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PROGRAMMATIC

Ein Jahr Programmatic-Zertifikat: „Das Ergebnis ist ernüchternd"

Frederik Timm, 20. Februar 2019
Bild: Echte Liebe PR Siamac Alexander Rahnavard

Rund ein Jahr ist vergangen, seitdem der BVDW das Programmatic-Zertifikat zum ersten Mal ausgestellt hat, mit dem Unternehmen ihre Expertise im Programmatic Advertising ausweisen können. Im Interview zieht Siamac Alexander Rahnavard, Managing Partner der Agentur Echte Liebe, ein erstes Fazit und spricht über das Zertifikat und dessen Zukunft.

ADZINE: Herr Rahnavard, Sie sind neben Ihrer Position als Managing Partner bei Echte Liebe auch stellvertretender Vorsitzender der Fokusgruppe Programmatic Advertising und im Prüfungskomitee für das Programmatic-Advertising-Qualitätszertifikat. Was ist ihr Resümee nach dem ersten Jahr?

Siamac Alexander Rahnavard: Ehrlich gesagt ist das Ergebnis ernüchternd, was sich in erster Linie auf die verhaltene Teilnahme bezieht.
 Meines Erachtens sollte die Teilnahme am Zertifizierungsverfahren eigentlich selbstverständlich sein, um den seitens der werbetreibenden Unternehmen zurecht eingeforderten Qualitätsanspruch zu erfüllen oder zumindest in diese Richtung zu arbeiten.

Meine Mutmaßung ist, dass die notwendige Kompetenz in zahlreichen Unternehmen, die ihre programmatische Expertise sowohl im strategischen als auch operativen Kontext in Richtung ihrer Kunden anpreisen, nicht ausreichend vorhanden ist, um programmatische Kanäle so zu bedienen, dass die individuellen Ziele der werbetreibenden Unternehmen, auch in deren Sinne erfüllt werden. Eine sinkende Markenwahrnehmung in den relevanten Zielgruppen sowie stagnierende Zahlen im Abverkauf sind ein deutliches Anzeichen dafür.

ADZINE: Neben dem Zertifikat können Marktteilnehmer auch den Code of Conduct (CoC) unterzeichnen. Kommt es dabei zu inhaltlichen Überschneidungen? Wo liegen die Unterschiede?

Rahnavard: Beim Code of Conduct handelt es sich um ein komplett anderes Produkt. Er verlangt von den Unterzeichnern, abhängig davon für welchen Teil der programmatischen Supply Chain sie unterzeichnet haben, den Vorgaben des CoCs entsprechend, sauber zu exekutieren.
 Der CoC ersetzt aber keineswegs die Absolvierung des Programmatic Advertising Zertifikats.

Das Programmatic Advertising Zertifikat fokussiert sich auf das inhaltliche Moment. Im Rahmen der Zertifizierung werden viele Bereiche beleuchtet, die für die Exekution programmatischer Maßnahmen Relevanz haben. So wird sowohl die unternehmerische als auch die personelle Struktur des Unternehmens bewertet. Die Beurteilung der Beratungsdienstleistung erfolgt beispielsweise mittels stichprobenartiger anonymer Rückfragen direkt beim Kunden. Die Beratung, Umsetzung und das Ergebnis programmatischer Maßnahmen wird anhand von eingereichten Cases begutachtet.

Zudem wird auch die Entwicklung des Marktes berücksichtigt, um den qualitativen Standard des Marktes auf einem zeitgemäßen Level zu entwickeln. Zu Deutsch, es wird berücksichtigt, ob die Agenturen ihre Mitarbeiter weiterbilden und der Kunde analog zur Marktentwicklung beraten und geschult wird. Speziell im strategischen Kontext, wird zum Beispiel sehr explizit bewertet, ob eine ordentliche Einbindung in weitere, für den Kunden relevante Marketingkanäle, stattfindet und die Beratungsleistung nicht auf einen ausschließlichen Verkauf der Agenturprodukte abzielt.

Zwischen den strategischen und operativen Themen im programmatischen Umfeld wird im Rahmen der Zertifizierung strikt getrennt. So können die Agenturen entweder das strategische oder das operative Zertifikat erwerben. Agenturen, die Leistungen in beiden Feldern anbieten, haben natürlich die Möglichkeit die Prüfung für beide Themenbereiche zu absolvieren.

Ein Nachplappern von Buzzwords oder einfach nur die Behauptung etwas zu können, ist dabei definitiv nicht ausreichend, um das Klassenziel zu erreichen.

ADZINE: Die OWM hat die Einführung des Zertifikats vor einem Jahr begrüßt, gab es mittlerweile von Seiten der Werbetreibenden Kritik oder Verbesserungsvorschläge?

Rahnavard: Meines Wissens war es sogar das erste Mal, dass ein Zertifikat des BVDWs von einem anderen Verband so willkommen geheißen wurde, somit ein wichtiger und richtiger Schritt.

Um dem Zertifikat und seiner Neutralität noch mehr Gewicht zu verleihen, sind inzwischen auch zwei namhafte werbetreibende Unternehmen unter den Prüfern vertreten. Ich würde also sagen, das Zertifikat und auch die Komplexität, um es zu erlangen, sind in jedem Fall im Sinne der werbetreibenden Unternehmen.

ADZINE: Wird bereits an einem Update des Zertifikats gearbeitet? Was ist für die Zukunft geplant?

Rahnavard: Stetig. Stillstand im datengetriebenen Kontext ist nicht angebracht. Das gilt natürlich auch für die Zertifikate, die qualifizieren und Qualitätssicherung gewährleisten sollen. Ein erstes Update erfolgte bereits unmittelbar nach der ersten Verleihung im Februar 2018. Es wurde eine inhaltliche Optimierung vorgenommen, die Anzahl der Prüfer wurde erweitert, unter anderem durch die Gewinnung von Werbetreibenden.
Natürlich verlangt das alles von den teilnehmenden Unternehmen das Bestreben, sich ebenso weiterentwickeln zu wollen,
 um für ihre Kunden, die ihnen nicht gerade unwesentliches Vertrauen entgegenbringen, die bestmögliche Leistung zu erbringen. Denn am Ende des Tages soll gute Werbung Menschen erreichen. Dabei kann gutes Programmatic helfen.

ADZINE: Herr Rahnavard, danke für das Gespräch. Wir sehen uns auf der Adtrader Conference!

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