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VIDEO - Contextual Targeting

Videowerbung muss nicht nur zum Text, sondern auch zum Video passen

Anton Priebe, 1. Februar 2022
Bild: Héctor J. Rivas – Unsplash

Seitdem Third-Party-Cookies zunehmend schwinden, erlebt Kontext-Targeting seine Renaissance. Besonders im Bewegtbild-Segment dürfte kontextuelle Zielgruppenansprache perspektivisch noch stärker nachgefragt werden. Denn der Shift vom analogen hin zum digitalen Fernsehen Richtung Connected TV befeuert diesen Trend abermals. Die Technologie von Video Intelligence matcht Texte mit relevanten Videos und bei Bedarf auch mit der passenden Werbung. Dies tut sie so erfolgreich, dass das Unternehmen erst kürzlich von Outbrain übernommen wurde. Mitgründer und CEO Kai Henniges erklärt im Interview, wie seine Technologie funktioniert und steckt ab, was Kontext-Targeting im Rahmen der Cookiecalypse überhaupt leisten kann. Darüber hinaus bewertet Henniges aktuelle Entwicklungen im Video Advertising und sieht dabei vor allem einen Trend: CTV.

Bild: Video Intelligence Kai Henniges, Video Intelligence

ADZINE: Hallo Kai, magst du Video Intelligence in aller Kürze beschreiben?

Kai Henniges: Wir möchten Nutzern von Webseiten die Chance geben, relevante Videos, die zum Text passen, zu gucken und dadurch die User Experience besser machen. Zur Monetarisierung matchen wir auch Videowerbung, die Publisher dann entweder selbst verkaufen oder uns verkaufen lassen.

ADZINE: Wie funktioniert eure kontextuelle Targeting-Lösung? Also wie identifiziert ihr die passenden Videos für die entsprechenden Nutzer?

Henniges: Wir lesen die Textartikel und Videos aus, die wir entweder lizenzieren oder auch vom Publisher kommen können, verstehen den Kontext und finden mittels Machine Learning das passende Video zum Text. Diese Matching-Engine ist die Basis unserer Plattform.

ADZINE: Was ist das Besondere daran? Das können doch auch einige andere Anbieter?

Henniges: Es gibt viele Anbieter da draußen, die Videos auf Webseiten bringen. Meistens ist das ein Feigenblatt, um Werbung abspielen zu können. Wir haben uns als Ziel gesetzt, wirklich das passende Video zum Text zu finden – und dann auch noch die passende Werbung. In unsere Engine haben wir zwei Jahre lang investiert.

Lass mich ein Beispiel geben: Bleacher Report, eine der größten Sportseiten der USA, die zu Turner gehört, fragte uns, ob wir ihnen helfen könnten. Deren Redakteure hätten nicht die Zeit, das passende Video für ihre Artikel auszuwählen. Wir haben dann zwei Monate damit verbracht, Logiken für US-Sportseiten anzulegen, das heißt Sportarten, Vereine, Trainer, Spieler und das gesamte Ökosystem abzubilden, um relevante Matches finden zu können. Die Werbung hingegen verkauft Turner selbst.

ADZINE: Wie genau lest ihr die Videos aus?

Henniges: Das läuft über zwei Ebenen, erstens über die Metadaten der Videos. Hier separieren wir bereits in 400 verschiedene Feeds wie News, Sport, Lifestyle etc. Wenn die Metadaten zu mager sind, lassen wir sie durch eine Bilderkennung laufen.

In langformatigen Inhalten kann sich jedoch der Kontext ändern. Die eine Outdoor-Szene kann super zur Marke passen, die nächste ist schon wieder nicht markensicher. Das szenenweise Erkennen von Kontext ist der “Holy Grail” und befindet sich auf unserer Roadmap für dieses Jahr.

ADZINE: Um Kontext-Targeting hat sich seit Bekanntwerden der “Cookiecalypse” ein regelrechter Hype in der Werbewirtschaft entwickelt. Inwieweit kann Kontext als Ersatz für Third-Party-Cookies dienen?

Henniges: Die Marken haben Spaß daran, kontextuelle Werbung zu schalten. Die einzige Gefahr daran ist, dass man die kontextuellen Segmente zu eng definiert, sodass die Kampagnenziele nicht erreicht werden – oder zu breit, sodass du in IAB-Kategorien landest.

Dass unsere Lösung künftig reinrassig zum Einsatz kommt, glaube ich allerdings nicht. Vielmehr kommen sicherlich First-Party-Daten der Publisher hinzu, wenn verfügbar. Die stehen uns jedoch nicht zur Verfügung.

ADZINE: Ihr selbst profitiert auch vom Hype, denn ihr wurdet erst vor kurzem von Outbrain übernommen. Was hat sich dadurch für euch geändert?

Henniges: Die Plattform passt kulturell zu uns und erlaubt uns noch schneller als Team zu wachsen. Es ging also nicht nur um unsere Lösung, die dann in einem großen Konzern aufgeht. Wir haben dadurch einen noch breiteren Publisher-Zugang und können denen eine umfassendere Lösung anbieten, mit Instream, Outstream, Native und Display.

Ich sehe auf der Sell-Side ein Bestreben zu vereinfachen, sodass man nicht für jedes Format einen anderen Technologieanbieter einbauen muss. Es gibt einfach sehr, sehr viele kleine Anbieter und einen großen Verdrängungswettbewerb. Publisher sind damit oft überfordert. Je ganzheitlicher man Lösungen anbieten kann, desto relevanter wird man.

ADZINE: Die Budgets für Video Advertising steigen seit Jahren konsequent. Eine der scheinbar ewigen Problemstellungen ist die knappe Verfügbarkeit von hochwertigem Bewegtbild-Inventar. Kannst du das bestätigen?

Henniges: Wenn das so stimmen würde, dann würden die CPMs ja immer weiter steigen. Das tun sie aber nicht. In Video erodieren sie langsamer als in jedem anderen Bereich.

Inzwischen fällt zudem ein hoher Prozentanteil der Videonutzung auf CTV. Das hochqualitative Inventar ist also da. Die Frage ist nur, wie man es Marken mit dem entsprechenden Targeting zugänglich machen kann.

ADZINE: Siehst du einen Fehler, den Advertiser häufig begehen?

Henniges: In unserer Abverkaufs-getriebenen Welt wollen Marken immer wieder Videowerbung daran messen, wie viel Sales sie erzielt haben. Video ist aber das falsche Medium dafür. Videowerbung für Brands ist ganz oben im Funnel. Wir können zwar Formate auf Click-Through-Rates optimieren, aber dafür ist Video nicht gedacht. Das Format leidet darunter, wenn du Overlays reinbringst oder es mit Interaktion überfrachtest.

ADZINE: Welche Entwicklungen siehst du generell im Video Advertising derzeit?

Henniges: In Deutschland sprechen alle über CTV als sei es etwas Neues. In den USA fließen aber schon 60 Prozent des Videogeldes in CTV. Das ist der größte Trend, den ich sehe. Hier etablieren sich wieder etwas längere Formate. Während auf Mobile gerne Sechssekünder genutzt werden, funktionieren in CTV auch 15- bis 30-Sekünder.

ADZINE: Worüber würden wir diskutieren, wenn wir in fünf Jahren wieder über Video Advertising sprechen?

Henniges: Das Privacy-Thema – also Third-Party-Cookies ja oder nein – hat sich bis dahin mit Sicherheit gelegt. Es wird eine veränderte Gesetzgebung geben, die nicht mehr verhindert, dass sowohl auf Publisher-, als auch auf Brand-Seite effektiv zusammengearbeitet werden kann. Das passiert momentan immer wieder. Bis dahin sind die Frameworks sicher klar und Nutzer werden daran gewöhnt sein, ihren Consent zu geben, für Inhalte zu bezahlen oder nicht-personalisierte Werbung zu sehen.

ADZINE: Ihr braucht weder Cookies noch Consent. Würdet ihr nicht davon profitieren, wenn der Zustand so bleibt?

Henniges: Ja absolut, aber es gibt nie nur schwarz oder weiß. Wir werden nie die Lösung für alle bieten.

ADZINE: Danke für das Gespräch, Kai!

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