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TV-Spots digital verlängern – Vom 30-Sekünder zur KPI-optimierten Kurzversion

Boris Wöhlecke, 7. November 2019
Bild: LoloStock - Adobe Stock

Die Bedeutung von TV-Spots wird heiß diskutiert. Abseits dieser Debatten setzen die meisten großen Marken jedoch nach wie vor auf längere aufwendige Werbefilme als zentralen Ausgangspunkt ihrer Kampagnen. Diesen hochwertig produzierten Content auch außerhalb des Fernsehens optimal für die digitale Verlängerung zu nutzen, wird jedoch immer wichtiger und es gibt zahlreiche Strategien zur Ableitung von kürzeren Werbemitteln. Diese hinken jedoch oft dem hinterher, was heute datengetrieben möglich ist. Im nachfolgenden Gastbeitrag stellt Boris Wöhlecke, Strategic Creative Agency Partner beim Ad-Tech-Anbieter und Emotions-Experten Unruly, einen neuen Ansatz zur Adaption und Kürzung langer Werbespots vor, der eine KPI-Optimierung auf Basis emotionaler Daten zugrunde liegt.

Klassische TV-Spots galten einst als das Herzstück großer Markenkampagnen. Einige glauben nach wie vor ungebrochen an ihre zentrale Bedeutung, für andere spielt das lineare Fernsehen im Zeitalter von VoD-Diensten, YouTube und wegbrechenden TV-Reichweiten nur noch eine untergeordnete Rolle. Unbestreitbar ist jedoch, dass große und lange Markenvideos immer noch Hochkonjunktur haben und aufwendig produziert werden. Dabei wird es immer wichtiger, diesen hochwertigen Content für eine möglichst effektive Multichannel-Distribution nutzbar zu machen. Die Strategien dafür sind vielfältig, erweisen sich oft jedoch als erstaunlich oberflächlich und simpel.

Im Folgenden möchte ich daher einen neuen Ansatz vorstellen: Die datengetriebene KPI-optimierte Kürzung und Adaption von Werbespots für die digitale Verlängerung – auf Basis emotionaler Daten. Aber eins nach dem anderen: Warum emotionale Daten?

Die Bedeutung von Emotionen in der Werbeansprache

Emotionen sind unsere stärksten Wahrnehmungs- und Gedächtnistreiber. Sie treiben sowohl bewusste als auch unbewusste Entscheidungen an und beeinflussen somit im Endeffekt auch, ob und wie wir auf Werbung reagieren. Dass bedeutet im Weiteren: Wenn wir Gefühle und emotionale Reaktionen verstehen und proaktiv einsetzen lernen, sind wir in der Lage effektivere Kampagnen zu gestalten. Deswegen schlummert in emotionalen Daten ein riesiges Potential, um sich diese treibende Kraft unserer Gefühle zielgerichtet für eine optimale Werbeansprache zu Nutze zu machen – sogar spezifisch für die wichtigsten Zielsetzungen entlang des gesamten Sales Funnels.

Welche Zielsetzung für welche Phase im Funnel?

In der Praxis konnten wir drei qualitative KPIs als die wichtigsten Erfolgstreiber für die klassischen Funnel Phasen identifizieren: Die Markenbevorzugung in der Awareness-Phase, den Wunsch mehr über ein Produkt, eine Marken oder eine Dienstleistung zu erfahren in der Interest-Phase und die Kaufabsicht in der Action-Phase.

Komplexe Kampagnen nutzen dabei natürlich verschiedene Werbemittel entlang der Customer Journey, um die verschiedenen Ziele bestmöglich zu erreichen und die Performance gegenüber einer “One-fits-all”-Lösung signifikant zu steigern. So zielen beispielsweise lange imposante Markenvideos sehr oft auf die erste Funnel Phase ab. Es geht vor allem darum Aufmerksamkeit zu generieren und eine positive Wahrnehmung der Marke aufzubauen bzw. zu stärken. Soweit, so gut.

Doch wie machen wir diesen Markenfilm jetzt möglichst effizient fit für die digitale Multichannel-Distribution?

One doesn’t fit all

Noch immer ist es sehr aufwendig, teuer und nicht usus, für jeden Kanal und jede Videolänge zielgerichtet bereits in der Kampagnenplanung zusätzliche Werbemittel mitzudenken und mitzuproduzieren. Nicht zuletzt, da hier verständlicherweise oft Aufwand und Nutzen in Frage gestellt werden. Deswegen werden die weiteren Werbemittel aus dem ursprünglichen langen Herocontent abgeleitet.

Zu den gängigsten Verfahren und Strategien zur Kürzung und Adaption von Werbespots für die digitale Verlängerung gehören Faustregeln für händische Cutdowns á la “nicht länger als X Sekunden für Kanal Y, mit deutlichem Branding an Beginn und bitte mit schnellen mutigen Schnitten” oder auch die automatisierte Kürzung von Videospots mit Tools, die den optimalen 6-Sekünder versprechen. Der Zyniker könnte resümieren: Auf der einen Seite wird auf datengetriebene Insights verzichtet, auf der anderen fehlt der menschliche Blick.

Ich glaube, dass die Wahrheit dazwischen liegt. Dass es Herz und Verstand braucht, um die abgeleiteten Videoversionen optimal für die verschiedenen Kanäle und Formate anzupassen. Im Folgenden möchte ich daher eine neue mehrstufige Methodik zur datengetriebenen Optimierung von Werbespots für die Multichannel-Ausstrahlung erläutern – auf Basis emotionaler Daten und orientiert an den Zielmetriken, die in den verschiedenen Kampagnenphasen am wichtigsten sind.

KPIs und Emotionen im Wechselspiel

Wir haben einen Ansatz ausgearbeitet, mit dem Werbetreibende – beispielsweise auf Basis eines längeren Awareness-Spots – zielgerichtet Video-Kurzversionen erstellen können. Damit lassen sich je nach Zielsetzung verschiedene Ziel-KPIs triggern und so Creatives für alle Phasen des Sales Funnels ableiten und digital aussteuern.

Dafür setzen wir auf eine vielschichtige Analyse von Konsumenten, die sowohl eine qualitative und quantitative Befragung als auch eine biometrische Gesichtserkennung umfasst. Dadurch erfassen wir, wie Menschen im Zeitverlauf emotional auf einen bestimmten Werbespot reagieren – sowohl bewusst als auch unbewusst.
Durch solch eine Kombination aus Biometrie- und Tiefenanalyse lassen sich die emotionale Wirkung eines Videos sowie seine stärksten und am wenigsten performanten Sequenzen aufdecken.

Bringt man diese videospezifischen Daten wiederum mit Vergleichswerten vieler tausender weiterer gleichsam analysierter Videos in einer entsprechenden Datenbank zusammen, lassen sich die relevanten Szenen für eine spezifische KPI identifizieren.

Der Knackpunkt dabei: Unsere Emotionen sind vielschichtig und so ist für jede Ziel-KPI auch eine individuelle Mischung und Gewichtung der richtigen Emotionen entscheidend. Wir setzen für die Analyse auf eine Datenbank von Videoanalysen in Kombination mit einem selbstlernenden Algorithmus.

Herz trifft Verstand: The perfect fit

Auf dieser Grundlage ist es möglich, aus einem längeren Markenspot datengetrieben und entsprechend der gewünschten Zielsetzung, individuelle Videozuschnitte vorzunehmen, pro Kanal und in jeglicher Wunschlänge.
Wichtig für ein optimales Ergebnis: Nach dem Algorithmus sollte noch einmal der Mensch zum Zug kommen und sicherstellen, dass die nachweislich performantesten Szenen auch zusammen wirken und weitere Elemente wie ein zusätzliches Branding oder notwendige Untertitel inkludiert werden.

Im Ergebnis entstehen Creatives in verschiedenen Längen und optimiert für die jeweilige Zielsetzung, die sich für eine effektive Multichannel-Ansprache einsetzen lassen, um die Kampagnenergebnisse auch außerhalb der viel diskutierten TV-Reichweiten effektiv zu maximieren. Bestenfalls natürlich in Kombination mit einem schlauen Targeting.

Tech Finder Unternehmen im Artikel

Bild Boris Wöhlecke Über den Autor/die Autorin:

Boris Wöhlecke, Strategic Creative Agency Partner beim Videomarktplatz Unruly, war über 15 Jahren im Marketing-, PR- und Kreativagentur-Umfeld tätig. So war er zuletzt Mitglied der Geschäftsleitung bei der K-MB Agentur für Markenkommunikation und blickt auf weitere Tätigkeiten als Mit-Gründer des kreativen Schnellbootes L7 Berlin GmbH sowie auf langjährige Stationen bei Serviceplan und Jung von Matt zurück. Nebenbei ist der studierte Philologe seit einigen Jahren regelmäßig als Dozent an der Macromedia University of Applied Science und als Guest Speaker an der Miami Ad School tätig.

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