Laut BVDW-Zahlen werden dieses Jahr bis zu 45 Prozent der digitalen Werbeumsätze über Programmatic Advertising abgewickelt. Doch wer profitiert eigentlich am meisten von diesem datenbasierten Mediahandel über DSPs, Marktplätze und SSPs? Lässt man die sogenannten Walled Gardens Google, Facebook und Amazon einmal außen vor, scheinen die Gewinner klar auf Seiten der Adtech Provider zu stehen.
Im Frühjahr 2017 hat ADZINE rund 200 Mitglieder aus Unternehmen im digitalen Mediageschäft zu Walled Gardens befragt. Unter den Teilnehmern waren etwa zu gleichen Anteilen Vertreter aus Mediaagenturen und Advertiser (Nachfrageseite), Tech-Anbieter sowie Publisher und ihre Vermarkter (Angebotsseite). Nur sieben Prozent kamen aus der Datenbranche oder sonstigen Unternehmenszweigen.
Walled Gardens wie Google, Facebook oder Amazon werden in Deutschland durchwachsen wahrgenommen. So sieht knapp die Hälfte der Befragten (47 Prozent) ihre geschäftliche Existenz mittel- bis langfristig nicht durch die US-Player bedroht. 18 Prozent der Befragten meint sogar, von ihnen zu profitieren. Etwa ein Drittel (33 Prozent) sieht in Google und Co. eine klare Bedrohung für das eigene Geschäft. Weitere 21 Prozent schätzen das Risiko nicht ganz so hoch ein, zeigen jedoch auch Bedenken.
Die Gewinner der Programmatic-Evolution
Nach den Umfrageergebnissen zu urteilen, kennt das programmatische Mediageschäft einen klaren Gewinner. 41 Prozent der Befragten sehen in den Adtech-Anbietern die wirklichen Profiteure der Programmatic-Evolution. Auch die Einkaufsseite schneidet bei den Einschätzungen gut ab. Dagegen gelten die Programmatic Seller, also Publisher und ihre Vermarkter, als das Problemkind der Branche. Gerade mal acht Prozent der Befragten sehen digitale Medien als die größten Nutznießer des Programmatic-Business.
Schwierigkeiten der Vermarkter
Die Einschätzung, dass Programmatic Advertising auf Vermarkterseite erst langsam in Schwung kommt, ist wohl zu Teilen auch dem hartnäckigen Gerücht zu verdanken, sie würden die Technologie nur zur Restplatzverwertung nutzen. Außerdem sind gleich 77 Prozent der Befragten der Meinung, dass die deutschen Digital-Publisher und -Vermarkter es bisher noch nicht geschafft hätten, Technologie und Data zur langfristigen Existenzsicherung zu nutzen. Das führt dazu, dass die Hälfte der Befragten davon ausgeht, dass Vermarkter ihr Premiumgeschäft dauerhaft vor den Walled Gardens schützen können.
Als Maßnahme zur Absicherung des Geschäfts sieht ein Drittel der Befragten die Verwendung von einheitlichen Audiencemetriken und gemeinsamen Datenpools als den richtigen Weg. Auch Qualität und Service sowie Zusammenschlüsse, wie sie bereits in den USA und Großbritannien bestehen und sich nun mit den Single-Sign-on-Allianzen auch in Deutschland abzeichnen, sehen die Umfrageteilnehmer als geeignetes Mittel gegen die Vormachtstellung der Walled Gardens. Im Vergleich zu der US-amerikanischen Konkurrenz scheint es den hiesigen Vermarktern an einer vergleichbaren datenbasierten Reichweite hingegen noch zu fehlen. Zwar lassen sich im Programmatic Advertising schon die Reichweiten durch SSPs bündeln, allerdings steckt noch keine gemeinsame Vermarktungsstrategie dahinter.
Advertiser müssen sich Alternativen suchen
Während Vermarktern das Kräftemessen mit Google und Co. sichtlich zusetzt, stehen auch Advertiser vor der Entscheidung, ob sie sich im datenbasierten Displaymarkt in die Hände der großen Walled Gardens begeben wollen. Wenn sie sich hierzulande jedoch dagegen entscheiden, rät über die Hälfte der Befragten dazu, den programmatischen Einkauf über unabhängige Technologieanbieter abzuwickeln. Display-, Native- und Videonetzwerke zieht, genau wie Retargeting-Netzwerke, nur jeder Zehnte in Betracht. Für immerhin jeden fünften Befragten führt kein Weg an Facebook und Google vorbei. Sie seien im datenbasierten Display Advertising einfach nicht zu ersetzen.
Bremsklötze für den unabhängigen Programmatic-Markt
Um einen Gegenpol zu Walled Gardens zu bieten, scheint es dem offenen und unabhängigen Markt noch an einigen Dingen zu fehlen. So sehen 28 Prozent der Befragten die Fragmentierung von Daten- und Targetingprodukten als einen Kritikpunkt. Allianzen wie die zwischen United Internet Media, ProSiebenSat1 und der RTL-Gruppe könnten die Lösung dieses Problems sein. Und diese zeichnen sich ja nun auch ab.
Neben dem fragmentierten Publisherangebot wird auch die Komplexität des Media-Buying-Prozesses von einem Viertel der Befragten als eine Bremse gesehen, die den unabhängigen Programmatic-Markt behindern kann. Hier gilt es sowohl für Technologieanbieter, nutzerfreundliche Oberflächen zu entwickeln, als auch für Unternehmen, ihre Mitarbeiter entsprechend fortzubilden.
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