Spätestens seit den Münchener Medientagen ist das Thema Transparenz – mal wieder – eines der Topthemen im Mediageschäft. Ein im Rahmen dieser Veranstaltung veröffentlichtes Gutachten des Instituts für Europäisches Medienrecht (EMR) hat die Geschäftsmodelle der Mediaagenturen beleuchtet. Das Ergebnis des über 130 Seiten starken Papiers im Kern: Der Werbemarkt ist von vielfältigen Interessenlagen und Intransparenzen geprägt. Es fehle daher an einer regelnden Struktur – neue Geschäftsmodelle wie insbesondere das Programmatic Advertising dürften grundsätzlich nicht unreguliert bleiben.
Programmatic soll also reguliert werden, fordern die Gutachter– starker Tobak. Und als wäre das nicht genug, hat der OWM letzte Woche das Ergebnis seiner Mitgliederbefragung präsentiert. Dieses Ergebnis belegt einen starken Vertrauensverlust der werbetreibenden Unternehmen zu ihren Mediaagenturen. 38% der OWM-Mitglieder sind der Meinung, dass ihre Mediaagenturen keine ausreichend starke Digitalkompetenz aufgebaut haben. Nur noch knapp die Hälfte (48%) der Befragten glaubt an eine gute Beratungs- und Einkaufsleistung. 2015 waren es noch 95% der Befragten.
Insbesondere der programmatischen Abwicklung wird immer wieder vorgeworfen, die fehlende Transparenz zwischen Mediaagenturen und Advertisern zu verstärken. Die digitale Werbebranche, organisiert im BVDW, scheint diese Entwicklung zumindest für den Bereich Programmatic geahnt zu haben. Schließlich ist der „Black Box“-Vorwurf im programmatischen Mediahandel alles andere als neu. Die Programmatic-Advertising-Fokusgruppe im BVDW hat 40 Markteilnehmer dazu gebracht, eine Selbstverpflichtung, einen sogenannten Code of Conduct, zu unterzeichnen. In diesem Papier verpflichten sich die Unterzeichner, Programmatic Advertising nach vordefinierten Kriterien für die beteiligten Marktteilnehmer, allen voran den Advertisern, nachvollziehbar zu machen. Die erste Resonanz aus dem Markt zum Programmatic Code of Conduct (CoC) ist höchst unterschiedlich: Für die einen ist es ein großer Wurf, weil auch so viele US-amerikanische Unternehmen den Programmatic CoC unterzeichnet hätten. Schade nur, dass weder Google noch Facebook bei der Selbstverpflichtungsparty mitmachen. Für andere ist der Programmatic CoC „typisch deutsch“ und sein Inhalt weich und nichtssagend und damit letztlich wertlos. Wir werden uns daher in den kommenden Wochen noch eingehender mit dem Papier auseinandersetzen.
Die Transparenzdebatte hat so viele thematische Anknüpfungspunkte, dass auch wir als Fachmedium die völlig unterschiedlichen Teilaspekte nur nacheinander beleuchten können. Den Anfang machen wir mit der Prozesskette im Programmatic Advertising. Unser Redakteur Frederik Timm hat sich mit der Fragestellung beschäftigt, warum eigentlich die Einkaufsplattformen nach einer Umsatzbeteiligung (Revenue Share) abrechnen, während die Adserver-Anbieter volumenbasiert die ausgelieferten Impressions in Rechnung stellen. Lesen Sie den ersten Artikel aus unser neuen Transparenzreihe hier.
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