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PROGRAMMATIC

Supply-Path-Optimierung: Endlich Transparenz für programmatische Lieferketten?

Ari Lewine, 3. Dezember 2019
Bild: Oliver Schwendener – Unsplash

Die neuesten Entwicklungen der Supply Path Optimization (SPO) ermöglichen es Media-Einkäufern, wählerischer zu werden, wie und wo sie programmatisch Bannerwerbung einkaufen. Die im Frühjahr 2019 vom IAB eingeführten technologischen Standards “Sellers.json” und das “OpenRTB SupplyChain-Object” verändern aktuell den Markt, indem sie Transparenz schaffen.

Agenturen, Demand-Side-Plattformen (DSPs) und Advertiser wussten vorher nicht genau, wie das gebuchte Inventar beschafft wurde. Sellers.json und das SupplyChain-Object enthüllen die eigentlichen Quellen der Impressions. Jetzt ist für jeden nachvollziehbar, wie Exchanges ihr Inventar beschaffen: ob direkt vom Publisher oder von einer anderen Exchange. In der Folge wurde aufgedeckt, dass Exchanges vor allem untereinander kaufen und verkaufen, was die gesamte Lieferkette chaotisch, verwirrend und ineffizient macht. Aber durch diese neuen Erkenntnisse ist es Käufern (DSPs, Agenturen und Brands) nun möglich, intelligenter und effizienter damit umzugehen, wie sie kaufen und von wem sie kaufen.

Viele Exchanges bieten auf das gleiche Inventar

Die Supply-Path-Optimierung ist theoretisch auf jedes programmatische Inventar anwendbar, aber wir schauen sie uns hier in Bezug auf das Standard-Banner-Werbeinventar an. Bei nahezu jedem Websitebesuch entsteht die Möglichkeit, einem User eine Anzeige auszuspielen. Diese Information wird an jede Exchange geschickt, die mit dem Publisher zusammenarbeitet. Wenn die Exchange diese Möglichkeit an ihre DSP-Partner sendet, spricht man von einem "Bid Request".

Bei der Reaktion auf diesen Bid Request entscheidet die DSP, die der Advertiser nutzt, ob sie bieten will, und wenn ja, welche Kampagne sie anbieten möchte und was sie bereit ist zu zahlen. Durch das sogenannte “Header-Bidding” sieht die DSP im Durchschnitt 20 Bid Requests von verschiedenen Exchanges gleichzeitig, statt der Reihe nach jeweils nur einen Bid Request. Weniger bekannte Exchanges, die bis dato keine große Rolle spielten, können so mitmischen. Einfach ausgedrückt: Es gibt inzwischen eine Vielzahl von Exchange Paths (Handelswege) für ein und denselben Anzeigenplatz.

Mehrere Zwischenhändler in der Lieferkette

Man muss zwischen autorisierten und unautorisierten Zwischenhändlern differenzieren. Publisher arbeiten in der Regel mit autorisierten Resellern zusammen, um ihr Inventar weiter zu monetarisieren. Dies sind zwar valide Partnerschaften, aber da zusätzliche Gebühren anfallen, wirkt sich der Umweg auf die Kampagnenergebnisse aus. Einige Reseller bieten möglicherweise einen technischen Service (z.B. Anzeigen-Rendering) oder versprechen Viewability, was für einen Käufer Mehrwert darstellen kann. Es ist wichtig, dass sich Käufer darüber im Klaren sind, ob der Reseller, von dem sie kaufen, wirklich eine zusätzliche Dienstleistung erbringt oder einfach nur einen weiteren Umweg darstellt.

Unautorisierte Reseller hingegen verkaufen Anzeigenplätze weiter, die nicht vom Publisher genehmigt wurden. Der branchenweite Vorstoß für die Einführung des IAB-Standards Ads.txt machte es einfacher, nicht autorisierte Zwischenhändler auszuschließen, aber hat wenig dazu beigetragen, aufzuklären, wie der Weg zum Anzeigenplatz effizienter wird.

Was erhofft sich die Branche von SPO?

Die neuen IAB-Standards wecken bei allen Beteiligten dieser Kette verschiedenste Erwartungen. Brands erhoffen sich bessere Konditionen zu verhandeln sowie mehr Transparenz und Datenerkenntnisse von den Exchanges. Agenturen wollen bessere programmatische Bedingungen, wie etwa den “First Look” auf die Impression. Dieser gibt einem die Möglichkeit, vorab zu prüfen, ob die Impression zur Zielgruppe passt und dann erst im nächsten Schritt zu entscheiden, ob gekauft oder abgelehnt wird. Gleichzeitig hoffen Agenturen auf bessere Preise.

Für DSPs steht die Reduzierung der Flut an Bid Requests im Fokus, da die Kosten für das "Listening", also die Vorabanalyse, die bei jeder einzelnen Impression anfallen, egal ob darauf geboten wird oder nicht. Ad Exchanges hingegen möchten verstehen, was die bevorzugten Paths für DSPs sind, damit ihre eigenen sich häufiger durchsetzen. Für Publisher ist es wichtig, dass ihr Inventar möglichst attraktiv für DSPs erscheint.

Status quo – Nachteile für Brands und Publisher?

Wenn ein Advertiser einen Report über die gekauften Impressions von seiner DSP anfordert, weist dieser bislang nur den Kauf bei der Exchange aus und nicht die eigentliche Quelle. So haben Advertiser oftmals unwissentlich auch Inventar bei Anbietern eingekauft, die sie von sich aus nicht als Exchange gewählt hätten. Nur Sellers.json und das SupplyChain-Object enthüllen die wahre Quelle der von ihnen gekauften Impressions. Und Publisher haben möglicherweise Pfade zu ihrem Inventar freigeschaltet, die die Ausgaben senken. Es müssen also Pfade, die keine vollständige Transparenz bezüglich der Performance aufzeigen und dadurch nicht profitabel sind, aufgespürt und entfernt werden. Das dabei wieder zur Verfügung stehende Budget wird in die funktionierenden Pfade investiert.

Wie erkennt man das so genannte "Bid Laundering"?

Mit Sellers.json kann nun bestimmt werden, woher die Exchange ihr Inventar bezieht. Ist es direkt vom Publisher? Ist es von einem Zwischenhändler? Oder ist das Inventar von einer anderen Exchange? Eine mögliche Metrik, um festzustellen wie direkt ein Austausch ist, ist die "Exchange Directness". Sie misst, mit wie viel Prozent der Publisher, mit denen die Exchange arbeitet, eine direkte Zusammenarbeit besteht. Es ist natürlich in Ordnung, auch mit Zwischenhändlern zu arbeiten, aber wenn diese keine direkte Anbindung an den Publisher haben, dann wird oft nur eine unnötige Zwischenhändlergebühr verlangt.

Wie könnte die Zukunft durch SPO aussehen?

Im ersten Schritt sollte Sellers.json angewendet werden, um die Exchange Directness zu bestimmen. So lässt sich herauszufinden, ob beim derzeitigen Partner eine direkte Integration mit der Mehrheit der Publisher besteht, die er auf der Exchange angeboten werden. Schon bald werden DSPs Tools launchen, die kontrollieren, ob der Kauf ohne Zwischenhändler läuft, über Reseller oder bei Resellern von Resellern. Nur so kann sichergestellt werden, dass die DSPs nicht auf Impressions bieten, die schon durch mehrere Hände gegangen sind. Diese Tools werden voraussichtlich im Jahr 2020 eingeführt.

Wenn Käufer sich mehr und mehr mit der Optimierung ihrer Lieferkette auseinandersetzen und weitere neue Tools auf den Markt kommen, die zur besseren Transparenz und Kontrolle dienen, wird sich letztlich der Weg, wie Impressions gekauft werden, ändern. Außerdem bietet die SPO anspruchsvollen programmatischen Einkäufern ein erhebliches Verbesserungspotential. Genau wie ein Trader auf Tageszeit, Wochentag, Website, Anzeigengröße, Publikum, Gebote und dergleichen schaut, wird der Pfad zur Impression ein weiterer Optimierungshebel sein. Kunden werden vermutlich den direkteren Weg wählen, also direkt vom Publisher über die Exchange zur DSP.

Im Laufe der Zeit werden weiterverkaufte Impressions immer weniger toleriert werden, da sowohl Käufer als auch DSP-Algorithmen weiterhin auf die direktesten und effizientesten Wege optimieren. In zwei Jahren werden Exchanges und SSPs, die eine direkte Publisher-Integration ermöglichen, zur Normalität werden. Unternehmen, die ihr Inventar nicht direkt von den Publishern beziehen, bleiben auf der Strecke.

Bild Ari Lewine Über den Autor/die Autorin:

Ari Lewine ist Co-Founder und Chief Strategy Officer bei der Native Advertising Plattform TripleLift. Er ist verantwortlich für die Ausrichtung des Unternehmens in den Bereichen Vertrieb, Strategie und Produktinnovationen. Vor der Gründung von TripleLift war Ari Lewine als Global Head of Performance Sales bei AppNexus tätig. Er wurde wegen seiner Beiträge zur Weiterentwicklung von Werbetechnologien auf die “30 under 30”-Liste von Forbes aufgenommen. Er ist Co-Chair des IAB für das Native Advertising, Content and Social Committee und hält regelmäßig Vorträge auf Technologie- und Marketing-Konferenzen. Ari Lewine schreibt für Branchenpublikationen wie The Wall Street Journal und AdAge.

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