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Cross-Device-Marketing entmystifiziert

Carsten Frien, 7. November 2016
unsplash.com Blake Lisk

Konsumenten surfen über verschiedene Geräte. Das macht ihre Identifikation für werbliche Zwecke schwierig. Ein neuer Trend aus den USA schwappt gerade nach Europa herüber: Cross-Device-Marketing. Dabei ermöglicht ein kleiner Pixel, dass sich das Nutzerverhalten auf verschiedenen Geräten einzelnen Personen zuordnen lässt und diese zu Haushalten zusammengefasst werden können. So kann man Konsumenten über alle digitalen Devices hinweg zielgenau erneut ansprechen, um die Performance von Kampagnen zu steigern.

Dennoch stehen Marken und Agenturen diesem revolutionären Ansatz noch kritisch gegenüber. So entfachte ein kürzlich erschienener Artikel von adexchanger eine Debatte über die größer werdende Diskrepanz bei Begrifflichkeiten und den Erwartungen zwischen Anbietern von Cross-Device-Graphen und der Anwenderseite.

Die Diskussion zeigt ganz offensichtlich, dass der sich entwickelnde Cross-Device-Markt eine Phase wachsender Schwierigkeiten durchläuft, wie sie bereits viele andere zuvor erleben mussten. Höchste Zeit also für die Anbieter von Cross-Device-Graphen, aktiv zu werden. Die Lösung ist einfach: Die Branche muss den Markt aufklären und dieselbe Sprache sprechen. Das ist mit Abstand der beste Weg, um Fehlkommunikation und oder Verwirrung zu überwinden. Was aber noch wichtiger ist: Dadurch lassen sich unrealistische Erwartungen bezüglich der Resultate von Cross-Device-Kampagnen verhindern.

So stellt adexchanger die These auf, dass mit wachsender Skalierung und weiteren ‘Match Rates’ vermehrt Verständnisprobleme entstehen. Allerdings wird selbst in dem Artikel nicht deutlich, was ‚Match Rates’ überhaupt sind, wie und wer sie definiert und wann die ‘Match Rate’ zu einer gültigen Kennzahl für Cross-Device-Matching wurde. Kein Wunder also, dass der Markt frustriert und tendenziell skeptisch gegenüber der Technologie und ihren Möglichkeiten ist.

Wenn adexchanger mit ‘Match Rate’ den in der Cross-Device-Branche verwendeten Begriff ‘Accuracy’ meint, müsste man argumentieren, dass diese Kennzahl nichtssagend ist. Die ‘Accuracy’ gibt lediglich das Verhältnis aus korrekt identifizierten ‘Matches’ plus korrekt identifizierten ‘Non-matches’ und allen insgesamt vorhanden ‘Matches’ und ‘Non-matches’ an. Da es jedoch sehr leicht ist, vorherzusagen, dass eine Verbindung zwischen zwei Geräten nicht vorhanden ist (‘Non-matches’) und die Anzahl an möglichen ‘Matches’ klein ist, wird das Verhältnis korrekt identifizierter ‘Non-matches’ zu der gesamten Anzahl möglicher ‘Matches’ und ‘Non-matches’ immer sehr groß sein. Einfach gesagt, wird die ‘Accuracy’ also immer nahe bei 100 Prozent liegen, egal wie viele ‘Matches’ korrekt identifiziert werden oder nicht. Die relevante Frage, wie viele der vorhergesagten ‘Matches’ tatsächlich korrekt sind, wird durch die Angabe der ‘Accuracy’ aber gerade nicht beantwortet.

Weitere Kennzahlen, die man im Cross-Device-Marketing kennen muss, sind ‘Precision’ (=Exaktheit) und ‘Recall’ (=Abruf, im Sinne von Reichweite). ‘Precision’ ist das Verhältnis der korrekt vorhergesagten ‘Matches’ zwischen Geräten zu den korrekt plus den falsch vorhergesagten ‘Matches’, also wie viele Prozent der vorhergesagten ‘Matches’ tatsächlich richtig sind. ‘Recall’ gibt währenddessen den Anteil aller korrekt identifizierten an allen tatsächlich vorhandenen ‘Matches’ in einem bestimmten Markt an. Eine höhere Exaktheit führt zwangsläufig zu einer geringeren Menge vorhergesagter ‘Matches’ und damit zu geringerem ‘Recall’ und vice versa. Die ideale Balance zwischen ‘Precision’ und ‘Recall’ zu erreichen, ist eines der Hauptziele bei Cross-Device-Matching.

Aus diesem Grund gibt es auch leider keine Standardlösung. Für manche Anwendungsbeispiele ist die Korrektheit der Vorhersage (‘Precision’) wichtiger, während für andere die Reichweite (‘Recall’) zählt.

Warum ist das so? Das liegt daran, dass Anbieter von Cross-Device-Graphen ihre Kennzahlen je nach Unternehmenszielen des Kunden optimieren können. Zum Beispiel bevorzugen auf Performance fokussierte Agenturen vielleicht einen ‘Precision’ optimierten Graphen, der das höchste Exaktheitslevel hat, um sicherzugehen, dass sie tatsächlich mit demselben User kommunizieren. Markenartikler auf der anderen Seite bevorzugen womöglich eine Branding-Kampagne mit starkem Fokus auf Reichweite und Wirkung, weshalb sie eher einen ‘Recall’ optimierten Graphen wählen, bei dem die ‘Precision’ etwas verringert werden kann.

Indem der Markt proaktiv aufgeklärt wird, können diese Wissenslücken geschlossen werden und es kann besser vermittelt werden, was mit der Technologie tatsächlich möglich ist. Jetzt ist der Schlüsselmoment um aktiv zu werden.

Cross-Device-Jargon im Überblick

Match Rate: Mehrdeutiger nicht definierter Begriff, der die ‘Accuracy’ oder ‘Precision’ eines Cross-Device-Grafen meinen kann.

Accuracy: Der Anteil aller korrekten ‘Matches’ und aller korrekten ‘Non-matches’ eines Graphen an der Gesamtzahl aller möglichen Gerätekombinationen in dem Graphen. Die folgende mathematische Formel stellt genau das dar:

Quelle: Roq.Ad

Das Ergebnis der Formal ist eine Prozentzahl, die den Anteil aller korrekt identifizierten ‘Matches’ plus den korrekt identifizierten ‘Non-matches’ an allen potentiell möglichen ‘Matches’ angibt.

Precision: ‘Precision’ misst in Prozent, wie viele Geräte in einem Graphen korrekt ‘gematcht’ wurden, ohne zu berücksichtigen, wie viele noch vorhandene ‘Matches’ nicht berücksichtigt wurden.

Quelle: Roq.Ad

Die Formel gibt an, wie viele Prozent der vorhergesagten ‘Matches’ tatsächlich richtig sind.

Recall: ’Recall’ ist die komplementäre Kennzahl zu ’Precision’. ’Recall’ misst einfach, wie viele tatsächlich verbundene Geräte es in einer Region gibt und wie viele davon von dem Graphen identifiziert werden. Als Formel:

Quelle: Roq.Ad

Cross Device-Pixel: Ein kleines Stück Code, dass in eine Webseite eingefügt wird und dort einen unsichtbaren Pixel generiert, der Informationen über den Besucher der Webseite, wie zum Beispiel IP-Adresse, Betriebssystem, Geräteart etc., an den Cross-Device-Anbieter weiterleitet, damit dieser den User mit seinem Service erreichen kann.

Cross Device-Graph: Eine Datenbank mit der Menge aller erfassten Internetgeräte in einer Region und der unter ihnen durch den Cross-Device-Anbieter identifizierten Verbindungen.

Bild Carsten Frien Über den Autor/die Autorin:

Carsten Frien ist Geschäftsführer und Mitbegründer des Multi-Device-Technologie Anbieters Roq.ad. Als Europas führendes Unternehmen hilft Roq.ad seinen Kunden dabei, Menschen auf allen ihren Geräten zu erreichen. Der Technologieunternehmer liebt es Unternehmen zu gründen und aufzubauen, spannende Günderteams und Themen als Business Angel zu begleiten und in ihrer Wachstumsphase mit seiner Erfahrung zu unterstützen. Er hat bereits mehrere Adtech und Mobile Advertising Unternehmen mitbegründet oder als Angel Investor auf den Weg gebracht. Darunter madvertise, LiquidM, Mobilike, Fyber, Delivery Hero und HitFox.

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