Digitalwerbung im Lockdown: Telkos fahren Werbung hoch
ADZINE Redaktion, 17. April 2020Die tatsächlichen Ausmaße des wirtschaftlichen Schadens der Corona-Pandemie werden erst nach und nach sichtbar. In der digitalen Werbung ist bereits jetzt ein deutlicher Rückgang festzustellen, Werbegelder werden gekürzt oder sogar eingefroren. Einzelne Branchen wie die Telekommunikation hingegen fahren ihre Werbemaßnahmen hoch. In unserem wöchentlichen Trendbarometer prüft ADZINE in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsunternehmen Gemius, wie die deutsche Werbebranche auf die aktuelle Situation reagiert.
In der dritten Ausgabe unseres Trendbarometers blicken wir auf den ersten Monat des bestehenden Kontaktverbotes in Deutschland. Um ein möglichst umfassendes Bild der Werbewelt zu erhalten, analysiert Gemius die Werbeaktivitäten aller Brands im TV, auf PC und Mobile im Rahmen des eigenen Panels. Dieses Panel besteht aus 7.000 PCs und 1.500 Smartphones, auf denen sämtliche Werbemaßnahmen registriert werden. Die Analyse umfasst dabei sowohl Werbung im Browser, innerhalb von Apps – dies schließt auch Walled Gardens wie Facebook & Co. mit ein – als auch in TV und Radio via Sound-Erkennung durch die am Panel teilnehmenden Smartphones. Darüber hinaus kann das Mediennutzungsverhalten der Panelteilnehmer nachvollzogen werden. Ausgewiesen werden in den Grafiken neben der Nutzungszeit die Werbereichweiten und -Impressionen, also der erzeugte Werbedruck der Marken.
TV-Nutzungszeit im Sinkflug, Mobile mit leichtem Anstieg
Trotz anhaltender sozialer Isolation sind die Mediennutzungszeiten der Panelteilnehmer alles andere als konstant. In der vierten Lockdown-Woche (KW 15) ist die Nutzungszeit für TV stark rückläufig im Vergleich zu den ersten drei Lockdown-Wochen. Zwar liegt diese auf einem immer noch höheren Niveau als zum Beginn des Jahres (+2 Prozent), verzeichnet aber den niedrigsten Wert seit Beginn des Kontaktverbotes. Bereits in der Analyse der dritten Lockdown-Woche zeichnete sich ein rückläufiger Trend ab. Gründe hierfür könnten in einer einsetzenden TV-Verdrossenheit zu finden sein oder im anhaltenden guten Wetter der vergangenen Woche, welche die Menschen vermehrt ins Freie treibt. Denn trotz des Kontaktverbotes ist ein Aufenthalt im Freien gestattet.
Auch die PC-Nutzung ist im Vergleich zu dritten Lockdown-Woche rückläufig, liegt aber immer noch mit einem Plus von 44 Prozent deutlich über den Zeiten im Januar. Einzig Mobile kann im Vergleich zur dritten Woche bezüglich der Nutzungszeit zulegen. Die Panelteilnehmer verbrachten hier 20 Prozent mehr Zeit als im Januar.
Das generelle Wachstum für den Mobile-Konsum gilt interessanterweise auch für diejenigen, die sonst schwer über TV-Werbung zu erreichen sind, da sie deutlich weniger als eine Stunde pro Tag vor dem Fernseher verbringen. Zum Vergleich: Der durchschnittliche TV-Konsum beträgt derzeit circa 2,5 Stunden. Das bedeutet, dass TV-Wenigseher momentan besser auf mobilen Geräten mit Video-Werbung erreicht werden können. Auch über den PC können TV-Wenigseher besser mit Bewegtbild angesprochen werden.
Mobile Netzbetreiber als besonders aktive Werbetreibende
Wie in den vorangegangenen Wochen bleibt die Telekommunikationsbranche Spitzenreiter bezüglich der erzielten Brutto-Reichweiten, die mit TV- und Digital-Video-Werbung erzielt wurden. Dies lässt einen genaueren Blick auf die Branche durchaus als lohnenswert erscheinen. Dabei zeigt sich, dass die mobilen Netzbetreiber innerhalb der Telko-Branche in der dritten und vierten Lockdown-Woche (KW 14 und KW 15) besonders werblich aktiv waren. Von den gesamten erzielten Impressions der Telko-Branche kann die Video-Werbung der Mobilfunkanbieter über 76 Prozent auf sich verbuchen. Mobilfunkanbieter scheinen demnach, kaum verwunderlich, zurzeit verstärkt in Werbung zu investieren. 95 Prozent aller Panel-Teilnehmer sahen Anzeigen von Mobilfunkanbietern. Dabei wurden die Werbekontakte hauptsächlich über TV und PC erzielt.
Der größte Werbetreibende in dieser Kategorie ist die Deutsche Telekom. Diese erzielt über alle Devices hinweg eine Brutto-Reichweite von 87 Prozent. Der zweitgrößte Werbetreibende unter den mobilen Netzbetreibern ist Telefonica mit einer Brutto-Reichweite von 85 Prozent. Auf Platz drei folgt Vodafone mit 84 Prozent.
Auch die Advertiser anderer Branchen erlangen in der aktuellen Krise größere Reichweiten. So etwa die Werbetreibenden für Getränke und Alkohol, sowie die für Medien wie Bücher oder DVDs. Andere Industrien hingegen fahren ihre Werbung hingegen scheinbar herunter, so etwa die Immobilien- und Automobilbranche.
Wo wird die Werbung der Mobilfunkanbieter ausgespielt?
Die meisten Kontakte mit der Mobilfunkanbieter-Werbung über TV, PC und Mobile hinweg wurde mit Bewegtbild erzielt. In den vergangenen zwei Woche dominieren hier vor allem zwei deutsche Vermarkterriesen: ProSiebenSat.1 und RTL. Bei über 850 Millionen Kontakten sind sie für den Löwenanteil verantwortlich, RTL mit etwa 375 Millionen und ProSiebenSat.1 mit rund 300 Millionen. Mit Blick auf Kontakte, die per Display-Werbung erzielt wurden, tun sich insbesondere Facebook (rund 100 Millionen) und Ströer (knapp 150 Millionen) hervor. Nennenswert sind an dieser Stelle noch 1&1 (United Internet Media) und Ebay. Der Großteil der Kontakte wurde jedoch über kleinere Publisher erzeugt.
Video-Werbung wird zurückgefahren
Über alle Branchen hinweg zeigen die Daten einen deutlichen Einbruch der Brutto-Reichweiten für TV und Digital Video um 13,5 Prozent im Vergleich zu KW 12 und 13. Besonders ausschlaggebend für diesen Trend ist mitunter das Wegbrechen der Immobilien- und Automobilbranche.
Die gesamte Brutto-Reichweite von Video-Werbung liegt nun unter dem Niveau der Prä-Corona-Zeit. Bereits in der letzten Untersuchung war hier ein durchschnittlicher Rückgang von 5,5 Prozent zu verzeichnen.
Auch die Impressions für Display- und Text-Anzeigen nehmen ab
Verzeichnete das Volumen an Display-Werbung – abseits von Video – und Textanzeigen in den ersten beiden Lockdown-Wochen noch einen deutlich Anstieg, so zeichnet sich nun ein gegenteiliger Trend ab. In den vergangenen beiden Lockdown-Wochen (KW 14 und 15) sanken die durchschnittlichen wöchentlichen Impressionen um 16,8 Prozent im Vergleich zu KW 12 und 13.
Dieser Trend könnte sich in den kommenden Wochen weiter fortsetzen, da Werbegelder zunehmend verlagert oder gar ganz eingefroren werden. Die allgemeine wirtschaftliche Unsicherheit hat nun also auch die Werbebranche erreicht. Dies zeigen auch die sinkenden Preise für Anzeigen auf Google und Facebook. Einzig der E-Commerce scheint diesem Trend, auch bei Video-Werbung, zu trotzen und hat sich auf einem konstanten Niveau eingependelt. Die Impressionen des E-Commerce sind dabei deutlich höher als in der Prä-Corona-Zeit. Spannend wird es sein, diese Entwicklung zu beobachten, wenn der stationäre Handel allmählich wieder öffnen darf.
Takeaways
- In der vierten Lockdown-Woche ist die Nutzungszeit für TV stark rückläufig im Vergleich zu den ersten drei Lockdown-Wochen. Auch die PC-Nutzung geht leicht zurück, die Nutzungszeiten für Mobile legen hingegen zu.
- Innerhalb der Telko-Branche waren die mobilen Netzbetreiber in der dritten und vierten Lockdown-Woche (KW 14 und KW 15) besonders werblich aktiv. Der größte Werbetreibende in dieser Kategorie ist die Deutsche Telekom.
- Die Mobilfunkanbieter erzielen die meisten Kontakte über ProSiebenSat.1 und RTL (Video) sowie Facebook und Ströer (Display).
- Über alle Branchen hinweg zeigen die Daten einen deutlichen Einbruch der Brutto-Reichweiten für TV und Digital Video in den letzten beiden Lockdown-Wochen.
- In den vergangenen beiden Lockdown-Wochen (KW 14 und 15) sanken die durchschnittlichen wöchentlichen Impressionen für Display- und Textanzeigen um 16,8 Prozent im Vergleich zu KW 12 und 13.
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