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Make or Buy – Vertraut den Spezialisten!

Richard Kidd, 9. Oktober 2023
Bild: Irissca – Adobe Stock

Die Frage, ob man Technologie lieber selbst entwickeln oder doch besser auf vorhandene Produkte aus dem Markt zurückgreifen sollte, stellt sich Unternehmen immer wieder. In der Betriebswissenschaft wird dieser Prozess unter “Make or Buy” gefasst. Im Digital Advertising begegnet einem diese Fragestellung aktuell auch hinsichtlich der zahlreichen Datenplattformen. Viele Marktteilnehmer gehen davon aus, dass sie ihre Customer-Data- oder Data-Management-Plattform selbst entwickeln können. Ein Kommentar.

Ob Publisher, Broadcaster oder Retailer – so manches Unternehmen geht das Thema Dateninfrastruktur derzeit blauäugig an. Vielleicht liegt es an der Eitelkeit der Unternehmensführung, an dem Plattform(wunsch)gedanken oder einfach daran, dass die eigene IT-Abteilung während der Corona-Pandemie mit Inhouse-Projekten beschäftigt werden musste – der Wille, selbst Technologien zu entwickeln, ist in den vergangenen Jahren spürbar stärker geworden. Immer häufiger hören Spezialisten, die mit ihren über viele Jahre entwickelten Produkten auf dem Markt sind, dass potenzielle Kunden etwas “alleine, inhouse, auf eigene Faust” entwickelt haben. Gefolgt von einem “Danke, einen teuren Spezialisten brauchen wir nicht”. Darüber sollten wir genauer nachdenken.

Denn unwillkürlich drängt sich dem Betrachter dabei die Frage auf, wie Unternehmen der Meinung sein können, dass sie bessere Technologie entwickeln als Spezialisten, die sich voll und ganz auf ihr Produkt fokussieren?

Daten als Treibstoff des gesamten Ökosystems

Die Wertschöpfung in der Digitalwerbung basiert auf Daten. Datengetriebene Kampagnen sind effektiver und effizienter, ergo macht die Verknüpfung mit Daten das Inventar wertvoller.

Ein Vertreter der Angebotsseite steht daher vor der Herausforderung, nicht nur sein Inventar, sondern auch seine Daten zu organisieren und der Nachfrageseite sinnvoll für Werbemaßnahmen zur Verfügung zu stellen. Sei es ein traditioneller Publisher, ein Broadcaster im Falle von TV oder ein Shop mit Blick auf Retail Media – sie alle benötigen ein technologisches Gehirn, das Datenströme aus verschiedenen Kanälen und Technologien im Stack aufnimmt, verarbeitet und an die entsprechenden Systeme weiterleitet.

Die Quellen, aus denen das Gehirn mit Informationen versorgt werden kann, sind vielfältig. So analysiert ein Publisher beispielsweise das Onsite-Verhalten seiner Audience oder klassifiziert die Themen seiner Umfelder. Ein Broadcaster nährt es zum Beispiel mit dem TV-Konsumverhalten seiner Zuschauer und Informationen aus dem Electronic Program Guide (EPG). Ein Shop registriert etwa die Käufe seiner Kunden sowie deren Interessen, um Profile für Segmente zu bilden und darauf basierend Sponsored Products auszuliefern. Die Datenquellen, deren Informationen harmonisiert werden wollen, steigen kontinuierlich an. Insbesondere im Bereich Retail Media rückt die Offline-Welt für Shops mit Brick-and-Mortar-Business zunehmend in den Fokus als neue Fundgrube für Informationen. Kundendaten beispielsweise aus Loyalty-Programmen in die Online-Welt zu übertragen, ist für diese Player hoch spannend.

Eines haben die Player jedoch alle gemeinsam: Das datenschutzgerechte Sammeln von Daten, deren Zusammenführung und Auswertung sowie letztlich deren Aktivierung an den richtigen Punkten – vielleicht auch im Rahmen von Datenkollaboration – ist eine Mammutaufgabe für Publisher und deren Technologien.

Warum man auf Spezialisten vertrauen sollte

Darüber hinaus sind die Systeme im Werbeökosystem, an die diese Informationen weitergereicht werden sollen, ebenso vielfältig. Es besteht aus einer ganzen Reihe an spezialisierten Technologieanbietern, die den Pfad zwischen dem Werbetreibenden oder ihren Agenturen bis hin zum Publisher pflastern. Dort tummeln sich unter anderem Demand- und Supply-Side-Plattformen, Adserver auf beiden Seiten sowie unzählige weitere Tool-Anbieter. Das digitale Werbeökosystem ist äußerst komplex und beschäftigt daher aus gutem Grund viele Spezialisten.

Diese Profis im Ökosystem widmen sich einem Problem und stecken viele Jahre Arbeit und Ressourcen hinein, um eine Lösung dafür zu finden. Nur sie sind dazu in der Lage, ihre Lösungen kontinuierlich weiterzuentwickeln, um den sich wandelnden Anforderungen des Marktes gerecht zu werden. Spezialisten werden hier immer die bessere Lösung parat haben, denn sie bringen die nötige Flexibilität dafür mit. Ein Unternehmen, das selbst eine Plattform entwickelt, muss sich ihr Tag für Tag widmen, um sie effektiv zu betreiben. Dies bindet Ressourcen und Budgets, die wiederum für andere Projekte nicht zur Verfügung stehen. Ressourcen sind bekanntlich endlich.

Unter dem Banner des Inhousing Fachwissen aufzubauen, ist eine Sache – selbst eine Datenplattform zu entwickeln eine ganz andere. Inhouse wird es immer ein Nischenprodukt bleiben. Man baut ja auch kein komplettes Haus selber, weil es Profis dafür gibt, die das besser können. Doch nehmen wir konkret das Beispiel von First-Price-Auctions aus dem programmatischen Markt, um näher am Ausgangsthema zu bleiben.

Viele Jahre lang wurden in der Digitalwerbung Second-Price-Auctions durchgeführt. Als die Nachfrage nach First-Price-Auctions aufkam, wurden die Systeme der Spezialisten entsprechend umgestellt – und fertig. Inhouse hätte dies einen riesigen Ressourcen-Aufwand zur Folge gehabt. Doch die Technologieinhaber verdienen ihr Geld damit, sich an die Anforderungen des Marktes anzupassen. Das stemmen zu können, ist die Kernkompetenz der Teams.

Der offene Dialog ist entscheidend

Daher stellt sich die Frage nach Make or Buy auf diesem Feld für die Marktteilnehmer eigentlich nicht. Teilbereiche wie eigene Contextual-Lösungen können sicherlich selbst entwickelt werden, aber nicht das Dach, das alle Daten sinnvoll miteinander verbindet und sämtliche Anwendungsfälle abdecken kann. Auch wenn einige Player schon in Lösungen investiert haben, die einigermaßen funktionieren – zukunftsfähig sind diese sicher nicht.

Am Ende geht es wie immer im Marketing darum, mit den Konsumenten im Dialog zu bleiben. Doch die Marktteilnehmer müssen auch im Dialog untereinander bleiben. Der deutsche Markt aber lässt leider eine Offenheit gegenüber Drittanbietern vermissen. Es fehlt hierzulande an einem offenen Dialog, um über die Bedürfnisse der einzelnen Teilnehmer zu sprechen.

Daher an dieser Stelle der Appell: Sprecht miteinander – und vertraut den Spezialisten!

Tech Finder Unternehmen im Artikel

Bild Richard Kidd Über den Autor/die Autorin:

Richard leitet das Geschäft der deutschsprachigen Märkte von Mediarithmics als Regional Director DACH vom Hamburger Standort aus. Davor arbeitete er als Go-To-Market Specialist für Technologie-Unternehmen, sowie als Vertriebstrainer und Consultant für digitales Marketing. Kidd war bis Ende August 2018 als VP Head of Business Development EMEA bei OpenX tätig. In dieser Position war er für das europäische Geschäft des Anbieters für programmatische Werbetechnologie verantwortlich. Zuvor bekleidete Kidd über viele Jahre Führungspositionen unter anderem bei DoubleClick, wo er den internationalen Roll-out von Video und Rich Media verantwortete.

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