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MEDIA

Moderner Bewegtbildkonsum stellt neue Herausforderungen an die Mediaplanung

Frederik Timm, 25. Oktober 2019
Bild: Mekito Tateisi; CC0 - unsplash.com

Die Zeiten, in denen der Fernseher das Abendprogramm von ganzen Familien bestimmt hat, sind vorbei. Während sich die Kinder auf ihren Smartphones bei Instagram, Youtube oder Twitch aufhalten, schauen die Eltern über Netflix eine Serie oder streamen das aktuelle Championsleague-Spiel bei DAZN. Agenturen stellt dieses veränderte Nutzungsverhalten vor Herausforderungen – für die es meist noch keine Patentlösung gibt.

Durch den veränderten Bewegtbildkonsum, der sich in den vergangenen Jahren entwickelt hat, befindet sich auch die Bewegtbildplanung im Wandel. Für Agenturen und Werbetreibende bedeutet das mehr Arbeit. „Um die gleiche Anzahl an Kontakten zu erzielen, müssen wir heute mehr Kanäle bespielen als noch vor fünf Jahren“, erklärt Manfred Klaus, Geschäftsführender Gesellschafter von der Agentur Plan.Net. Durch die Fragmentierung sei die Mediaplanung deutlich komplexer und kleinteiliger geworden.

Das gilt besonders für die Ansprache der jüngeren Nutzer. In einer ZDF Online-Studie geben 70 Prozent der 14- bis 20-Jährigen an, dass sie mittlerweile eher das werbefreie Netflix schauen, als auf das lineare TV-Angebot zurückzugreifen. 58 Prozent nutzt zusätzlich auch andere Videoportale wie Youtube und Co. Immerhin noch 56 Prozent der 14- bis 29-Jährigen geben an, auch weiterhin klassisches lineares TV zu gucken.

Anzahl der Substitute groß, wirksam nur wenige

Bild: Publicis Anja Stockhausen

Die Anzahl der Ersatz- und Ergänzungsmedien zu TV hat stark zugenommen. Auf den ersten Blick eröffnet sich ein Werbemekka für Marken: Sie sind nicht mehr auf teures TV-Inventar angewiesen, sondern können ihre Zielgruppen über günstigere digitale Kanäle erreichen, die dazu noch genaueres Targeting ermöglichen. Bei genauerem Hinsehen trübt sich jedoch die gute Aussicht. „Viele Angebote sind für die Konsumenten kostenpflichtig und (noch) entsprechend werbefrei. Das hält das Angebot an Inventar für die werbliche Kommunikation überschaubar und den Anteil am Werbekuchen für lineares TV recht hoch“, erklärt Anja Stockhausen, Managing Director bei Publicis.

Dennoch ist die Aufgabe schon jetzt komplex: Massenwirksame TV-Kontakte müssen mit getargeten Digitalkontakten möglichst überschneidungsfrei oder in der gewünschten Klasse kombiniert werden.

Herausforderungen der Mediaplanung

Bild: Havas Florian Teschner

Die fragmentierte Mediennutzung setzt sich im Einkauf der Bewegtbildkontakte fort. Dr. Florian Teschner, Direktor Data & Analytics bei Havas, fasst zusammen: „Es ergibt sich die Schwierigkeit für Werbetreibende, Zielgruppen kanalübergreifend zu erreichen und die optimalen Budgetinvestments je Kanal zu allokieren, um die Nettoreichweite zu maximieren.“ Diese Aufgabe stellt höchste Anforderungen an Planungssysteme, Einkaufstools und einen ganzheitlichen Nachweis der Reichweiten durch ein adäquates Reporting.

„Herausfordernd in diesem Zusammenhang ist in der jüngsten Vergangenheit auch, dass das Auditieren der tatsächlich gelieferten Kontaktleistung immer schwieriger wird. Zwar nutzen alle Marktpartner dieselbe Währung, aber nicht die gleiche Steuerungstechnologie. Dies wiederum ist die Folge einer immer noch fehlenden Bewegtbildwährung aus konsolidierten Nettoreichweiten aus TV und Digitalkontakten“, bemängelt Stockhausen.

Gleichzeitig fehlt auch an Vergleichbarkeit der Kontaktqualität. „So ist ein Facebook-Videokontakt, bei dem das Video nur zu einem geringen Teil gesehen wurde, nicht vergleichbar mit einem Youtube Pre-Roll oder TV-Spot“, erklärt Florian Teschner. Neben einer einheitlichen Reichweitenwährung, um die Kanäle qualitativ vergleichbar zu machen, müsse man Preis- und Reichweitensaisonalität der Medien berücksichtigen. „Schlussendlich muss ein integrierter Bewegtbildplanungsansatz die Mediennutzung der jeweiligen Zielgruppe, die Nutzungsüberschneidung der Medien und die Einkaufsspezifika der Medien berücksichtigen.“

Für diese Anforderung fehlt es am Markt jedoch an technischen Lösungen. Agenturen sind daher noch auf sich selbst angewiesen und entwickeln eigene Tools, um Antworten auf die Probleme zu liefern. Die momentane Entwicklung der Mediennutzung legt nahe, dass der Markt für Bewegtbildwerbung auch weiterhin fragmentiert bleibt. Es bleibt abzuwarten, ob sich in Zukunft plattform- und kanalübergreifende Technologielösungen hervortun oder ob das Mediaplanungsgeschäft auch weiterhin auf Individuallösungen angewiesen sein wird.

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