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Perspektivwechsel im TV-Markt: Fernsehwerbung ist mehr als klassische Spots

Carol Starr, 20. September 2023
Bild: Dave Weatherall - Unsplash

Smart-TVs haben das Konsumverhalten verändert. Von Jung bis Alt schalten alle zwischen klassischem Fernsehen, Streaming-Plattformen und Mediatheken hin und her. Was zählt ist, wo wir die Inhalte, die wir sehen wollen, am bequemsten finden, denn aus Konsumentensicht ist alles Fernsehen. An diese Realität müssen Medienbranche und Werbeindustrie die eigenen Strategien anpassen. Das beginnt bei den Medienhäusern und geht über die Agenturen bis zu den Werbetreibenden. Die prognostizierte Krise des TV-Werbemarktes, deren Ende nicht vorhersehbar ist, gibt dieser Entwicklung einen weiteren Stoß.

Doch nicht nur die Buchungs- und Planungspraktiken müssen sich ändern, auch die Art, wie wir über Fernsehwerbung denken. Denn lösen wir die Grenzen zwischen klassischer TV-Planung und digitaler Werbung auf, wird deutlich: TV-Werbung ist nicht im Abschwung, sie verändert sich.

Fernsehwerbung ist heute mehr als lineares TV

Die schwächelnde Wirtschaft, steigende Inflation und ungewisse Weltlage haben die Werbewirtschaft insgesamt gezwungen, den Gürtel enger zuschnallen. Während die Group M in ihrer "This Year Next Year"-Prognose im Juni davon ausging, dass die TV-Werbeausgaben dieses Jahr um 1,7 Prozent schrumpfen werden, entfällt der größte Anteil der Ad Spends insgesamt weiterhin auf Fernsehwerbung. Fernsehen erreicht in Europa noch immer die größten Zielgruppen. Laut dem Digitalverband Bitcom schauen 91 Prozent der Deutschen mindestens gelegentlich lineares Fernsehen. Schaut man zudem genauer auf die Prognosen der Group M für digitale Werbung (Group M sagt 8,4 Prozent Wachstum voraus), fällt auf, dass das am schnellsten wachsende digitale Segment die CTV-Werbeerlöse sind (13,2 Prozent). Der Großteil aller CTV-Angebote wird auf dem Smart-TV konsumiert, gleiches gilt für Abo-basierte Streaming-Angebote. Die Menschen verbringen mehr Zeit denn je vor dem Fernseher.

FAST-Angebote, also lineare Senderangebote mit klassischen Werbeblöcken, die digital distribuiert werden, machen einen wichtigen Teil des CTV-Booms aus. Amagi, eine SaaS-Plattform für Streaming-Infrastruktur, geht in seinem "Global FAST Report" davon aus, dass die Zahl der FAST-Zuschauer:innen in Europa im dritten Quartal von 2021 bis 2022 um über 50 Prozent angestiegen ist. Die Ad Impressions auf FAST-Angeboten in Europa haben sich laut derselben Studie im Jahresvergleich fast verdoppelt. Damit machen FAST-Services, laut NPA Conseil und Médiamétrie in den fünf größten europäischen Märkten bereits ein Fünftel der CTV-Werbeangebote aus, und haben im letzten Jahr vier Milliarden US-Dollar erwirtschaftet — 33 Prozent davon allein in Deutschland. Statt den Abgesang auf das werbefinanzierte Fernsehen anzustimmen, sollten wir die Definition von Fernsehen überdenken.

Erfolgsgeschichte FAST

Der Schlüssel für den Erfolg von FAST-Angeboten ist zweiteilig: Erreichbarkeit und überzeugende Inhalte. Zugänglichkeit ist für jedes Medium ein Erfolgsfaktor und FAST-Dienste sind meistens ohne Anmeldung per App auf Smart-TVs und Mobilgeräten oder per Browser auf dem Computer nutzbar. Auf vielen Smart-TVs sind die Apps bereits vorinstalliert oder Teil der herstellereigenen Angebote. Pluto TV-Sender sind neben anderen Sendern zum Beispiel auch via Samsung TV+ oder auf Philips Smart-TVs verfügbar. Die Aggregation durch die Gerätehersteller und etablierte Marktgrößen wie Magenta macht Streaming genauso einfach zugänglich wie das klassische Fernsehprogramm. Umfragen unter Nutzer:innen bestätigen das.

Gleichzeitig zeigt die Häufigkeit der Nutzung, dass die Inhalte überzeugen. Fast zwei Drittel der Befragten bestätigten, dass FAST für sie ein täglicher Begleiter ist. Die Sender auf FAST-Angeboten sind vom Nutzungsgefühl vergleichbar mit klassischen Fernsehsendern. Sie unterliegen allerdings nicht demselben Quotendruck, wodurch bestimmte Themenbereiche viel gezielter mit einem eigenen Sender bedient werden können. Spezialisierte Teams kuratieren die Sender sorgfältig, um diese Themengebiete auch zielgruppengerecht zu befüllen. Für Werbetreibende bietet FAST das Beste aus beiden Welten: Die bildschirmfüllende Wirkung von Fernsehwerbung kombiniert mit digitaler Messbarkeit.

Streaming und TV wachsen zusammen

Abo-basierte Streaming Angebote sind ebenso einfach auf dem Smart TV nutzbar und mit dem sukzessiven Einstieg in den Werbemarkt muss auch SVOD in der Mediaplanung mitgedacht werden. Wir als Medientreibende müssen die Smart TV-Erfahrung genauso einheitlich, wenn auch aus unterschiedlichen Perspektiven kommend, wie die Nutzer:innen betrachten.

Damit wir die Vorteile von linearem Fernsehen, FAST, SVOD sowie relevanten Social Media-Channels für den Werbemarkt bündeln und ein nahtloses und relevantes Werbeerlebnis schaffen können, brauchen wir effektive technische Voraussetzungen. Integrierte Werbestrategien haben das Potenzial, die Vorteile von linearer TV-Werbung und digitaler Distribution zu vereinen. Kampagnen müssen dafür kanalübergreifend messbar sein, repetitive Werbebotschaften müssen ausgeschlossen werden, programmatische und direkte Buchungen unkompliziert möglich sein und Spots müssen gezielt und intelligent in die digitalen Umgebungen integriert werden. Denn werden die Kanäle separat gedacht und bedient, besteht die Gefahr, dass sich die Distributionskanäle gegenseitig kannibalisieren.

Nirgendwo sonst ist die Dichte an qualitativ hochwertigem und als Werbeumfeld attraktivem Content so hoch wie auf dem Smart-TV. Was die etablierten Medienhäuser davon abhält, mit den Riesen des Internets mitzuhalten, sind die einfachen und skalierbaren Buchungsabläufe, die zum Beispiel Social-Media-Werbung bietet. Es wird Zeit, dass wir unser Angebot bündeln und damit effektive und einfach buchbare Pakete für den Werbemarkt schaffen – in den einzelnen Märkten, genau wie marktübergreifend. Das Mediengeschäft ist gleichzeitig global und lokal. Besonders in Europa ist es für Markenverantwortliche eine Herausforderung, durch dieses Geflecht zu navigieren. Die Verantwortung, dies so simpel wie möglich zu machen, liegt zuvorderst bei uns Medienunternehmen. Dann braucht es auch in den Agenturen ein Umdenken: weg vom binären TV- und Online-System. TV-Werbung wächst und vor allem wächst sie zusammen. Und zusammen sieht die Zukunft der Bewegtbildwerbung vielversprechend aus.

Bild Carol Starr Über den Autor/die Autorin:

Als Vice President Ad Revenue, International, leitet Carol Starr seit Mai 2023 die internationale Ad-Revenue-Strategie von Paramount außerhalb der USA. Sie kam 2022 zu Paramount und verantwortete zunächst das Werbegeschäft der kostenlosen, werbegestützten Streaming-Plattform Pluto TV in Mittel- und Nordeuropa. Davor bekleidete sie Führungspositionen bei Hivestack und Magnite, wo sie die programmatische Werbung in mehreren europäischen Märkten vorantrieb. Sie verfügt über mehr als 15 Jahre Erfahrung in der Digitalbranche und lebt in Berlin.

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