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Die neue Einwilligungsverordnung – Gamechanger oder heiße Luft?

Eike Paulat, 14. Mai 2025
Bild: Jon Tyson – Unsplash

Consent-Banner gehören für viele Internetnutzer zum lästigen Alltag. Sie stören den Einstieg auf Webseiten, wirken aufdringlich und werden deshalb oft reflexartig weggeklickt. Doch hinter dem vermeintlich störenden Pop-up steckt ein zentrales Prinzip der digitalen Gegenwart: Transparenz und Kontrolle im Umgang mit persönlichen Daten. Consent Banner machen sichtbar, was früher im Hintergrund geschah – und geben den Nutzerinnen und Nutzern die Entscheidungshoheit zurück.

Die Zustimmung zur Verarbeitung personenbezogener Daten ist gesetzlich vorgeschrieben – zum Beispiel durch die DSGVO und die E-Privacy-Richtlinie. Consent Banner bilden die technische und rechtliche Grundlage, um diese Einwilligung wirksam einzuholen – und sie ermöglichen es Unternehmen, datenbasierte Geschäftsmodelle auf ein solides, rechtssicheres Fundament zu stellen.

Mit der seit April 2025 geltenden neuen Einwilligungsverwaltungsverordnung (EinwVO) will der Gesetzgeber nun einen alternativen, zentralen Mechanismus zur Einholung von Einwilligungen schaffen. Die Hoffnung: weniger Banner, einheitliche Prozesse, geringerer Aufwand für Nutzer. Die Umsetzung wirft jedoch Fragen auf – sowohl in Bezug auf die technische Architektur als auch auf die datenschutzrechtliche Tragfähigkeit.

Ein guter Impuls – mit offenen Fragen

Die Idee hinter der EinwVO klingt zunächst sinnvoll: Nutzer legen ihre Datenschutzpräferenzen einmal zentral fest und diese werden dann auf möglichst vielen Webseiten automatisch wiedererkannt. Das könnte die „Consent-Müdigkeit“ verringern und den digitalen Alltag vereinfachen.

Doch die Teilnahme ist freiwillig – für Nutzer und Webseitenbetreiber. Zudem fehlt es noch an klaren technischen Standards und rechtlichen Leitlinien. Für Unternehmen bedeutet das: abwarten, interpretieren, experimentieren – mit ungewissem Ausgang.

Datenschutz: Theorie vs. Praxis

Die DSGVO stellt klare Anforderungen an die Einwilligung: Sie muss freiwillig, informiert, spezifisch und widerrufbar sein. Doch wie passt das zu einer zentralen Vorauswahl, bei der Nutzer pauschal zustimmen, ohne zu wissen, welche Daten konkret verarbeitet werden und von wem? Eine solche Einwilligung riskiert, zu einer bloßen Formalität zu verkommen – rechtlich fragwürdig und inhaltlich unklar.

Ein Klick allein genügt nicht, wenn die Einwilligung nicht klar und informiert getroffen werden kann. Auch eine zentrale Verwaltung darf keine Blackbox sein, in der Nutzer zwar weniger gefragt, aber auch weniger abgeholt werden.

Es geht hier nicht nur um die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben, sondern auch um die User Experience und das Vertrauen der Nutzer. Schließlich ist die Einwilligung die zentrale Schnittstelle zwischen Webseite und Nutzer. Das Consent-Banner bietet die Möglichkeit, Transparenz zu schaffen und dem Nutzer klar und nachvollziehbar zu erklären, welche Daten verarbeitet werden und warum. Wird diese Gelegenheit verpasst oder zu unklar kommuniziert, gefährdet das nicht nur die rechtliche Absicherung, sondern auch das Vertrauen der Nutzer in das digitale Angebot.

Damit Einwilligungen nicht zur reinen Formsache werden, braucht es eine starke UX: Dem Nutzer müssen verständliche, kontextbezogene Entscheidungen ermöglicht werden, ohne ihn zu überfordern. Denn Vertrauen entsteht nicht durch Abstraktion, sondern durch klare Informationen, nachvollziehbare Optionen und Kontrolle.

Technische Lösungen: Zwischen Kontrolle und Komplexität

Die EinwVO lässt verschiedene technische Ansätze zu: eine browserbasierte Lösung etwa, bei der die Entscheidung lokal gespeichert wird. Oder ein Login-Modell, das übergreifend gilt. Auch Dienste, die standardisierte Signale an Webseiten senden, sind denkbar.

All diese Konzepte werfen jedoch Fragen auf:

  • Wie wird sichergestellt, dass die Einwilligung nicht manipulierbar ist?
  • Wo und wie kann ein Verantwortlicher sie rechtsgültig nachweisen?
  • Wie flexibel können Nutzer ihre Präferenzen ändern?
  • Ist die Einwilligung informiert und spezifisch?
  • Und wie gut lassen sich die Lösungen mit bestehenden Consent-Management-Plattformen (CMPs) verbinden?

Aktuell speichern CMPs Einwilligungen meist direkt im Browser – datensparsam, kontrollierbar und dezentral. Neue zentrale Ansätze dürfen diesen Standard nicht unterlaufen, sondern müssen ihn ergänzen, ohne neue Risiken zu schaffen.

Der Schlüssel: Nutzerzentrierung braucht UX, Standards und Vertrauen

Ein nachhaltiger Fortschritt in der Einwilligungsverwaltung kann nur gelingen, wenn die Nutzerhoheit konsequent gestärkt wird – technisch und rechtlich.

Das bedeutet: Einwilligungen sollten möglichst nah am Nutzer gespeichert und verwaltet werden, am besten direkt im Browser oder auf nutzergesteuerten Endgeräten. Ebenso ausschlaggebend ist, wie diese Präferenzen anschließend verarbeitet werden.

Eine zentrale Entscheidung allein reicht nicht. Sie muss kontextbezogen in die technische Infrastruktur eingebunden werden – etwa über standardisierte Signale an CMPs. Diese können die Information interpretieren, korrekt dokumentieren und in bestehende Consent-Flows integrieren.

Hier trifft Technik auf UX. Nutzer müssen verstehen, was mit ihren Daten passiert. Gleichzeitig brauchen Webseitenbetreiber die nötigen Werkzeuge, um Einwilligungen sauber zu erfassen, zu speichern und nachzuweisen. Nur wenn beide Seiten gut aufeinander abgestimmt sind, entsteht ein System, das rechtskonform, benutzerfreundlich und vertrauenswürdig ist.

Denn am Ende geht es um Vertrauen. Vertrauen ist die Basis jeder Einwilligungsentscheidung. Eine Website steht für ein konkretes Angebot und damit auch für eine spezifische Datenverarbeitung. Nur wenn Nutzer wissen, wer welche Daten zu welchem Zweck erhebt, sind sie bereit, ihre Zustimmung zu geben. Eine vage, pauschale Einwilligung schadet diesem Vertrauen. Klarheit schafft Sicherheit – und damit die Basis für eine bewusste Entscheidung. Deshalb ist es entscheidend, dass technische Lösungen nicht nur Standards erfüllen, sondern auch die Beziehung zwischen Webseite und Nutzer stärken. CMPs spielen dabei den zentralen Vermittler. Sie übersetzen technische Signale in nachvollziehbare Entscheidungen, sorgen für rechtssichere Umsetzung und unterstützen eine nutzerfreundliche Kommunikation. Genau hier entscheidet sich, ob die EinwVO zur Verbesserung führt – oder lediglich zu weiterer Verwirrung.

Fazit: Ein guter Impuls ohne klare Architektur

Die neue EinwVO setzt an einem echten Problem an: zu viele Banner, zu wenig Klarheit für Nutzer. Das richtige Ziel sind weniger Hürden und mehr Standardisierung. Doch ihr Erfolg hängt davon ab, ob zentrale Einwilligungen zuverlässig und kontextbezogen verarbeitet werden können.

Dazu braucht es standardisierte Signale, die CMPs korrekt interpretieren, dokumentieren und integrieren. Ohne diese Interoperabilität bleibt die Einwilligung technisch angedeutet, aber rechtlich unvollständig.

Einwilligungen sind mehr als Klicks. Sie sind Momente der Transparenz. Vertrauen entsteht mit echten Informationen und ehrlichen Wahlmöglichkeiten – und genau das sollte das Ziel jeder technischen Lösung sein.

Regulatoren müssen jetzt für klare technische Vorgaben sorgen. Und Unternehmen sollten die Chance nutzen, nicht nur zu reagieren, sondern mitzugestalten. CMPs sind dabei der Schlüssel – als Vermittler zwischen Nutzererwartung, Technik und Compliance.

Tech Finder Unternehmen im Artikel

Bild Eike Paulat Über den Autor/die Autorin:

Eike Paulat ist Director of Product bei Usercentrics in Dänemark. Als leidenschaftlicher Product Lead konzentriert er sich auf kundenorientierte Innovationen und war er maßgeblich an der Entwicklung des Datenschutz-Tech-Marktes beteiligt.

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