Im Portrait Sirick Wohlers, Head of Marketing Europe bei audibene: Generation 50+ im Visier
Sandra Goetz, 13. August 2018Für Hörgeräte Online-Werbung zu machen, hört sich zuerst nicht gerade sexy an. Dabei sind die Marketingkampagnen der Hörgeräteindustrie nicht nur professionell und ansprechend, sondern auch weitaus spannender, als auf den ersten Blick vermutet. Das hat sich auch Sirick Wohlers gesagt, als er Ende 2015 als Head of Marketing Europe bei audibene anheuerte. Das Berliner Unternehmen ist weltweit in neun Märkten aktiv und führt pro Jahr über eine Million Hörgeräteberatungen durch. In Europa firmiert das Unternehmen unter „audibene“, in den USA und Asien unter „hear.com“. Der Marketingetat liegt im siebenstelligen Euro-Bereich. Deutschland und die USA machen hier den Löwenanteil aus.
Nach Abitur und Zivildienst ging Sirick Wohlers von Bremerhaven an die Uni Stuttgart, um dort Anglistik im Hauptfach und BWL und Geschichte im Nebenfach zu studieren. Die akademische Ausbildung führte den heute 37-Jährigen für sechs Monate nach Neuseeland und ein weiteres Jahr nach Spanien. Wohlers setzte nach Abschluss seines Magisters einen Master in International Business an der University of St. Andrews in Schottland drauf und entschied sich 2009, seiner damaligen Freundin und heutigen Ehefrau nach Barcelona zu folgen, die dort ein Jobangebot als Vertriebsmanagerin für die Bertelsmann AG in der Tasche hatte.
„Es war die Hochzeit der spanischen Wirtschaftskrise, doch ich hatte Glück: Bei der US-Firma Vistaprint fand ich eine Anstellung als Online-Marketing-Manager, bei der ich fünf Jahre lang geblieben bin und alles gemacht habe, was das Online-Marketing hergegeben hat“, sagt Wohlers heute.
Die Konkurrenz wurde auf den Norddeutschen aufmerksam. Nach einem guten Angebot ging es mit Kind und Kegel zurück nach Deutschland, nach Berlin, wo Sirick Wohlers als CMO beim Start-up Bonnyprints und Wunderkarten für die Weiterentwicklung und den strategischen Ausbau der Marken verantwortlich war. – Bis audibene in sein Leben trat. Das Unternehmen hatte im Berliner Markt bereits einen guten Ruf, u. a. auch deswegen, weil sich es zum Ziel gesetzt hatte, Online-Experte für „die spannende Zielgruppe 50+“ zu werden, erinnert sich Wohlers an sein Erstgespräch.
Was ist spannend am digitalen Marketing?
„Besonders interessant finde ich die rasante Entwicklung im digitalen Marketing. Wenn ich mir anschaue, was ich vor zehn Jahren gemacht habe, und sehe, was ich jetzt mache, ist das kaum noch vergleichbar“, sagt Wohlers. Dazu gehören, wie Werbemittel aussehen, wie man diese optimieren kann, aber auch, mit welchen Partnern zusammengearbeitet wird. "Die Wichtigkeit von Content auf den Landing Pages gehört hier ebenso dazu wie das Thema, was wir alles mit Daten machen können – inklusive Messbarkeit.“
Der demografische Wandel ist für Wohlers ein weiteres Thema, das explizit in seine Aufgabe als Marketingmanager reinspielt. „Die Zielgruppe 50+ ist inhaltlich sehr internetaffin, braucht aber eine ganz anders Ansprache, um inhaltlich vom Angebot angesprochen zu sein“, so Wohlers. „Es ist ein Unterschied, ob ich für 20- bis 30-Jährige Online-Marketing-Maßnahmen mache oder für die Generation 50+.“
Hörgeräte? Was ist hier die Herausforderung im digitalen Marketing?
Mit einer Zielgruppe von 600 Millionen Menschen, die an Hörverlust leiden, hat audibene eine klar definierte potentielle Kundengruppe in einer bestimmten Nische. Durch den demografischen Wandel wird der Markt noch weiterwachsen. Die Hörgeräteindustrie wächst laut Wohlers um 5 bis 6% pro Jahr, „das zeigen wenige Branchen“.
Die Herausforderung besteht vor allem darin, „unsere Kundengruppen so gezielt anzusprechen, dass diese eine informierte Entscheidung für Hörgeräte treffen. Die Zeitspanne zwischen der ersten Recherche und dem eigentlichen Kauf von Hörgeräten liegt durchschnittlich bei sieben Jahren“, erklärt Wohlers. Diese Spanne wird durch die richtigen Online-Marketing-Maßnahmen deutlich verkürzt, laut Wohlers auf nur einige Monate. Dabei käme es besonders auf den richtigen Online-Marketing-Mix an.
Neben, Social Media, SEA- und SEO-Maßnahmen vertaut audibene auch auf Display-Werbung: „In erster Linie geht es uns allerdings darum, Awareness zu schaffen, und das erreichen wir durch natives Advertising“, so Wohlers, der hierfür u. a. auf den Quality-Native-Advertising-Spezialisten Ligatus setzt. Die letzte erfolgreiche native Kampagne im Ligatus-Netzwerk drehte sich um In-Ohr-Hörgeräte. Hierzu muss man wissen: Die technologische Entwicklung bei Hörgeräten in den letzten fünf Jahren ist mit denen von Handys von vor zehn Jahren vergleichbar. Die Hörgeräte werden immer kleiner, leistungsfähiger, können direkt mit Spotify oder dem Fernseher verbunden werden. audibene suchte hierfür 1000 Tester – und bekam diese über die Kampagne.
Neben nativen Ads ist Facebook-Marketing ein weiterer Fokus der Marketingaktivitäten. „In den USA und Asien sind fast 90 Prozent der 50+-Jährigen kontinuierlich auf Facebook aktiv. Das wissen wir zu nutzen.“
Was sind die Trends für 2018?
Desktop und Mobile haben den gleichen Fokus im digitalen Marketing für audibene. „Wir sehen aber, dass es in den vergangenen 12 Monaten eine signifikante Verschiebung zugunsten von Mobile in unserer Kundengruppe gibt. Ein weiterer Trend ist der Anstieg von Relevanz von Video-Advertising.
Das sehen wir auf Facebook, in Display-Anzeigen sowie in Contentnetzwerken wie die der G+J-Tochter Ligatus oder von Taboola. Auch wir nutzen verstärkt Video Advertising über unsere Contentkampagnen, denn Videos können mehr erzählen als ein einziges Bild, das ist ein sehr positiver Effekt, erklärt der audibene Marketingchef Europa.
Der Trend des Jahres heißt dennoch „Daten“. Sicherheit, DSGVO, wie mit Daten umgegangen wird, um besser Kunden anzusprechen, „all das wird stark von den Publishern beworben“, so Wohlers. Während einige Branchen ob DSGVO in heller Aufruhr waren und kräftig nachjustieren mussten, mussten die Berliner nur wenige Anpassungen machen. „Wir arbeiten mit sensiblen Gesundheitsdaten, die dem Datenschutz unterliegen. Es gab nur einige wenige Anpassung bezüglich unserer AGBs, das war’s. Unsere Struktur ist sauber. Das war sehr einfach.“
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