. Unsere Publisher-Partner können uns im weiteren Verlauf aber auch Keywords für einzelne Titel nennen, die wir mit aufnehmen. So verfeinern wir das Targeting der Titel auf Keyword-Basis Schritt für Schritt. Für das Contextual Targeting orientieren wir uns am IAB-Standard, wobei wir die Daten entsprechend aufbereiten. Den Advertisern stehen dann Zielgruppen wie Frauen oder Männer, alt oder jung, Eigenheimbesitzer, einkommensstarke Leser oder eben Whiskeytrinker zur Verfügung. Auf Nachfrage bilden wir auch eigene Audiences.

Für das Regio-Targeting stehen uns die harten Verkaufsdaten der IVW zur Verfügung. Wir wissen, wie viele Exemplare einer Zeitung in einem Postleitzahlen-Gebiet verkauft werden und können so ein sehr exaktes Regio-Targeting auf Basis von Postleitzahlen und verkauften Ausgaben pro Region anbieten. Wichtig: Alle unsere Targeting-Optionen funktionieren völlig ohne Cookies und sind trotzdem sehr verlässlich.

ADZINE: Digital Advertising rühmt sich mit Messbarkeit – könnt ihr außer potenziellen Kontakten noch andere Kennzahlen zur Erfolgsmessung liefern?

Visscher: Generell liegt die Hauptkompetenz von Print nicht im Lower Funnel bei maximaler Conversion. Man stärkt mit Print als One-to-Many-Medium eher die ebenfalls relevanten KPIs wie Aufmerksamkeit, Sympathie oder Markenbindung, die die Grundvoraussetzung für Kundengewinnung sind. So steigert man dann zum Beispiel die Conversion digitaler Kampagnen und vor allem beim Kauf im Store – online und offline.

Nichtsdestotrotz kannst du natürlich Conversion-Elemente in Print einbauen. Unsere Partner geben beispielsweise die Rückmeldung, dass QR-Codes ganz gut funktionieren.

ADZINE: Die Digitalisierung hat mittlerweile TV, Out-of-Home, Radio, Kino und mit euch sogar Print erreicht – wie werden sich diese neuen Kanäle deiner Meinung nach künftig weiterentwickeln?

Visscher: Wir sehen, dass immer mehr Automatisierung in der Mediaplanung und im Marketing gewünscht und auch umgesetzt wird. Die Generation, die neu heranwächst, bevorzugt digitale Buchungsprozesse. Deshalb registrieren wir hier einen deutlichen Vormarsch bei der Digitalisierung der Kanäle. Es ergibt total Sinn, sich über den gewohnten digitalen Buchungsweg die passenden Kontakte in den richtigen Zielgruppen dazuzukaufen.

Und auch auf Verlagsseite stoßen wir hier auf Offenheit. So hält etwa Frank Vogel, Geschäftsführer der Ad Alliance, selbst einen Marktanteil an programmatischen Print-Buchungen von 50 Prozent perspektivisch nicht für unrealistisch.

ADZINE: Denkst du, dass es irgendwann ein zentrales Advertiser-Cockpit gibt, aus dem man das alles steuern kann?

Visscher: Ein klares Ja! Es gilt jedoch noch, die Attributionsmodelle dafür zu erarbeiten, um die Kampagnen insgesamt erfolgreich messbarer zu machen.

ADZINE: Das macht Mut, viel Erfolg weiterhin und danke für das Interview!

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