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Privacy & TTDSG – das Werbejahr 2022 beginnt heute

Mag. iur. Stefan Santer, 1. Dezember 2021
Bild: Artturi Jalli - Unsplash

Wenn zum ersten Dezember 2021 allenthalben wieder die Türchen im Adventskalender aufgehen, ist die gesamte digitale Werbebranche in Deutschland gut beraten aufzupassen, dass ihre Türchen aufbleiben bzw. dass sie in Zukunft nicht vor verschlossenen Türen steht, wenn es um die Adressierbarkeit digitaler Werbung bei der „Endeinrichtung“ der Verbraucher und Endnutzer geht. Denn: Am 01.12.2021 tritt hierzulande das Telekommunikations-Telemedien-Datenschutzgesetz, kurz TTDSG, in Kraft – und wer das nicht kennt, hat dann nicht nur Weihnachten verpennt.

Klartext: Die ausdrückliche Einwilligung zur Datenverarbeitung ist notwendig.

Das TTDSG ist jetzt also die neueste Episode in der deutschen Datenschutzgesetzgebung. Der Gesetzgeber passt in diesem Schritt das deutsche Recht im Wesentlichen an die europarechtlichen Vorgaben an, womit nach gut 12 Jahren alle mehr Rechtsklarheit erlangen. Die Bestimmung bildet insoweit die auch bisher durch die Aufsichtsbehörden vertretene Rechtsauffassung und Praxis ab. Es wird klargestellt: Außerhalb der aufgeführten Ausnahmeregelungen für den Einsatz von Cookies und vergleichbaren Technologien (meist als «notwendige Cookies» bezeichnet) ist eine ausdrückliche Einwilligung zur Datenverarbeitung notwendig. Die Einwilligung muss dabei den Anforderungen der DSGVO genügen – sie muss freiwillig, bestimmt, informativ, unmissverständlich sowie ausdrücklich erfolgen und jederzeit widerrufbar sein.

Der Inhalt des TTDSG richtet sich dabei eng an die Vorgaben der DSGVO als auch der ePrivacy-Richtlinie und verfolgt das Ziel, das Telemedien-Gesetz (TMG) und das Telekommunikations-Gesetz (TKG) zu vereinen sowie entsprechend des Datenschutzniveaus der beiden EU-Gesetze anzupassen. Hierzu werden die Datenschutzbestimmungen des TMG und des TKG aufgehoben und im TTDSG zusammengeführt. Das erklärte Ziel: mehr Rechtsklarheit und ein wirksamerer Schutz der Privatsphäre von Endnutzern.

Vom Einwilligungserfordernis erfasst: Alle mit dem Internet verbundenen Gegenstände.

Alle Marken, Werbungtreibende und Publisher, die ihre Produkte über eine Internetverbindung erweitert haben, oder für 2022 eine derartige smarte Anbindung planen, müssen dabei aufhorchen: «smart» sind heutzutage und zukünftig eben nicht nur TV-Geräte und Mobiltelefone, sondern auch Geräte des täglichen Gebrauchs und die über das Internet of Things mit dem Internet verbundenen Gegenstände: beim Connected Car und im Smart-Living-Sektor ist das bereits heute häufig der Fall. Dabei erweitert sich die Palette der Gegenstände mit Internetverbindung fortwährend. Die Neuregelung des § 25 TTDSG spricht hier – anders als die ePrivacy-Richtlinie – nicht von Endgeräten, sondern von der Endeinrichtung eines Verbrauchers und Endnutzers. Und in § 2 Abs. 2 Nr. 6 TTDSG ist der Begriff „Endeinrichtung“ definiert als jede direkt oder indirekt an die Schnittstelle eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes angeschlossene Einrichtung zum Aussenden, Verarbeiten oder Empfangen von Nachrichten.

Der Gesetzgeber eröffnet durch diese Begriffsbestimmung also einen weiten Anwendungsbereich. Und so werden eben nicht nur Telefonie oder Internetkommunikation, sondern auch die im IoT an das öffentliche Kommunikationsnetz angeschlossenen Gegenstände, wie etwa Smart Home-Systeme, von dem Einwilligungserfordernis erfasst sein.

Werbungtreibende und Marketer können ihren Know-how-Vorsprung nutzen

Für Werbungtreibende und Marketer bietet das TTDSG dabei einen besonders guten Anlass, um jenseits der Consent-Monetarisierung mit der Unternehmensführung, Rechtsabteilung und den weiteren relevanten Stakeholdern das Thema Privacy neu aufzusetzen und zu diskutieren. Dabei sollte versucht werden, Privacy in den Kern der Unternehmensstrategie aufzunehmen, um so einen Wettbewerbsvorteil zu kreieren. Hier haben sich viele Digital-Advertising-Experten einen Know-how-Vorsprung geschaffen, den sie jetzt ausspielen können. Denn sie wissen besser als viele andere um die Bedürfnis-Hierarchie im Kontext des Datenschutzes:

  • Die Basis machen die rechtlichen Bedürfnisse aus, wie die Einhaltung von TTDSG und DSGVO, um vor hohen Strafen abgesichert zu sein.
  • Dann kommen die Bedürfnisse der Monetarisierung von Daten im One-To-Many-Onlinemarketing. Das rechtmäßige Sammeln der Daten ist hier die Grundvoraussetzung, um Kundensegmente zu bilden und darüber personalisierte Werbung auszuspielen.
  • An der Spitze steht das Bedürfnis eines optimalen Kundenvertrauens im Zusammenhang mit Privacy-Standards. Hierdurch und über ein besseres Verständnis der Kundenpräferenzen kann eine One-To-One-Kommunikation samt der immer wichtiger werdenden Zero-Party-Datenstrategie entwickelt werden, die mehr Neukunden gewinnt und gleichzeitig auf den Customer Lifetime Value einzahlt.

Mit Inkrafttreten des TTDSG fällt der Beginn des Werbejahres 2022 also auf den 01.12.2021. Und spätestens jetzt sollten sich alle Beteiligten in der digitalen Werbewertschöpfungskette fragen, welche Endeinrichtungen für ihre Zielgruppenansprache im neuen Jahr relevant sind und welche relevant werden.

Tech Finder Unternehmen im Artikel

Bild Mag. iur. Stefan Santer Über den Autor/die Autorin:

Stefan Santer ist DSGVO-Experte und Country Manager DACH bei Didomi, Anbieter einer Consent- & Preference-Management-Lösung. Zuvor war Santer zwei Jahre CEO und Co-Founder eines digitalen Start-ups im E-Commerce. Neben seiner Erfahrung als Unternehmer verfügt er über sechs Jahre an Erfahrung im Management von Wirtschaftsrechtsfällen für international ausgerichtete Top-Tier-Anwalts- und Steuerberatungskanzleien wie KPMG. Santer ist Mitglied der Arbeitsgruppe "Public Affairs" des IAB Austria und des Bundesverbands Digitale Wirtschaft Deutschland (BVDW). Sein akademisches Fundament basiert auf zwei abgeschlossenen Studien in Rechtswissenschaften und Betriebswirtschaftslehre.

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