In Deutschland erwirtschaftete OTTO im Jahr 2017 Umsätze in Höhe von knapp drei Milliarden Euro. Im Gespräch mit Kerstin Pape, der Leiterin des Online-Marketings, spricht ADZINE über den zunehmenden Einzug von künstlicher Intelligenz in das Marketing des größten deutschen Versandhändlers.
ADZINE: Frau Pape, bei OTTO setzen Sie immer mehr auf die Intelligenz aus der Maschine. Wie wirkt sich die Automation auf das Marketing in Ihrem Unternehmen aus?
Kerstin Pape: Automation findet bei uns schon in vielen Bereichen des Marketings statt: beim Kampagnenmanagement und der Kampagnensteuerung sowie bei vielen Prozessen rund um Reportings und Controlling. Wir arbeiten in allen Kanälen und kanalübergreifend daran, Prozesse zu automatisieren oder auch händische Steuerung und Kampagnenmanagement – da wo heute bereits möglich – zu automatisieren oder über Algorithmen abzulösen. Der Automatisierungsgrad, der erreicht werden kann, ist aber nicht in allen Kanälen gleich – das hängt hochgradig von Partnern und Ökosystemen ab.
ADZINE: Apropos Partner und Ökosysteme: Welche Strategie verfolgen Sie, wenn es um die passenden Marketingsysteme geht? Vertrauen Sie auf eine Cloud-Lösung wie von Salesforce, Adobe und Co. oder besteht Ihre Lösung aus einem „Best of Breed“-Ansatz von vielen verschiedenen Anbietern?
Pape: Wir haben uns hier bewusst nicht festgelegt: Wir setzen auf Inhouse-Entwicklungen und Markttools und mixen diese. Das hängt ganz vom Kanal und den Anforderungen ab.
ADZINE: Welche konkreten neuen Anwendungsszenarien ergeben sich durch die Hilfe der „Maschine“?
Pape: Ganz unterschiedliche: Im Bereich der Kampagnensteuerung setzen wir auf Algorithmen, die wir inhouse entwickeln und die die Steuerung der SEA- und RTA-Kampagnen übernehmen. Hier haben wir schon einen sehr hohen Reifegrad erreicht. Darüber hinaus versuchen wir Partnerimporte und -exporte von Daten weitestgehend zu automatisieren. Zusätzlich skalieren wir SEA-Kampagnen über die Generierung von Anzeigen aus dem Produktfeed und setzen halbdynamische Bannertemplates im Rahmen von RTA-Display-Kampagnen außerhalb des Retargetings ein. Auch Produktdatentexte können wir nach vorgefertigten Templates bereits automatisiert entwickeln lassen. Es gibt also bereits heute eine Vielzahl von Anwendungsfällen, die uns im Online-Marketing effektiver machen.
ADZINE: An welchen Stellen wird dadurch das Marketing verbessert?
Pape: Das Marketing wird überall dort besser, wo wir eine hohe Komplexität in der Anzahl der Werbemittel, einen hohen Standardisierungsgrad und hohe Targeting-Möglichkeiten haben. Das wirkt sich perspektivisch natürlich noch viel stärker auf den Nutzer aus, weil die Ansprache deutlich besser auf ihn zugeschnitten sein wird. Trotzdem gibt es immer noch Kampagnen, die von starker Kreativität und viel Liebe zum Detail geprägt sind, zum Beispiel Content in unseren Blogs, Influencer-Kampagnen oder unsere Storytelling-Kampagnen auf den digitalen Kanälen. Und das ist auch gut so.
ADZINE: Und die Marketingmitarbeiter bei OTTO? Wird ihnen die Arbeit erleichtert oder musste das Personal zuerst umgelernt oder gar aufgestockt werden, um die Technik optimal auszusteuern?
Pape: Die Aufgaben im Online-Marketing bei OTTO verändern sich. Unsere Profile werden technischer, wir investieren mehr Kapazitäten in die Automatisierung und Standardisierung und versuchen Zeit für Analyse, Tests und Weiterentwicklung kanalübergreifender Kampagnen zu gewinnen. Derzeit schulen wir unsere Mitarbeiter auf R und SQL und bauen zunehmend technische Kompetenzen in den Teams auf. Zusätzlich suchen wir momentan viele Tech-Fachkräfte für unsere Business-Intelligence- und IT-Bereiche, mit denen wir sehr eng zusammenarbeiten.
ADZINE: Frau Pape, wir danken Ihnen für das informative Gespräch und freuen uns, Sie auf dem New Marketing Tech Summit als Vortragende begrüßen zu dürfen.
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