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PROGRAMMATIC

Die Balance zwischen Vertrauen und Effizienz in Programmatic

Anton Priebe, 23. January 2024
Bild: Christophe Hautier – Unsplash

Die Teilnehmenden im programmatischen Werbemarkt fordern seit einiger Zeit mehr Transparenz über die Lieferketten. Aufgrund des rasanten Wachstums und der Ausdehnung des programmatischen Werbeökosystems verloren insbesondere die Advertiser zunehmend die Übersicht über den Weg, den ihre Werbeeuro nahmen. Das französische Adtech-Unternehmen Nexx360 glaubt mit serverseitigem statt clientbasiertem Bidding und einer Cloud-Architektur eine Publisher-Lösung gefunden zu haben, die Werbetreibenden Transparenz verschafft und gleichzeitig auf der Sell-Side für Effizienz beim Verkauf sorgt. Im Interview erklärt Co-Founder und CEO André Baden-Semper, worin die Vorteile der Cloud-Technologie liegen, wie sich programmatische Werbung entwickelt und wie die Zukunft von Supply-Side-Plattformen aussehen wird.

Bild: Nexx360 André Baden-Semper, Nexx360

ADZINE: Hallo André, warum setzt ihr auf Cloud-Technologie?

André Baden-Semper: Die Cloud-Technologie bietet zahlreiche Vorteile. Der wichtigste Vorteil ist jedoch die minimale Bandbreite, die für den Datenaustausch benötigt wird. Dies ist vor allem im Bereich der digitalen Werbung von entscheidender Bedeutung, da sich die Ladezeit verkürzt, was sich positiv auf die Web-Performance und die Suchmaschinenoptimierung auswirkt. Außerdem ist optimierte Ressourcennutzung natürlich ökologisch nachhaltiger. Robuste Sicherheitsmaßnahmen für Daten sowie Flexibilität durch die schnelle Bereitstellung von Anwendungen sind ein weiteres Plus.

Das Zusammenspiel dieser Vorteile macht die Cloud-Technologie zu einer starken Lösung für Unternehmen, die Flexibilität und höhere Effizienz in der sich ständig weiterentwickelnden digitalen Landschaft von heute anpeilen.

ADZINE: Warum basiert dann nicht das gesamte programmatische Ökosystem auf Cloud-Technologie?

Baden-Semper: Der Austausch zwischen Adtech-Plattformen findet bereits in der Cloud statt. Lediglich die Exchanges der Publisher nutzen das Netzwerk, das der Nutzer auf seinem Gerät aufbaut und arbeiten damit clientseitig. Und da wir in einer mobilzentrierten Welt leben, sind es vor allem die 3G-, 4G- und sogar 5G-Netze, die häufig zum Surfen genutzt werden.

Früher, als es in der programmatischen Landschaft noch weniger Player gab, war dieses Setup unproblematisch. Die Publisher mussten nicht an Dutzende von Monetarisierungspartnern angeschlossen sein, um sich das beste Angebot zu sichern, und die Nutzung des User-Netzwerks führte nicht zu Latenzzeiten. Erst mit der explosionsartigen Verbreitung von programmatischer Werbung traten diese Probleme auf.

ADZINE: Könnte die Forderung nach weniger CO2-Ausstoß den Ausschlag dafür geben, das technische Grundgerüst der Werbeindustrie zu überdenken?

Baden-Semper: Natürlich war die Verringerung der CO2-Belastung einer der Gründe, warum wir diese Lösung entwickelt haben, vor allem wenn man bedenkt, dass digitale Aktivitäten zu etwa vier Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen beitragen und sich diese Zahl bis 2025 voraussichtlich verdoppeln wird.

Anstatt auf eine Verschärfung der Vorschriften zu warten, haben wir uns dafür entschieden, proaktiv eine zukunftsweisende Lösung zu implementieren, die dem aktuellen Umweltgedanken entspricht.

Unser Engagement geht aber über die Verringerung der erzeugten Bandbreite hinaus. Wir bieten auch eine Funktion an, die es den Publishern ermöglicht, minderwertige Requests auszusortieren und nur diejenigen zu behalten, die am wahrscheinlichsten Einnahmen generieren.

ADZINE: Wie entwickelt sich die programmatische Werbung derzeit?

Baden-Semper: Die programmatische Werbung durchläuft derzeit mehrere bemerkenswerte Entwicklungen.

Erstens wird immer mehr Wert auf den Schutz der Privatsphäre und den Datenschutz gelegt, was auf die zunehmende Regulierung und die Bedenken der Verbraucher zurückzuführen ist. Dies hat zu Veränderungen geführt, inwiefern Nutzerdaten im Rahmen programmatischer Prozesse erfasst, gespeichert und genutzt werden.

Zweitens gibt es eine Verschiebung hin zu mehr Transparenz und Verantwortung im programmatischen Ökosystem. Die Werbetreibenden wünschen sich mehr Klarheit über die gesamte Lieferkette.

Wir beobachten auch Fortschritte beim kontextbezogenen und ID-basierten Targeting als Alternativen zum Cookie-basierten Tracking, die durch Datenschutzbedenken und Veränderungen auf Browserebene vorangetrieben werden.

Außerdem gibt es einen bemerkenswerten Trend zum Inhousing. Die Player im Werbesektor wollen mehr Kontrolle über ihre Daten, Strategie und Umsetzung erhalten. Der Schritt zum Inhousing macht anpassungsfähiger und schafft mehr Effizienz bei der Verwaltung von Werbekampagnen oder auch des gesamten Adtech-Stacks.

Insgesamt entwickelt sich die Landschaft der programmatischen Werbung hin zu mehr Kontrolle, Anpassungsfähigkeit und Nachhaltigkeit als Reaktion auf das veränderte Verbraucherverhalten, technologische Veränderungen und regulatorische Entwicklungen.

ADZINE: Serverseitiges Bidding ermöglicht es den Publishern, mit mehr Supply-Side-Plattformen zusammenzuarbeiten. SPO wiederum verfolgt das Ziel, weniger SSPs zu integrieren. Wie passt das zusammen?

Baden-Semper: In der Tat überarbeiten einige Player ihre clientseitige Integration, indem sie die Zahl der integrierten SSPs im Wettstreit um die Impressions reduzieren, um die Latenzen zu minimieren, die sich aus den zahlreichen Aufrufen auf den Geräten der Nutzer ergeben. Dieser Ansatz schmälert jedoch den Wettbewerb und damit auch die Wahrscheinlichkeit, zu den besten Preisen zu verkaufen.

Heute haben Publisher die Möglichkeit, ihre Ladegeschwindigkeit zu erhöhen und ihre Einnahmen zu optimieren, ohne auf Monetarisierungspartner verzichten zu müssen. Alles, was sie tun müssen, ist, sie serverseitig zu integrieren. Eine Option, die Requests vorzusortieren, kann natürlich auch nicht schaden.

ADZINE: Wie würdest du die Zukunft der SSPs beschreiben?

Baden-Semper: Die Zukunft der Supply-Side-Plattformen im Werbesektor scheint sich in Richtung einer Konvergenz mit den Demand-Side-Plattformen zu entwickeln, die das bilden, was oft als “Programmatic-Direct-Plattformen” bezeichnet wird. Dieser Trend ist zwar nicht ganz neu, aber er scheint sich immer mehr durchzusetzen. Dieser Ansatz bietet zahlreiche Vorteile, darunter die Verkürzung der Wertschöpfungskette. Durch die Minimierung von Zwischenhändlern können die Publisher tatsächlich bessere Preise für jede Impression aushandeln.

Diese Konvergenz kann jedoch bei bestimmten Transaktionen zu einem Mangel an Transparenz und Klarheit führen. Einige Marktteilnehmer halten möglicherweise wichtige Informationen zurück, worunter das Vertrauen und die Transparenz im Ökosystem leiden. Die Branche muss unbedingt ein Gleichgewicht zwischen Effizienz und Vertrauen in die programmatische Werbelandschaft finden. Wir helfen mit unserer Technologie dabei, dieses herzustellen.

ADZINE: Danke für das Interview, André!

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